Deutschland

Deutsche Unternehmen brauchen kaum noch neue Mitarbeiter

Die Energiekrise hat den deutschen Arbeitsmarkt erreicht. Die Unternehmen halten sich mit Einstellungen zurück. Massenentlassung sind aber vorerst in der Ferne.
28.09.2022 11:05
Aktualisiert: 28.09.2022 11:05
Lesezeit: 2 min
Deutsche Unternehmen brauchen kaum noch neue Mitarbeiter
Wird auch Bundeskanzler Olaf Scholz bald seinen Jobs verlieren? (Foto: dpa) Foto: Marcus Brandt

Angesichts der drohenden Rezession halten sich Unternehmen in Deutschland bei Einstellungen eher zurück. Das Ifo-Beschäftigungsbarometer fiel im September auf 99,5 Punkte nach 100,9 Punkten im August, wie das Münchner Forschungsinstitut am Mittwoch mitteilte. „Insbesondere im Dienstleistungssektor aber werden noch neue Mitarbeiter gesucht.“ Wegen der sich abzeichnenden Rezession und mit Blick auf den Fachkräftemangel konzentrierten sich die Firmen darauf, ihre Mitarbeiter zu halten.

Derweil sank das IAB-Arbeitsmarktbarometer im September auf den tiefsten Stand seit 2020, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) erklärte. „Arbeitskräftemangel trifft auf Energiekrise“, sagte IAB-Experte Enzo Weber. „Der boomende Arbeitsmarkt bekommt einen Dämpfer.“

In der Industrie war das Ifo-Beschäftigungsbarometer erneut rückläufig. Positive und negative Antworten halten sich gegenwärtig in etwa die Waage. Bei den Dienstleistern fiel das Barometer laut Ifo-Institut zwar, zeigt aber weiter eine positive Einstellungsbereitschaft. Insbesondere der IT-Sektor sowie die Rechts- und Steuerberatung suchen neue Mitarbeitende. Der Handel leidet dagegen weiter unter der schlechten Konsumstimmung. „Es kommt eher zu Entlassungen als zu Neueinstellungen.“ Auch im Baugewerbe sei aufgrund vieler Stornierungen Vorsicht bei der Personalplanung eingekehrt.

Am Jobmarkt schlägt sich auch die Zahl der vielen Menschen nieder, die wegen des Einmarschs russischer Truppen aus der Ukraine geflohen sind. "Kurzfristig hat die Fluchtzuwanderung die Arbeitslosigkeit erhöht”, sagte Weber, der den IAB-Bereich Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen leitet. "Für die Zukunft gibt es aber zusätzliches Beschäftigungspotenzial.”

Das gewerkschaftsnahe IMK-Institut sieht die Lage am Arbeitsmarkt - auch aufgrund der Kurzarbeit - als relativ stabil. Die Arbeitslosenquote steigt laut IMK von durchschnittlich 5,3 Prozent 2022 auf 5,8 Prozent im nächsten Jahr. Dies liege vor allem daran, „dass die erwerbsfähigen ukrainischen Geflüchteten in die Arbeitslosenstatistik einbezogen werden“. Auch das IAB hatte jüngst erklärt, trotz der Rezession sei am Jobmarkt wegen des hohen Arbeitskräftebedarfs kein Einbruch zu erwarten.

Derzeit stehen die Zeichen in Deutschland klar auf eine konjunkturelle Abkühlung. Die monatliche Umfrage der Münchner Forscherinnen und Forscher unter 9000 Führungskräften zeigte Anfang der Woche, dass die Stimmung in den Chefetagen deutscher Firmen so schlecht ist wie seit den Anfängen der Corona-Krise nicht mehr. Die Energie-Krise drückte den Ifo-Geschäftsklimaindex im September von 88,6 Zählern auf 84,3 Punkte und damit auf den tiefsten Stand seit Mai 2020. „Die deutsche Wirtschaft rutscht in eine Rezession“, hatte Ifo-Präsident Clemens Fuest erklärt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Batteriehersteller Northvolt pleite: Tausende Arbeitsplätze in Gefahr
12.03.2025

Der schwedische Batteriehersteller Northvolt hat Insolvenz angemeldet – mit unklaren Folgen für sein Milliardenprojekt in...

DWN
Immobilien
Immobilien SOS Energetische Sanierung: Bei Wohnimmobilien geht zu viel Energie verloren
12.03.2025

Es gibt einen massiven Sanierungsbedarf im deutschen Wohnmarkt: Der „Sanierungsstau“ wird durch die stark gestiegenen Baukosten und dem...

DWN
Politik
Politik Feuerpause Ukraine: Moskau am Zug
12.03.2025

Die Ukraine stimmt einer Waffenruhe zu – unter Druck der USA. Präsident Trump will mit Putin verhandeln, doch Moskau schweigt. Während...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Porsche: Gewinn bricht um 30 Prozent ein
12.03.2025

Porsche steckt in der Krise: Der Gewinn bricht um über 30 Prozent ein, die Auslieferungen sinken, und die Profitabilität leidet....

DWN
Politik
Politik US-Zölle: EU kündigt Gegenzölle an
12.03.2025

Die USA erheben neue Zölle auf Stahl und Aluminium – die EU schlägt zurück. Brüssel plant milliardenschwere Gegenzölle auf...

DWN
Politik
Politik Der Papst ist krank - wie geht es weiter?
12.03.2025

An diesem Donnerstag ist Papst Franziskus genau zwölf Jahre im Amt. Derzeit liegt er im Krankenhaus. Sein Zustand hat sich zuletzt...

DWN
Politik
Politik Trumps Wunschinsel Grönland vor Regierungswechsel
12.03.2025

In Grönland möchte kaum jemand, dass die Insel ein US-Territorium wird, auch die allermeisten Politiker nicht. Dafür wird die Wahlsieger...

DWN
Politik
Politik Abschiebungen in der EU: Kommission will Verfahren drastisch beschleunigen
12.03.2025

Die EU will Abschiebungen beschleunigen und setzt auf strengere Regeln für abgelehnte Asylbewerber. Sanktionen sollen Druck erzeugen, neue...