Deutschland

Trotz Energiekrise: Paragrafen-Dschungel schlaucht Besitzer von Solaranlagen

Lesezeit: 2 min
06.09.2022 16:00
Während das Geschäft mit Solaranlagen in Deutschland boomt, stellen sich den Besitzern solcher Anlagen einige bürokratische Hindernisse in den Weg.
Trotz Energiekrise: Paragrafen-Dschungel schlaucht Besitzer von Solaranlagen
Zwar boomt das Geschäft mit den Solaranalagen, allerdings erschweren bürokratische Hindenisse den Netzanschluss. (Foto: dpa)
Foto: Jörg Carstensen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Solaranlage ohne Strom: Zwar boomt das Geschäft mit der Solarenergie, allerdings können nach Angaben von Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, viele Solaranlagen nicht ans Netz gehen, weil das dazu benötigte Anlagenzertifikat fehlt.

Das heißt, dass jeder Besitzer einer Solaranalage gegenüber dem Netzbetreiber nachweisen muss, dass bestimmte technische Standards erfüllt sind, die einen Anschluss der Anlage ans Netz erst möglich machen. Die Kruz an der Geschichte: Die Zertifizierung kann nur von akkreditierten Zertifizierungsstellen vorgenommen werden, von denen es in Deutschland nur rund 20 gibt und die mit der vervielfachten Anzahl an Anträgen in jüngster Zeit völlig überlastet sind.

Warten auf die Zertifizierung

Das Resultat: Die Wartezeiten, um ans Netz angeschlossen zu werden, haben sich für die Besitzer einer Solaranlage bis zu einem Jahr verlängert. Mittlerweile sind es in Deutschland weit über 1.000 Betreiber, die auf eine entsprechende Zertifizierung warten. Neben den langen Wartezeiten verlieren sie dadurch auch Geld und müssen sich durch einen nervenaufreibenden bürokratischen Dschungel kämpfen.

Erschwerend kommt hinzu, so Marian Möbius, Pressesprecher des Dresdner Photovoltaik-Unternehmens Solarwatt, gegenüber den DWN, „dass der deutsche Strommarkt ein einziger Flickenteppich ist“, und verweist auf die rund 900 Netzbetreiber. Das Problem dabei: Sie haben allesamt ihre eigenen Vorstellungen davon, wie so ein Antrag eingereicht werden muss.

Forderungen an die Politik

Nicht nur der Übermittlungsweg der Daten ist unterschiedlich, sondern auch die Formulare bei der Anmeldung selbst. Deshalb meint Möbius, wären dringend politische Bestrebungen notwendig, um ein standardisiertes Netzwerkverfahren zu erreichen. Noch besser: „Wenn die Anmeldung beim Netzbetreiber und bei der Bundesnetzagentur auf einer bundesweit einheitlichen Plattform stattfinden würde“, so Möbius.

Jetzt aber sieht es so aus, dass die einen ein Online-Portal freigeschaltet haben, andere wiederum immer noch auf ein Fax bestehen. Und: Der Kunde wird sich selbst überlassen, wenn es darum geht, herauszufinden, auf welchem Weg er die Anmeldung einreichen muss und welche Unterlagen dafür benötigt werden.

Die verschlüsselten Wege der Bürokratie

Aber auch nach einer geglückten Anmeldung ist noch nicht Schicht im Schacht. Denn wer eine Anlage mit einer Leistung betreibt, die größer als 10 Kilowatt ist, und den überschüssigen Strom etwa an seine Nachbarn liefert, gilt nach deutschen Recht als Gewerbetreibender. Deshalb muss er das Gewerbe bei der Gemeinde anmelden, das Finanzamt stellt eine zusätzliche Steuernummer aus und die Bundesnetzagentur will wissen, an wen der Strom verteilt wird.

Und: Wenn ein Besitzer eines Mehrfamilienhauses seine Mieter mit eigenem Strom versorgen will, muss er nach Zählung des „Bündnisses Bürgerenergie“ neun sogenannte Lieferantenpflichten und zehn Meldepflichten erfüllen. Mit der Folge, dass viele Haubesitzer sich absichtlich kleine Anlagen zulegen, um unter der 10-Kilowatt-Grenze zu bleiben. Und das in Zeiten, in denen die Strompreise explodieren, und jede Alternative zur fossilen Energiegewinnung eine Entlastung für den einzelnen Bürger darstellt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...