Unternehmen

Papierindustrie schlägt wegen Gaskrise Alarm

Die energieintensive Papierindustrie in Deutschland warnt vor dem Hintergrund der Gaskrise vor einem Produktionsstopp. Dabei geht es um die Versorgung mit Lebensmitteln, Medikamenten und die Hygiene in Krankenhäusern.
30.06.2022 12:40
Aktualisiert: 30.06.2022 12:40
Lesezeit: 2 min

„Ein Produktionsstopp für Papier, Karton und Pappe würde eine Reihe wichtiger Lieferketten treffen, die auch die kritische Infrastruktur berühren“, sagte der Präsident des Branchenverbandes „Die Papierindustrie“, Winfried Schaur, der Nachrichtenagentur Reuters. Lebensmittel und Medikamente seien zu einem erheblichen Teil auf Verpackungen aus Papier, Karton und Pappe angewiesen. Gleiches gelte für die Hygiene in Krankenhäusern, Pflege und im privaten Bereich. „Da läuft ohne Papier wenig.“

Die deutsche Zellstoff- und Papierindustrie beschäftigt in rund 150 Betrieben rund 40.000 Mitarbeiter. Die Branche, zu der Konzerne wie Stora Enso und Mitsubishi Hitec Paper Europe gehören, erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 15,5 Milliarden Euro. Sie gehört neben der Chemie-, der Stahl-, der Glas- und der Aluminiumindustrie zu den größten Gasverbrauchern in Deutschland. Die energieintensiven Industrien bringen sich derzeit für eine Gasnotlage in Stellung und verstärken ihre Lobbyarbeit, falls eine Rationierung des Energieträgers ansteht.

Greift der Notfallplan Gas?

Denn die Bundesregierung könnte wegen der reduzierten Lieferungen aus Russland die dritte Stufe des Notfallplans Gas aktivieren. In diesem Fall würde der Staat in den Markt eingreifen und die Bundesnetzagentur entscheiden, welches Unternehmen noch Gas bekommt und wieviel. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat die privaten Verbraucher und die Wirtschaft zum Energiesparen aufgerufen. Unternehmen sollen zudem auf andere Energieträger als Gas zurückgreifen.

„Die Papierindustrie könnte kurzfristig lediglich zehn bis 15 Prozent ihres Erdgasverbrauchs durch andere Energieträger substituieren. Dazu gehören Heizöl, Kohle und Strom“, erklärt Schaur. Kurzfristige Energieeinsparungen seien nur zu Lasten der Produktion möglich. „Mit verringerter Produktion verschlechtert sich auch die Energieeffizienz der Anlagen.“ Die Unternehmen versuchten, wo es möglich sei, andere Energieträger einsatzbereit zu machen. „Das ist aber nur in beschränktem Umfang möglich.“

Die Bundesnetzagentur prüft die Möglichkeit, über Auktionen den Markt zu entlasten. Details müssen noch geklärt werden. Die Papierindustrie ist dafür offen. „Marktwirtschaftliche Lösungen sind grundsätzlich zu begrüßen und somit auch die Idee hinter dem Auktionsmodell“, betont Schaur. Bislang sei aber unklar, ob das Modell den erhofften Mehrwert erbringen könnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...