Politik

Worauf sich Putin und Erdogan in Sotschi geeinigt haben

Lesezeit: 3 min
05.08.2022 15:35  Aktualisiert: 05.08.2022 15:35
Der türkische Präsident Erdogan ist zu Gast beim russischen Präsidenten Putin in Sotschi am Schwarzen Meer. Putin lobte Erdogans Vermittlung in Getreide-Krise.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der russische Präsident Wladimir Putin hat dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für die Vermittlung zum Abschluss des Getreide-Abkommens gedankt.

Erdogan habe nicht nur die Wiederaufnahme der ukrainischen Getreidelieferungen aus den Schwarzmeerhäfen befördert, sagte Putin bei einem Statement mit Erdogan in Sotschi vor gemeinsamen Gesprächen am Freitag. «Sondern gleichzeitig wurde eine Paketlösung über die störungsfreie Lieferung russischer Lebens- und Düngemittel auf die Weltmärkte verabschiedet.»

Agrarexporte über die ukrainischen Schwarzmeerhäfen waren wegen des russischen Angriffskrieges zuletzt monatelang blockiert gewesen. Die Kriegsgegner Ukraine und Russland hatten am 22. Juli unter UN-Vermittlung jeweils getrennt mit der Türkei ein Abkommen unterzeichnet, um von drei Häfen Getreideausfuhren aus der Ukraine zu ermöglichen.

Im Zuge der Einigung unterzeichneten die UN und Russland auch eine separate Absichtserklärung. Diese sieht nach UN-Angaben vor, den Export von russischen Lebensmitteln und Düngemitteln zu fördern.

Putin lobte zudem die aus Russland und über die Türkei verlaufende Pipeline Turkstream. Die sei nicht nur eine der wichtigsten Versorgungsadern Europas, sondern funktioniere «im Gegensatz zu anderen Richtungen unserer Kohlenstofflieferungen störungsfrei, dynamisch und ohne Ausfälle», so der Kremlchef mit Blick auf die seit Juni zurückgefahrenen Gasliefermengen bei der Pipeline Nord Stream 1.

Erdogan sagte, man werde auch über die Situation in Syrien sprechen. Die Türkei kündigt seit Wochen eine neue Offensive im Norden des Landes an. Russland ebenso wie der Iran - beide Akteure im syrischen Bürgerkrieg - hatten der Türkei bisher von einem solchen Schritt abgeraten.

Die Türkei hält bereits Gebiete in Nordsyrien besetzt und begründet eine erneute Offensive mit «terroristischer Bedrohung» von Seiten der syrischen Kurdenmiliz YPG, die Ankara als Terrororganisation ansieht.

Putin und Erdogan sprechen über die Ukraine und Syrien

Die beiden Präsidenten wollen sich am Freitagnachmittag in der russischen Schwarzmeer-Stadt Sotschi zum persönlichen Gespräch treffen, hieß es aus dem türkischen Präsidialamt. Demnach stehen bei dem Treffen aktuelle regionale und globale Ereignisse auf dem Programm. Eine Pressekonferenz ist vorerst nicht geplant, wie es von beiden Seiten hieß.

Nach Einschätzung von Experten werde es in den Gesprächen neben dem Krieg in der Ukraine vor allem um die türkischen Pläne zu einer neuen Offensive in Nordsyrien gehen. Russland ebenso wie der Iran, beide Akteure im syrischen Bürgerkrieg, hatten der Türkei von einem solchen Schritt abgeraten.

Die Türkei hält bereits Gebiete in Nordsyrien besetzt und begründet eine erneute Offensive mit "terroristischer Bedrohung" von Seiten der syrischen Kurdenmiliz YPG, die Ankara als Terrororganisation ansieht. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte eine mögliche Offensive bei ihrem kürzlichen Türkei-Besuch als nicht gerechtfertigt bezeichnet.

Laut Kreml soll auch über militärtechnische Zusammenarbeit gesprochen werden. Russland hatte kürzlich Interesse an der im Krieg auch von Kiew erfolgreich eingesetzten türkischen Kampfdrohne Bayraktar TB2 gezeigt.

Putin habe vorgeschlagen, gemeinsam mit der Türkei an den Drohnen des Unternehmens Baykar zu arbeiten, zitierte der Sender CNN Türk Erdogan. Eine entsprechende Fabrik könne in den Vereinigten Arabischen Emiraten gegründet werden. (dpa)

--- UPDATE 20.00 ---

Putin und Erdogan wollen Zusammenarbeit ausbauen

Russland und die Türkei wollen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit ausweiten. Die Präsidenten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan teilten am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung nach ihrem Treffen im russischen Sotschi mit, die Kooperation beider Länder solle in den Bereichen Verkehr, Landwirtschaft, Finanzen und Bau vertieft werden.

Nach Angaben des russischen Vizeministerpräsidenten Alexander Nowak erklärte sich die Türkei zudem bereit, Teile der Energielieferungen aus Russland künftig in Rubel zu zahlen.

Putin und Erdogan bekannten sich zudem zu dem Getreideabkommen, das Russland und die Ukraine unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen unterzeichnet hatten. Das Umfasse auch den ungehinderten Export von russischem Getreide sowie Dünger und Rohstoffen, hieß es in der am Freitag veröffentlichten Erklärung.

Außerdem versicherten die beiden Präsidenten einander, bei der Bekämpfung "aller terroristischen Organisationen in Syrien" in gegenseitiger Abstimmung und Solidarität zu handeln. Die Türkei hatte gegen den Widerstand Russlands mit Militäreinsätzen gegen kurdische Milizen Gebiete im Norden Syriens besetzt.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoins-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch nahe 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
22.11.2024

Ein Bitcoin-Rekordhoch nach dem anderen - am Freitagmorgen kletterte der Bitcoin-Kurs erstmals über 99.000 US-Dollar. Seit dem Sieg von...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform: Entscheidung über Lauterbachs hoch umstrittenes Projekt heute im Bundesrat
22.11.2024

Krankenhausreform: Kommt sie jetzt doch noch? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht mit seinem hochumstrittenen Projekt vor...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
22.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Aktien sind heiß gelaufen: Warum immer mehr Analysten den europäischen Aktienmarkt in den Blick nehmen
22.11.2024

Vermögensverwalter Flossbach von Storch sieht zunehmend Risiken für US-Aktien. Nach der jüngsten Rekordjagd an den US-Börsen verlieren...

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...