Die Kursgewinne vom Vortag nach der Zinserhöhung in den USA sind nur einen Tag später auch dort schon wieder Makulatur. Eine straffere Geldpolitik der Notenbanken von Hongkong, England und ganz überraschend auch der Schweiz haben den Investoren am Donnerstag die Risiken der weltweiten Inflation und die damit verbundene Gefahr einer Rezession erneut deutlich vor Augen geführt.
In diesem für Aktien schlechten Umfeld büßte der Dow Jones Industrial im frühen Handel 2,7 Prozent auf 29 850 Punkte ein und fiel unter die 30 000er Marke auf den niedrigsten Stand seit Anfang 2021. Der marktbreite S&P 500 verlor 3,5 Prozent auf 3655 Zähler. Der technologielastige Nasdaq 100 sackte um 4,3 Prozent auf 11 100 Punkte ab.
Mit ihrer geldpolitischen Straffung wollten die US-Währungshüter am Vortag die hohe Inflation bekämpfen, schürten gleichzeitig aber auch die Angst vor einer Rezession. Fed-Chef Jerome Powell betonte zwar, dass ein so hoher Zinsschritt "natürlich ungewöhnlich" sei. Gleichzeitig stellte er für Ende Juli eine erneute Anhebung um 0,5 oder 0,75 Punkte in Aussicht. Für die Fed ist es ein Drahtseilakt, die hohe Inflation zu dämpfen und gleichzeitig das Wirtschaftswachstum nicht zu sehr auszubremsen.
Auf dem falschen Fuß erwischt wurden die Investoren derweil vom Zinsschritt der Schweizer Notenbank SNB. Diese folgte mit einer deutlichen Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte dem amerikanischen Beispiel. Dies dürfte die Sorgen um das globale Wirtschaftswachstum weiter schüren. Derweil fiel die Leitzinserhöhung der Bank of England mit 0,25 Prozentpunkten erwartungsgemäß aus. Auch in Hongkong zog die Notenbank die Zinsschraube weiter an.
Deutscher Leitindex deutlich im Minus
Die Notenbanken setzen mit ihrem Kampf gegen die Inflation die Aktienmärkte immer stärker unter Druck. Am Donnerstag belastete eine überraschende Zinserhöhung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) Europas Börsen. In Frankfurt sackte der Dax zeitweise in Richtung der Marke von 13 000 Zählern. Zuletzt büßte er 3,4 Prozent auf 13 025 Punkte ein.
Der MDax fiel um 2,64 Prozent auf 27 051 Zähler. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 2,1 Prozent abwärts. Der Schweizer SMI sackte in Zürich auf den tiefsten Stand seit Ende 2020 ab und verlor 2,5 Prozent. Angesichts des zügigen Tempos bei der Straffung der Geldpolitik sehen Anleger die Gefahr einer Rezession steigen.
Die SNB erhöhte den Leitzins überraschend um 0,5 Prozentpunkte und erklärte dies als Maßnahme gegen inflationären Druck. Die Bank of England hob ihren Leitzins um 0,25 Punkte an, was von Volkswirten erwartet worden war. Allerdings stellte sie weitere Zinsschritte in Aussicht.
Bei den Einzelwerten standen Online-Modehändler nach einer gesenkten Prognose von Asos und einem enttäuschenden Zwischenbericht von Boohoo im Fokus. Dies setzte die Titel des deutschen Konkurrenten Zalando unter Druck. Die Papiere fielen als Schlusslicht im Dax um mehr als 10 Prozent.
Die Aktien von BASF und Uniper gehörten mit Verlusten von mehr als 6 beziehungsweise fast 11 Prozent ebenfalls zu den schwächsten Werten. Hauptgrund dürfte die weitere Verringerung der Gaslieferungen nach Deutschland durch den russischen Konzern Gazprom sein. Bei der BASF etwa bedroht ein möglicher Stopp russischer Gaslieferungen die Produktion am Chemiestandort Ludwigshafen.
Angesichts der Verunsicherung sank auch der Euro. Am Nachmittag kostete die Gemeinschaftswährung 1,0420 Dollar. Die EZB hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf 1,0431 Dollar festgelegt. Auf dem Rentenmarkt gingen die Kurse auf Talfahrt. Die Umlaufrendite stieg im Gegenzug von 1,66 Prozent am Vortag auf 1,72 Prozent. Der Rentenindex Rex gab um 0,27 Prozent auf 130,47 Punkte nach.