Weltwirtschaft

OPEC stellt Weichen für Drosselung der Öl-Förderung

Lesezeit: 3 min
14.08.2022 08:24  Aktualisiert: 14.08.2022 08:24
Die OPEC bereitet den Markt auf eine Drosselung der Öl-Förderung vor. Zugleich erwartet die IEA eine steigende Nachfrage. Öl könnte wieder teurer werden.
OPEC stellt Weichen für Drosselung der Öl-Förderung
Die Drosselung der Ölförderung durch OPEC könnte auch Benzin wieder teurer machen. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) hat ihre Nachfrageprognosen gesenkt und zugleich seine Schätzungen für das von konkurrierenden Staaten angebotene Öl angehoben. In der Konsequenz sagt das Kartell voraus, dass auf den weltweiten Ölmärkte noch im laufenden Quartal ein Überschuss zu verzeichnen sein wird.

In ihrem jüngsten Monatsbericht senkte die OPEC ihre Prognose für die im dritten Quartal zu fördernde Menge an Rohöl um 1,24 Millionen Barrel pro Tag auf 28,27 Millionen pro Tag. Das sind etwa 570.000 Barrel pro Tag weniger, als die 13 OPEC-Mitglieder noch im Juli gefördert hatten.

Diese Revision durch die OPEC nach unten weicht von der Nachfrageprognose der Internationalen Energieagentur (IEA) ab, die ihre Prognosen am Donnerstag nach oben korrigierte, da die steigenden Erdgaspreise Unternehmen und Raffinerien dazu zwingen, von Gas auf Öl umzusteigen.

Der Ausblick der OPEC könnte eine weitere Erklärung für die minimale Produktionssteigerung liefern, auf die sie sich letzte Woche mit ihren Verbündeten im Bündnis OPEC+ geeinigt hat. Die Allianz verfüge nur über "extrem begrenzte Kapazitätsüberschüsse" und müsse diese äußerst vorsichtig nutzen, hieß es.

Die OPEC+ überraschte die Händler bei ihrem Treffen am 3. August mit dem Plan, die Produktion im September nur um 100.000 Barrel pro Tag zu erhöhen. Dies war eine Schlappe für US-Präsident Joe Biden, der wegen der hohen Energiepreise im Juli bei seinem Besuch in Saudi-Arabien dazu aufgerufen hatte, mehr Öl zu fördern.

Die in Wien ansässige OPEC-Forschungsabteilung senkte die Prognosen für die weltweite Ölnachfrage im laufenden Quartal um 720.000 Barrel pro Tag und erhöhte die Prognosen für das Nicht-OPEC-Angebot um 520.000 pro Tag. Sie rechnet mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 99,93 Millionen Barrel pro Tag in diesem Dreimonatszeitraum.

Gegenprognose: IEA erwartet steigende Nachfrage nach Öl

Wie bereits erwähnt hat die Internationale Energieagentur am Donnerstag ihre Prognose für das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage in diesem Jahr angehoben, da die steigenden Erdgaspreise und die Hitzewellen die Industrie und die Stromerzeuger dazu veranlassen, auf Öl umzusteigen.

Der weltweite Ölverbrauch wird in diesem Jahr um 2,1 Millionen Barrel pro Tag oder etwa 2 Prozent steigen, so die in Paris ansässige Agentur in ihrem jüngsten Monatsbericht. Die von der IEA zusätzlich erwartete Nachfrage nach Öl kommt in erster Linie aus dem Nahen Osten und Europa.

Die Erdgaspreise sind in diesem Jahr sprunghaft angestiegen, da Russland die Gaslieferungen nach Europa eingeschränkt hat. Dieser Anstieg der Erdgaspreise hat viele industrielle Verbraucher, darunter Raffinerien und Kraftwerke, dazu veranlasst, von Gas auf Öl umzusteigen.

Die hohen Temperaturen haben auch die Nachfrage nach Strom zum Betrieb von Klimaanlagen angekurbelt, insbesondere im Nahen Osten, wo im Sommer große Mengen an Öl zur Stromerzeugung verbrannt werden. Auch dies treibt die Nachfrage nach Öl sowie die Preise.

"Die Erdgas- und Strompreise sind auf neue Rekorde gestiegen, was in einigen Ländern einen Anreiz zur Umstellung von Gas auf Öl bietet", so die IEA. "Die jüngsten Daten bestätigen, dass der Ölverbrauch bei der Stromerzeugung in mehreren Regionen, insbesondere in Europa und im Nahen Osten, gestiegen ist.

Auch wenn der Verbrauch zunimmt, bezweifelt die IEA, die die meisten großen Staaten im Hinblick auf ihre Energiepolitik berät, dass es auf den Ölmärkten zu einer Versorgungskrise kommen wird, da die Lagerbestände für den Rest dieses Jahres voraussichtlich um 900.000 Barrel pro Tag ansteigen werden.

Die russische Ölproduktion hat sich trotz der Sanktionen des Westens als widerstandsfähig erwiesen. Dennoch könnte die russische Produktion in den kommenden Monaten erneut sinken, da neue europäische Sanktionen greifen und da von den OPEC-Verbündeten laut IEA wenig weitere Unterstützung zu erwarten ist.

Zudem haben die USA Öl aus ihren Notreserven angezapft. Diese Freisetzungen sollen bis Oktober fortgesetzt werden und könnten noch länger andauern, sagte Toril Bosoni, Leiterin der Ölmarktabteilung der IEA, gegenüber Bloomberg. "Wir haben immer noch eine Menge Notvorräte in unseren Mitgliedsländern."

Laut IEA ist es unwahrscheinlich, dass OPEC ihren Kurs ändert und in den kommenden Monaten weitere deutliche Erhöhungen ankündigt. "Nur Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate verfügen über nennenswerte Kapazitätsreserven", so Bosoni. Und auf der Nachfrageseite herrsche große Ungewissheit.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland als Unternehmensstandort: Zwischen Herausforderungen und Chancen
27.04.2024

Trotz seines Rufes als europäischer Wirtschaftsmotor kämpft Deutschland mit einer Vielzahl von Standortnachteilen. Der Staat muss...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands herrenlose Häuser: Eine Chance für den Markt?
27.04.2024

Herrenlose Immobilien - ein kurioses Phänomen in Deutschland. Es handelt sich hier um Gebäude oder Grundstücke, die keinen...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
27.04.2024

Viele Anleger wollen an der Börse vermögend werden. Doch ist das wahrscheinlich - oder wie wird man tatsächlich reich?

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.