Politik

Pessimismus ist das neue Lebensgefühl der Franzosen

Die Franzosen sind seit dem Amtsantritt von Francois Hollande so pessimistisch wie nie zuvor. Obwohl Hollande noch keine radikalen Schnitte in der Staatswirtschaft gesetzt hat, zweifeln vor allem die Sozialisten an der Zukunft der eigenen Regierung.
14.01.2014 00:08
Lesezeit: 2 min

In zwanzig Jahren war die Stimmung in Frankreich nie schlechter. 30 Prozent der Franzosen bezeichnen sich einer Umfrage zufolge als „sehr optimistisch“ oder „ziemlich optimistisch“. Dies bedeutet einen Absturz um 14 Prozentpunkte gegenüber der letzten Umfrage im vergangenen August und 19 Prozent gegenüber Januar 2013.

Ähnlich düster blickten die Franzosen nur im August 2005 in die Zukunft, dem Jahr der Vorstadt-Unruhen und dem Nein Frankreichs zur europäischen Verfassung. In diesem Jahr war der Anteil der Optimisten gleich. Nach der Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Ifop bezeichnen sich besonders Rentner (76 %), Arbeiter (70 %) und Bewohner ländlicher Gebiete (72 %) als „sehr pessimistisch“ oder „ziemlich pessimistisch“.

Nach Parteipräferenz gestaffelt ist die Stimmung unter den Sympathisanten der zentristischen Oppositionsparteien UDI (83 % „sehr pessimistisch“/ „pessimistisch“) und UMP (82 %) sowie jener des rechten FN (77 %) besonders hoch. Die Sympathisanten des bürgerlichen und rechten Lagers weisen mit nur 20 Prozent Optimismus eine enorme Skepsis auf.

Als verhältnismäßig optimistisch geben sich hingegen die Anhänger der PS, der Regierungspartei von Präsident François Hollande: Sie bilden mit 54 Prozent Optimisten die einzige Gruppe, deren Mitglieder mehrheitlich zuversichtlich in die Zukunft blicken. Eher hoch sind auch die Bewohner von Paris und Umgebung (42 % Optimisten) und die Anhänger der grünen Partei EELV  (41 % Optimisten).

Der massive Stimmungseinbruch schlägt sich in einem großen Misstrauen gegenüber der Regierung nieder. In keinem angesprochenen Politikfeld zeigte eine Mehrheit Vertrauen in die Lösungskompetenzen des Regierungskabinetts.

Besonders wenig trauen die Franzosen der Regierung in ökonomischen Fragen zu. Nur 13 Prozent vertrauen der Regierung in Kaufkraft-, und nur 12 Prozent in Steuerfragen. Immerhin bedeutet dies keinen weiteren Einbruch gegenüber der letzten Umfrage.

Ebenfalls stabil auf niedrigem Niveau blieb das Vertrauen in den Kurs in der Integrationspolitik mit 39 Prozent Anteil derjenigen, die sich als „sehr optimistisch“ oder „ziemlich optimistisch“ bezeichnen. Die Debatte um Frankreichs „Schock-Bericht“ scheint den Unmut der Franzosen zumindest nicht nennenswert vergrößert zu haben. Unter dieser Vokabel kursierte der Bericht im Le Figaro unter anderem aufgrund seiner Aufforderung an die französische Bevölkerung, sich zur „arabisch-orientalischen Dimension“ französischer Kultur zu bekennen.

Während die Werte für das Vertrauen in die Regierung in Fragen der inneren Sicherheit und des Umweltschutzes mit jeweils 38 Prozent über dem allgemeinen Wert von 30 Prozent liegen und damit immerhin jenen Werten von 2002 gleichen, ist die Zuversicht ausgerechnet bei klassisch linken Themen besonders niedrig: 27 Prozent vertrauen der Regierung im Kampf gegen die Armut und nur 20 Prozent im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.

Für die Wiederwahl Hollandes stellen diese Werte eine schwere Hypothek dar, da er mit Versprechungen in genau diesen Fragen die Wahl zum französischen Präsidenten gewonnen hat. Erodiert der Glaube in die von ihm selbst definierten Kernkompetenzen, droht ihm ein schwerer Glaubwürdigkeitsverlust.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Einigung bei historischem Schuldenpaket: Schwarz-rote Grund­ge­setz­än­de­rungen werden grün
14.03.2025

100 Milliarden Sonderschulden für die Grünen und Klimaneutralität bis 2045 im Grundgesetz: Nach zähen Verhandlungen haben Union, SPD...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Du bist mir eine Marke! Der Erfolg von 130 Jahren Falke-Socken
14.03.2025

Franz-Peter Falke leitet das Familienunternehmen im Sauerland in vierter Generation. Zwischen Wahren der Tradition und Wappnen für die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betriebsbedingte Kündigung: Was gilt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
14.03.2025

Die andauernde Wirtschaftskrise führt in Deutschland zu immer mehr Firmenpleiten und zunehmenden Stellenabbau bei Unternehmen. Damit...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla: Trump-Zölle könnten dem E-Autobauer schaden
14.03.2025

Tesla-Chef Elon Musk gilt als Trump-Unterstützer – doch sein Unternehmen schlägt Alarm. Die Strafzölle der US-Regierung könnten nicht...

DWN
Politik
Politik BSW: neues Wahlergebnis zählt 4.277 Zweitstimmen mehr - trotzdem kein Einzug in den Bundestag
14.03.2025

Das BSW scheitert final am Einzug in den Bundestag: 0,02 Prozent fehlten! Während sich an der Sitzverteilung nichts mehr ändert, treten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unser neues Magazin ist da: Gesund arbeiten und gesund leben? Die Balance auf der Kippe
14.03.2025

Unsere Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Digitalisierung, Globalisierung und die ständige...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW-Aktie: Gewinn beim Hersteller BMW sackt ab - die ganz fetten Jahre sind vorbei
14.03.2025

Nach Jahren extremer Erträge geht es für die Autohersteller gerade abwärts. Doch selbst nach den aktuellen Einbrüchen verdienen...

DWN
Politik
Politik Grüne blockieren schwarz-rotes Finanzpaket – Streit um Europas Zukunft
14.03.2025

Die Grünen stellen sich gegen das Finanzpaket von Union und SPD. Fraktionschefin Katharina Dröge fordert, Verteidigungs- und...