Die Kliniken können die im neuen Infektionsschutzgesetz verlangten täglichen Datenmeldungen nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft nicht umsetzen. Die geforderte elektronische Meldung von Infektionen unter anderem mit dem Coronavirus sei derzeit technisch nicht leistbar, schreibt die Gesellschaft an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), seine Länderkollegen und den Gesundheitsausschuss des Bundestags.
"Praxistauglichkeit und Umsetzbarkeit dieser Datenabfragen wurden vielfach komplett ausgeblendet", heißt es in dem von Präsident Ingo Morell und Vorstandschef Gerald Gaß unterzeichneten Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt und über das auch die "Bild"-Zeitung berichtet.
Damit sei das Fundament der Corona-Herbststrategie erschüttert, kritisierte Patientenschützer Eugen Brysch. "Die Infektionslage der Krankenhäuser ist Dreh- und Angelpunkt aller Maßnahmen des neuen Infektionsschutzgesetzes", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz der dpa. Einschränkende Maßnahmen könnten ohne diese Fakten aus den Hospitälern nicht begründet werden. "Gerade erst beschlossen, droht das Infektionsschutzgesetz ein zahnloser Tiger zu werden. Diese absurde Situation müssen Bundesgesundheitsministerium und Krankenhausgesellschaft unverzüglich auflösen." Im dritten Jahr der Pandemie sei ein tagesaktuelles Bild der Lage in den Kliniken unverzichtbar. Auch dürfe es pauschale Verschiebungen von planbaren Operationen ohne aussagefähige Daten nicht mehr geben.
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Die Krankenhausgesellschaft erläuterte, man unterstütze das Ziel der Politik, ein umfassendes Bild über die pandemische Lage zu erhalten. Für die vom Bund zur Verfügung gestellten Softwareschnittstellen und digitalen Anbindung an die Gesundheitsämter sei das aber nicht leistbar. Zudem sei die inhaltliche Definition teils so unbestimmt, dass den Verpflichtungen nicht sicher gefolgt werden könne und die Aussagekraft zur Beurteilung der pandemischen Lage zweifelhaft sei.
"Wir erwarten, dass die Politik die Krankenhäuser in dieser schwierigen Lage unterstützt und nicht mit zusätzlichen, technisch nicht umsetzbaren und mit einem erheblichen Aufwand verbundenen neuen Auflagen überzieht", schreiben Morell und Gaß. Es dürfe bei Nicht-Erfüllung der Vorgaben keine Sanktionen geben.
Es stünden Bußgelder von 25 000 Euro im Raum, ergänzte der Pandemiebeauftragte des Universitätsklinikums rechts der Isar der TU München, Christoph Spinner. Dabei sei eine Umstellungsfrist von weniger als einer Woche "absolut unrealistisch". Zudem solle an die unteren Gesundheitsbehörden weiter per Fax gemeldet werden, sagte Spinner, der eine "ausufernde Bürokratie" kritisiert.