Politik

Ukraine: AKW-Betreiber warnt vor radioaktiver Strahlung durch Beschuss

Lesezeit: 3 min
27.08.2022 16:59  Aktualisiert: 27.08.2022 16:59
Die Notabschaltung verlief ohne ernste Folgen, doch die Lage rund ums ukrainische AKW Saporischschja bleibt gefährlich. Erneut wird das Kraftwerk beschossen.
Ukraine: AKW-Betreiber warnt vor radioaktiver Strahlung durch Beschuss
Das Kernkraftwerk Saporischschja im Südosten der Ukraine. (Foto: dpa / Russian Defense Ministry Press Service)
Foto: Uncredited

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Sorgen um das von russischen Truppen besetzte AKW Saporischschja im Süden der Ukraine ebben nicht ab. Beide Kriegsparteien warfen sich am Samstag zum wiederholten Male gegenseitig vor, hinter dem Beschuss des größten europäischen Atomkraftwerks zu stecken. Nach Angaben des staatlichen ukrainischen Betreiberkonzerns Enerhoatom ist die Infrastruktur des AKW inzwischen beschädigt. Es bestehe die Gefahr, das radioaktive Stoffe und Wasserstoff freigesetzt würden. Auch die Gefahr eines Brandes sei hoch.

Unterdessen verstärkte Russland, das den Krieg vor mehr als einem Jahr begonnen hatte, nach britischen Erkenntnissen seine Angriffe im Osten des Nachbarlands. Auf Erlass von Präsident Wladimir Putin sollen Ukrainer, die wegen der Kämpfe nach Russland geflüchtet sind, monatliche Sozialleistungen erhalten. In Deutschland schaltete sich die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), in die Debatte um Waffenlieferungen für die Ukraine ein - mit Kritik an der SOD-geführten Bundesregierung.

AKW-Beschuss: Moskau und Kiew beschuldigen sich gegenseitig

Die ukrainischen Betreiber von Saporischschja warfen Russland vor, die Anlage innerhalb eines Tages mehrfach beschossen zu haben. Moskau wiederum bezichtigte Kiew, verantwortlich zu sein. Dem russischen Verteidigungsministerium zufolge wurde dass AKW binnen 24 Stunden dreimal mit Artillerie von ukrainischer Seite beschossen. Die Angaben ließen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen. Moskau zufolge schlugen Geschosse auch in der Nähe von Lagern mit Brennstäben und radioaktiven Abfällen ein. Die Strahlung liege aber im normalen Bereich.

Das Atomkraftwerk war am Donnerstag nach einer Notabschaltung zeitweilig vom ukrainischen Stromnetz getrennt. Inzwischen sind zwei Blöcke wieder am Netz, wie Enerhoatom mitteilte. Das AKW wird von russischen Truppen seit März besetzt. Das Personal kommt aus der Ukraine. Alle Appelle, unabhängige Experten aus dem Ausland in das Kraftwerk zu lassen, brachten bislang keinen Erfolg.

London: Russland will ukrainische Truppen im Osten binden

Der Krieg wütet auch in anderen Orten weiter. Nach britischen Erkenntnissen verstärkte Russland seine Angriffe nahe der Großstadt Donezk in den vergangenen Tagen wieder. Damit sollten vermutlich ukrainische Truppen gebunden werden, um eine Gegenoffensive im Süden zu erschweren, hieß es aus dem Verteidigungsministerium in London. Insgesamt hätten die russischen Einheiten aber nur wenig Gelände gewonnen.

Unterwasserdrohnen sollen Seeminen aufspüren

Großbritannien will der Ukraine sechs Unterwasserdrohnen besorgen, damit diese vor der Küste russische Seeminen aufspüren. Die ferngesteuerten Geräte sollen Minen bis zu 100 Meter Tiefe aufspüren. Zudem wird ukrainisches Personal in Großbritannien an den Geräten ausgebildet. Dies solle auch dazu beitragen, die Fahrt für Getreidefrachter sicherer zu machen, hieß es aus dem Ministerium.

Russland zahlt Flüchtlingen aus Ukraine Sozialleistungen

Putin unterzeichnete unterdessen ein Dekret, wonach geflüchtete Rentner aus der Ukraine vom russischen Staat monatlich 10 000 Rubel (rund 166 Euro) erhalten. Geflüchtete Frauen sollen bei der Geburt eines Kindes einmalig 20 000 Rubel bekommen. Millionen Menschen sind auf der Flucht - viele im Land selbst und besonders in der Europäischen Union, aber auch in Russland. Die russischen Behörden sprachen Anfang August von mehr als 3,2 Millionen Flüchtlingen.

Wehrbeauftragte verärgert

Die Wehrbeauftragte Högl kritisierte im Deutschlandfunk, dass die Bundesregierung den Export von Schützenpanzern an die Ukraine bisher nicht freigegeben habe. «Die «Marder», die jetzt bei der Industrie noch verfügbar sind, die stehen ja im Moment nicht der Truppe zur Verfügung, und deswegen wären die auch gut geeignet, um die Ukraine zu unterstützen.» Die Panzer werden derzeit vom Rüstungskonzern Rheinmetall instandgesetzt. Zuletzt wuchs auch in der Ampel-Koalition wieder der Druck, der Ukraine mehr schwere Waffen zu liefern.

Medwedew rechtfertigt Angriff auf die Ukraine

Mehr als ein halbes Jahr nach Beginn der Invasion verteidigte der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew das Vorgehen. «Es wird sogar eine militärische Spezialoperation durchgeführt, damit es nicht zum Dritten Weltkrieg kommt», sagte Medwedew dem französischen Fernsehsender LCI. Ungeachtet der vielen zivilen Opfer nannte der jetzige Vizechef des nationalen Sicherheitsrats das Vorgehen in der Ukraine «maximal schonend und gemäßigt».

Immer wieder stellt Russland den Krieg gegen die Ukraine, den es Ende Februar selbst begonnen hat, als angeblich notwendige Maßnahme zum Schutz der eigenen Bevölkerung dar. Medwedew betonte, Russland habe derzeit nicht vor, Atomwaffen einzusetzen. Der Vertraute von Kremlchef Putin war zwischen 2008 und 2012 selbst Präsident. (dpa)


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - das Angebot der Essenskuriere ist kaum noch überschaubar. Wer am Markt letztlich bestehen wird,...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...