Deutschland

ARD und ZDF: Ukraine-Berater lehnt Senkung der GEZ ab

Lesezeit: 2 min
03.03.2014 17:57
Die öffentlich-rechtlichen Sender haben sich von einem Berater ein Gutachten erstellen lassen, in dem die von der KEF vorgeschlagene Senkung der Rundfunkgebühr abgelehnt wird. Originell: Der Chef des Beratungsunternehmens, Lars Handrich, riet der Regierung der Ukraine zur „schnellen Privatisierung“ der staatlichen Telekom. Diese endete in einem Desaster.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Chefs von ARD, ZDF und Deutschlandfunk sperren sich gegen die Senkung des Rundfunkbeitrags.

Der Mediendienst dwdl berichtet:

Über Wochen hinweg wurden Rufe laut, wonach der Rundfunkbeitrag aufgrund der Mehreinnahmen, die durch die Umstellung auf die Haushaltsabgabe entstanden sind, gesenkt werden solle. In der vergangenen Woche folgte die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) nun dieser Forderung und empfiehlt den Ländern, den Beitrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio ab dem kommenden Jahr um 73 Cent auf 17,25 Euro zu senken.

dwdl weiter:

In einem offenen Brief fordern die Personalratsvorsitzenden die Ministerpräsidenten der Länder auf, der Empfehlung der KEF nicht zu folgen und den Rundfunkbeitrag somit auch im kommenden Jahr bei 17,98 Euro zu belassen. Sie verweisen darauf, dass die KEF in ihrem Bericht bei den Zahlen für die Gebührenperiode bis 2016 selbst nur von Prognosen spricht, die auf vielfältigen Annahmen beruhten und mit sehr vielen Unsicherheiten behaftet seien. "Politisch seriöse Beschlüsse lassen sich aber erst nach Klärung aller Sachverhalte und auf der Grundlage gesicherter Daten und Fakten fassen", so die Personalratsvorsitzenden in ihrem offenen Brief. "Sie, die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder haben zu Recht entschieden, dass erst nach dem Vorliegen des 19. KEF-Berichts die Evaluierung der tatsächlichen Ertragssituation (und damit auch der Aufwandssituation) der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unter Mitwirkung einer unabhängigen Stelle erfolgen soll."

Um die Objektivität ihrer Weigerung zu begründen, haben die Sender das Beratungsunternehmen DIW econ aus Berlin beauftragt, zu begründen, warum die Senkung gefährlich ist.

In dem Gutachten schreiben die Experten, dass die Senkung des Rundfunkbeitrags künftige Reformen des Gebührenmodells verhindern könnte:

"Eine solche Senkung, so erklärt das Beratungsunternehmen, würde den Ländern mit großer Wahrscheinlichkeit die notwendigen Spielräume nehmen, um auf Basis der Evaluation Reformen des Beitragsmodells durchführen zu können."

Origineller Weise ist der Chef des Beratungsunternehmens ein Experte, der erst vor einigen Jahren der Regierung der Ukraine in einer Expertise dringend die „schnelle Privatisierung“ des staatlichen Telekom-Unternehmens Ukrtelekom empfohlen hatte: Lars Handrich schrieb damals, dass die Ukrtelekom „ihre Personalkosten der Gesamt-Performance“ des Unternehmens anpassen müsse. Handrich vertrat die Auffassung, dass eine Zerschlagung von Ukrtelekom die beste Variante sei.

Tatsächlich wanderte die Ukrtelekom schließlich in die Hände von Oligarchen. Der Deal war äußerst dubios, wie das österreichischen Magazin Format berichtete. Den Kunden sei seither ein schlechterer Service geboten worden. Millionen seinen in undurchsichtigen Kanälen versickert. Die Finanzierung ist bis heute ungeklärt, Teile des Geschäfts wurden steuerschonend über Zypern abgewickelt, wodurch das Volk der Ukraine um seine Steuereinnahmen geprellt wurde.

Hanrich war Mitglied und Berater der „German Advisory Group“, die unter anderem sogenannte „Private Public Partnerships“ (PPP) als Lösung für Probleme bei staatlichen Unternehmen anpreist.

Erst kürzlich hat ein sehr interessanter TV-Beitrag mit dem Titel „Die Plünderung des Staates. Geheime Geschäfte von Politik und Wirtschaft“ die äußerst fragwürdigen Folgen sogenannter PPP-Deals für den Steuerzahler durchleuchtet.

Der Film ist sehenswert (Video am Beginn des Artikels).

Er lief auf Arte – also auf jenem (hervorragenden) deutsch-französischen Sender, den die öffentlich-rechtlichen Sender mitfinanzieren.

Es ist zwar nicht bekannt, wie hoch das Honorar war, dass das DIW econ von den Sendern für das Referat erhielt ist.

Das Gutachten wurde jedoch vom Gebührenzahler finanziert.

Wie bei PPPs üblich: Solche Deals unterliegen strengster Geheimhaltung. Nicht einmal Bundestagsabgeordnete dürfen darüber reden.

Somit haben die Ministerpräsidenten eine wahrhaft systemgerechte Entscheidungsgrundlage, um die von der KEF empfohlene Senkung der Zwangsgebühren zu verhindern.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Finanzen
Finanzen Reich werden an der Börse: Ist das realistisch?
27.04.2024

Viele Anleger wollen an der Börse vermögend werden. Doch ist das wahrscheinlich - oder wie wird man tatsächlich reich?

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...