Politik

Agrar-Industrie jubelt: Gen-Mais in Europa nicht mehr aufzuhalten

Lesezeit: 2 min
11.02.2014 13:35
Der Gen-Mais 1507 der Lebensmittel-Konzerne DuPont und Dow Chemical steht vor der Zulassung in der EU. Die Agrarminister konnte am Dienstag keine qualifizierte Mehrheit aufbringen. Die EU-Kommission wird der Industrie die Erlaubnis zum Anbau in Europa erteilen.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Der umstrittene Genmais 1507 hat eine weitere Hürde auf dem Weg zur Zulassung in der Europäischen Union genommen. Der EU-Ministerrat konnte sich am Dienstag nach offiziellen Angaben weder für noch gegen eine Erlaubnis zum Anbau der von den US-Konzernen DuPont und Dow Chemical entwickelten Pflanze einigen. Die EU-Kommission hat nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums bereits angekündigt, den Anbau zu erlauben, wenn es keine qualifizierte Mehrheit für ein Verbot unter den EU-Ministern gibt. Die europäische Lebensmittelbehörde Efsa hatte die Pflanze als unbedenklich eingestuft.

Deutschland hat sich in der Runde enthalten. Grund ist, dass es im Bundeskabinett keine Einigkeit über eine Erlaubnis für den Genmais 1507 gab. Keine Bedenken hatten demnach das Kanzleramt, das Gesundheits- und das Forschungsministerium. Gegen den Anbau hatten sich SPD-Minister ausgesprochen. Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich hat bereits erklärt, dass er Regionalklauseln anstrebt, die es den Bundesländern ermöglichen sollen, den Genmais zu verbieten.Die seit 15 Jahren anhaltende Debatte über Mais 1507 nähert sich so ihrem Ende. Pioneer, der Hersteller von „Mais 1507“, hatte den Antrag zur Zulassung bereits im Jahr 2001 gestellt und sich über das verzögerte Zulassungsverfahren beschwert. Der Europäische Gerichtshof hatte die Beschwerde im September 2013 zugelassen.

Mit der Stimmenthaltung ebnete die Bundesregierung den Weg für die Zulassung von Mais 1507 – da mit der Stimmenthaltung aus Deutschland das Erreichen der qualifizierten Mehrheit faktisch unmöglich war.

Im Koalitionsvertrag klang das noch ganz anders: Dort gaben Union und SPD noch an, „die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber der grünen Gentechnik anzuerkennen“.

So lehnen SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks und CSU-Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich die Zulassung öffentlich und medienwirksam ab, wie aktuell im Spiegel. Allerdings haben beide im Bundestag bei einer Abstimmung für den Anbau von Mais 1507 mit Ja gestimmt. Wie die gesamte Große Koalition. Ein entsprechender Antrag der Grünen, gegen die Zulassung zu stimmen, wurde abgelehnt (mehr hier).

Die EU hat bereits angekündigt, den Gen-Mais zuzulassen, da es keine qualifizierte Mehrheit gegen diese Entscheidung gibt (hier). Für eine qualifizierte Mehrheit braucht es fast drei Viertel der Stimmen aller Mitgliedsstaaten. Bisher haben sich nur Großbritannien, Spanien, Schweden und Finnland dezidiert für eine Zulassung ausgesprochen.

Nun beraten sich aktuell die EU-Agrarminister. Und die Vergangenheit zeigt: Entweder die Agrarminister einigen sich für einen Anbau von Gen-Mais. Oder sie kommen zu keiner klaren Entscheidung (hier).

Damit wäre die Kommission wieder am Zug. Und die hat ihre Zustimmung bereits geäußert. Dabei beruft sie sich auf die Lebensmittelbehörde EFSA, die dem Gen-Mais für unbedenklich hält. 1998 wurde mit MON 810 der Firma Monsanto die bisher einzige Gen-Maissorte in der EU zugelassen. Nach 15 Jahren steht nun mit „Mais 1507“ eine weitere kurz vor der Zulassung (hier).

Sollte der Anbau erlaubt werden, wird der Gen-Mais sowohl als Futter- und als Lebensmittel zugelassen. Das würde bedeuten, dass etwa Honig aus zugelassenen Gen-Mais-Pollen in Zukunft verkauft werden darf. In Bayern musste in einem ähnlichen Fall eine ganze Jahresernte Honig vernichtet werden. Der Unterschied: Der bayrische Genmais stammte von einem Versuchsfeld und war noch nicht zugelassen (hier).


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Politik
Politik Angriff auf SPD-Europapolitiker: Matthias Ecke in Dresden schwer verletzt
04.05.2024

Schockierende Gewalt: SPD-Europaspitzenkandidat Matthias Ecke wurde brutal angegriffen. Politiker verurteilen den Angriff als Attacke auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...