Deutschland

Angekündigte AfD-Zustimmung zu CDU-Antrag in Thüringen «provoziert»

Die angekündigte Zustimmung der AfD zu einem CDU-Antrag gegen Windräder im Thüringer Landtag erhitzt jetzt auch die Gemüter auf Bundesebene.
04.06.2022 15:39
Aktualisiert: 04.06.2022 15:39
Lesezeit: 2 min

Die Thüringer CDU plant, nächste Woche einen Antrag für eine Windkraft-Abstandsregel in den Landtag einzubringen. Neben der AfD hat auch die FDP-Fraktion im Thüringer Landtag ihre Unterstützung signalisiert. Kritik kam von den Bundesgrünen und der Bundes-SPD. Im Erfurter Landtag hat die Opposition aus CDU, AfD und FDP einen großen Einfluss, weil die rot-rot-grüne Regierungskoalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) keine eigene Mehrheit hat.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert warnte die Thüringer Union vor einer Zusammenarbeit mit der AfD und richtete dabei auch einen Appell an CDU-Chef Friedrich Merz. «In der CDU ist jetzt Führung gefragt, denn im Landtag in Erfurt wird auch die Autorität von Parteichef Friedrich Merz herausgefordert», sagte Kühnert dem «Spiegel».

Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai forderte die Christdemokraten auf, die Situation aufzulösen. «Die CDU steht in der Verantwortung, die durch ihren Antrag entstehende Situation zu verhindern», sagte der FDP-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Es erschließt sich nicht, warum sie jetzt diese landespolitische Lage provoziert.» Auch die Landtagsfraktion der FDP hat Zustimmung zum Antrag der Union signalisiert. Inhaltlich geht es dabei um einen 1000-Meter-Mindestabstand neuer Windkraftanlagen zu Wohngebäuden.

Ein Gesetz gegen die Stimmen der rot-rot-grünen Minderheitsregierung sei «eine Gesetzesmehrheit von Höckes Gnaden», erklärte Kühnert in Anspielung auf den AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke. «So etwas gab es noch nie und darf es niemals geben.» Offenbar sei man in der CDU der Auffassung, im Zusammenspiel mit der AfD beginne die Sperrzone erst bei gemeinsamen Koalitionen. «Wer so argumentiert, der hat nichts gelernt.» Der CDU verblieben nun noch wenige Tage, um dem Freistaat Thüringen einen «Bärendienst zu ersparen».

Scharfe Kritik an der CDU kam auch von den Grünen. CDU-Parteichef Merz habe im Dezember letzten Jahres gesagt «Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben» und bei Zuwiderhandlung sogar mit einem Parteiausschlussverfahren gedroht, erinnerte im «Spiegel» die Politische Geschäftsführerin der Bundes-Grünen, Emily Büning, an entsprechende Aussagen von Merz. «Nun schweigt er, während die Thüringer CDU plant, zum ersten Mal zwei Gesetzesentwürfe mit den Stimmen der AfD gegen die Landesregierung durchzubringen.» Die AfD wird in Thüringen vom Verfassungsschutz wegen rechtsextremistischer Tendenzen beobachtet.

«Wir bringen eigenständig inhaltliche Initiativen ein, die unseren Zielen und Überzeugungen entsprechen - unabhängig davon, wer dafür ist und wer dagegen», hatte CDU-Fraktionschef Mario Voigt am Freitag in Erfurt erklärt. Grundsätzlich müsse gelten, «das Abstimmungsverhalten in Sachfragen muss der Vernunft folgen». Im Erfurter Landtag hat die Opposition aus CDU, AfD und FDP einen großen Einfluss, weil die rot-rot-grüne Regierungskoalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) keine eigene Mehrheit hat - ihr fehlen vier Stimmen.

Die CDU und die FDP haben in Thüringen bereits negative Erfahrungen im Umgang mit der AfD gemacht. Am 5. Februar 2020 war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von AfD, CDU und FDP zum Ministerpräsidenten des Freistaats gewählt worden. Die AfD hatte dafür ihren eigenen Kandidaten ohne Stimmen fallengelassen und für Kemmerich votiert. Der Liberale nahm die Wahl an. Das Ereignis hatte einen bundesweiten Sturm der Entrüstung ausgelöst. Vielfach wurde die Wahl als politischer Tabubruch wahrgenommen. Nach öffentlichem Druck kündigte Kemmerich einen Tag nach dem Votum seinen Rücktritt an, den er drei Tage nach der Wahl vollzog.

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