Politik

Solar-Strom: Energiewende in Österreich wird zum Debakel

Die Österreicher wollen Solarstrom produzieren, werden aber dafür bestraft. Die Regierung hat die Förderung der Anlagen massiv gekürzt. Die Anträge für das Geld aus dem geschrumpften Fördertopf werden nicht schnell genug bearbeitet. Die Verwaltung ist mit der Flut der Anträge überfordert. Grund für den Abbau der Subvention ist der niedrige Strompreis an den Börsen.
13.01.2014 00:54
Lesezeit: 2 min

Die Förderung der Photovoltaik-Anlagen wurde zu Beginn des Jahres drastisch gesenkt. Die Einspeisetarife werden um nicht weniger als 30% gekürzt, von 18,12 Cent/kWh auf 12,5 Cent/kWh. Mit diesen Tarifen und auch mit dem geplanten Ende für größere Anlagen werde der weitere Ausbau von Photovoltaik in Österreich drastisch eingebremst, berichtet der Umweltverein panSol.

Dabei wollen die Österreicher selbst Strom aus Solaranlagen produzieren. Die Kürzung der Subventionen entblößt deren mangelnde Wirtschaftlichkeit. Weder die Produktion, noch das Material oder die Montage der Solarzellen ist in dem Maße günstiger geworden, in dem die Förderung gekürzt wurde. Die Photovoltaik-Branche in Österreich steht vor dem Aus. „Nicht wenige Leute werden womöglich ihren Job verlieren und das nachdem von vielen Seiten der Regierung jahrelang von der Schaffung von „Green Jobs“ gesprochen wurde, schreiben Stephan Neuberger und Günter Wind von panSol.

Die Gründe dafür sind vielschichtig. Zum einen wurde die Nachfrage nach PV-Anlagen immer größer, so dass sich die Regierung dazu entschied, die Fördergelder zusammenzustreichen. Ab Anfang des Jahres sollten nur noch 8 Millionen Euro gefördert werden. Gemäß Nachfrage würden eigentlich 20 Millionen benötigt. Das Antragsverfahren um die Förderung verkommt daher zu einem „unfairen Lotteriespiel“, heißt es in einer Mitteilung des Vereins Photovoltaik-Betreiber Österreich.

Darüber hinaus scheint die Verwaltung mit der Flut der Anträge überfordert zu sein. Kurz nachdem das Verfahren eröffnet wurde, wurde es aufgrund von „hackerähnlichen Angriffen“ wieder eingestellt. Am 16. Jänner startet der zweite Versuch. Im Bundesverband Photovoltaic Austria (PVA) waren alle Telefonleitungen mit Beschwerde- und Hilfeanrufen voll ausgelastet. Bereits ein Jahr zuvor gab es Probleme bei der Antragsaufnahme für die Förderung.

Solar-Strom setzen sich am Markt nicht durch

Das Aus des Solarstroms in Österreich ist aber auch der Beschaffenheit des Energiemarktes geschuldet. Die Wirtschaftsflaute hat dazu geführt, dass die Nachfrage für Strom in Europa gesunken ist. Der fehlerhafte Handel mit Emissionszertifikaten trägt zudem dazu bei, dass die Kohleförderung in Deutschland den höchsten Stand seit 20 Jahren erreicht hat (mehr hier). Deutschland importiert dieses Jahr 51 Millionen Tonnen Kohle und produziert damit überschüssig Strom, was zusätzlich den Preis drückt.

Traditionelle Stromerzeuger aus anderen Ländern hingegen tun sich aufgrund der niedrigen Handelspreise schwer, Gewinne zu schreiben. Ihre Börsenkurse gehen in den Keller. In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Wert der Top-20-Energieunternehmen in der EU mehr als halbiert.

Strom aus Solar- und Windenergie kann nicht überschüssig produziert und gespeichert werden. In manchen Zeiten produzieren die Wind- und Solaranlagen so viel Strom wie 19 Atomkraftwerke – aber das nur sehr kurz. Solche Spitzen können das Stromnetz überlasten und zum Blackout führen. Es fehlt an Leitungen nach Deutschland und Italien, „weil aus diesen beiden Ländern punktuell große Mengen Wind- und Solarstrom von Anbietern, die sich nicht untereinander abstimmen, nach Österreich drängen“, berichtet das Magazin Format. „Durch die vielen kleinen Ökostrom-Anlagen gibt es in Deutschland mittlerweile 1,3 Millionen Energieversorger, vor zehn Jahren waren es nur 1.000.“ Die hohe Zahl der Einspeiser bringt die Stabilität des Netzes in Gefahr.

Kunden bestrafen teure Energieversorger

Bis zur Begrenzung der Solarstromförderung hat Österreich bereits fünf Prozent seines Strombedarfes mit PV-Technologie abgedeckt. Die Zahl der Windräder könnte sich bis 2020 verdoppeln. Bis 2030 könnte Österreich seinen gesamten Energiebedarf aus Wind- und Solarstrom decken. Österreichs Pumpspeicherkraftwerke könnten bei Engpässen Windenergie aus der Nordsee und Solarstrom aus Sizilien speichern. Doch auch hier fehlt es an Leitungen, die die Energie zu den Speichern transportiert.

Um gemeinsam weniger zu bezahlen hat der Verein für Konsumenteninformation Österreichs ersten Gemeinschaftseinkauf von Strom und Gas organisiert. Über 260.000 Personen nehmen daran teil. Bis Ende Februar können sie in neue Tarife wechseln.

Der Energiemarkt in Österreich ist bereits seit 2001 liberalisiert, dennoch wechseln nur 2 Prozent der Haushalte pro Jahr ihren Anbieter. Dabei liegt das Sparpotenzial bei mehreren hundert Euro pro Jahr. Je mehr Kunden ihre Wechselbereitschaft zeigen und teure Anbieter bestrafen, desto fairer kann sich der Markt entwickeln.

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