Trump-Effekt trifft Pharma-Aktien ins Zentrum ihres Geschäftsmodells
Der Start ins Jahr 2025 wurde von der turbulenten Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus geprägt – und brachte erste Erschütterungen an den Aktienmärkten. Wenige Tage nach der Ankündigung neuer handelspolitischer Pläne rutschte der US-Aktienmarkt ab. Die Aussicht auf neue Zölle auf chinesische Waren, eine Wiedereinführung von Abgaben auf europäische Autos und weitere protektionistische Maßnahmen löste weltweit Unsicherheit aus. Globale Investoren reagierten wie gewohnt: schnell und nervös. Leitindizes wie der S&P 500 gaben im April deutlich nach – in einer Art „Mini-Version“ der Handelskrisen von 2018.
Diesmal jedoch erfolgte die Erholung rascher. Nur wenige Wochen später legten die US-Leitindizes wieder zu. Technologie-Werte übernahmen erneut die Führung, Investoren konzentrierten sich auf Künstliche Intelligenz, Cloud-Dienste und digitale Transformation. Bis Anfang Juli hatte der S&P 500 sämtliche Verluste wettgemacht und stand rund 25 Prozent höher als am Korrekturtief.
Pharma-Aktien verfehlen ihre Rolle als sicherer Hafen
Anders der Gesundheitssektor: Er blieb tief im Minus. Pharma-Aktien, einst Synonym für defensive Stabilität, waren 2025 kein Zufluchtsort für Anleger. Zwischen April und Juli legte der S&P 500 Healthcare-Index, der die Entwicklung dieser Branche abbildet, nur um etwa 1,5 Prozent zu – während der Gesamtmarkt um 9,8 Prozent stieg. Auf Jahressicht lag der Sektor weiter im negativen Bereich. Das überrascht auf den ersten Blick, da der weltweite Medikamentenverbrauch wächst und große Pharma-Unternehmen solide Quartalsergebnisse vorlegten. Der Grund liegt in politischer Rhetorik, die gezielt die Branche betrifft.
Trump, der schon in seiner ersten Amtszeit gegen hohe Medikamentenpreise wetterte, wiederholte nun seine Angriffe. Er betonte, US-Patienten zahlten die höchsten Preise weltweit, und kündigte eine „Executive Order“ an, die Preisverhandlungen zwischen Staat und Pharma-Unternehmen ermöglichen soll. Zwar ist das Vorhaben noch nicht konkret ausformuliert, doch allein die Ankündigung führte zu Kapitalabflüssen. Für eine Branche, die auf langfristigen Margen, Stabilität und berechenbarer Regulierung basiert, reichen solche Signale aus, um Investoren abzuschrecken. So erlebte der Markt 2025 eine seltene Situation: Pharma-Aktien – normalerweise Stabilisatoren in Zeiten politischer und wirtschaftlicher Turbulenzen – gehörten zu den wenigen Sektoren, die nicht am Aufschwung nach der Korrektur teilnahmen.
Trump-Effekt: Medikamentenpreise im Fokus
Trumps Wiederwahl im Januar 2025 veränderte die Perspektive für den Pharma-Sektor. Seine Regierung präsentierte im Mai den Entwurf einer Anordnung, die es der US-Bundesregierung erlauben würde, zunächst im Rahmen von Medicare direkte Preisverhandlungen zu führen – mit dem Ziel, die Medikamentenpreise langfristig an internationale Durchschnittswerte anzugleichen. Für US-marktzentrierte Unternehmen wie Pfizer, Merck oder Bristol Myers Squibb wäre dies eine ernsthafte Bedrohung. Die USA sind der profitabelste Markt der gesamten Pharma-Wertschöpfungskette – vor allem wegen der dort deutlich höheren Preise. Diese Marge ist nicht nur ein Gewinnfaktor, sondern das Fundament des gesamten Geschäftsmodells.
Die Entwicklung neuer Medikamente kann über zwei Milliarden Dollar kosten und mehr als zehn Jahre dauern – von Grundlagenforschung über klinische Studien bis zur Zulassung. Diese Investitionen amortisieren sich nur im begrenzten Patentzeitraum, in dem Unternehmen höhere Preise durchsetzen können. Gleichzeitig läuft eine Welle von Patentabläufen an: Viele umsatzstarke Blockbuster verlieren in den nächsten Jahren ihren Schutz, was den Umsatz binnen kurzer Zeit halbieren kann.
Bisher fungierte der US-Markt mit seinen hohen Preisen als „finanzielles Luftkissen“, das Forschungskosten abfederte. Wird dieses durch politische Eingriffe perforiert, schrumpfen Margen und Gewinne – und damit auch die Budgets für Forschung und Entwicklung. Betroffen wäre nicht nur der Hersteller, sondern die gesamte Kette: von Forschungslabors über Biotech-Start-ups bis zu Distributoren und Kliniken. Selbst symbolische politische Schritte wie die Aussicht auf Preisverhandlungen können die Bewertungen von Pharma-Aktien stark beeinflussen. Märkte meiden Unsicherheit – besonders in einer Branche, in der Umsätze Jahre im Voraus kalkuliert werden.
Sind Pharma-Aktien jetzt günstig?
Nach Daten von Morningstar lag das Verhältnis zwischen Markt- und Fair Value im Gesundheitssektor Anfang Juni 2025 bei 0,89 – ein Abschlag von rund elf Prozent und der niedrigste Stand seit der Pandemiepanik im März 2020. Damals resultierten die Kursverluste aus einer globalen Gesundheitskrise, heute aus politischer Unsicherheit. Für langfristig orientierte Anleger könnte das eine Chance sein: Große Pharma-Unternehmen wie Merck, Pfizer oder Thermo Fisher Scientific verfügen weiterhin über stabile Cashflows, solide Bilanzen und umfangreiche Medikamenten- und Diagnostikportfolios. Die fundamentalen Rahmenbedingungen – steigende Nachfrage durch eine alternde Bevölkerung und wachsenden Medikamentenbedarf – sind intakt. Politische Risiken bleiben, doch sobald sich der Tonfall beruhigt, könnten die Bewertungen von Pharma-Aktien rasch wieder steigen. Für Investoren, die über kurzfristige Turbulenzen hinwegsehen können, bieten diese Kurse ein attraktives Einstiegsniveau – mit kalkulierbarem Risiko und realistischem Erholungspotenzial.


