Politik

EU beschließt Gewinn-Abschöpfung bei Stromproduzenten

Die EU hat die Abschöpfung von sogenannten Zufallsgewinnen bei Stromerzeugern und Ölkonzernen beschlossen. Eine Gaspreisbremse wird von Deutschland noch blockiert.
30.09.2022 18:06
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
EU beschließt Gewinn-Abschöpfung bei Stromproduzenten
Robert Habeck am Freitag in Brüssel mit dem ungarischen Außenminister Peter Szijjarto und dem niederländischen Energieminister Rob Jetten. (Foto: dpa) Foto: Virginia Mayo

Die EU-Mitgliedsstaaten haben eine Abschöpfung sogenannter Zufallsgewinne der Stromproduzenten und auch der Ölkonzerne beschlossen. Die 27 EU-Energieminister billigten am Freitag einen Vorschlag der Kommission, mit dem der Preisanstieg für Verbraucher gedämpft und die Inflation gedrückt werden soll. Der Verkaufspreis für Erneuerbaren-Strom, Atomkraft oder auch aus Braunkohle mit der Ausnahme von Gas soll bei 180 Euro pro Megawattstunde gedeckelt werden. Die Differenz zu den höheren Verkaufspreisen an der Börse soll abgeschöpft werde.

Beim Ausmaß sollen aber die einzelnen Staaten wiederum Spielraum haben, worauf Deutschland gedrängt hatte. So könnten je nach Erzeugungsart letztlich unterschiedliche Summen beim Produzenten bleiben. Die Kommission schätzt, dass in den nächsten zwei Jahren so bis zu 140 Milliarden Euro abgeschöpft werden können.

Dieses Geld wiederum soll für eine Preisdämpfung des Strompreises für Industrie und Haushalte eingesetzt werden. Auch eine Subventionierung des Gas-Preises für Verbraucher ist möglich. Die stark gestiegenen Gas-Preise wegen des weitgehenden Lieferstopps aus Russland hatte auch die Strompreise mit nach oben gezogen. Da die Betriebskosten bei Wind- oder auch Braunkohlestrom kaum oder nicht im selben Maß gestiegen sind, ergeben sich große Gewinne für die Produzenten. Die Abschöpfung könnte die Erlöse der Unternehmen nun halbieren.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte dem Konzept zugestimmt, nachdem mehr Flexibilität für die Mitgliedsstaaten bei der Abschöpfung der Gewinne eingeräumt wurde. Deutschland hatte je nach Erzeugungsart auf eine unterschiedliche Abschöpfung gedrängt. Das Konzept habe Deutschland stark mitgeprägt, man bereite sich auf eine schnelle Umsetzung vor, sagte Habeck daher in Brüssel.

MINISTER BERATEN ÜBER GASPREIS-BREMSE

Strittiger dürfte die Frage der Deckelung von Gaspreisen in der EU sein. Habeck zeigte sich offen für eine Preisobergrenze für russisches Gas, wenn osteuropäische Staaten zustimmten. Diese sind noch von russischem Pipeline-Gas abhängig. Dies sei dann aber eher eine Sanktion gegen Russland.

Drücken könne man die Preise auch über einen gemeinsamen Einkauf von Flüssiggas (LNG) der EU sagte er. Man müsse die Marktmacht hier nutzen. Zudem dürften befreundete Lieferländer wie die USA, Norwegen oder auch Algerien die Lage der EU nicht mit hohen Preisen ausnutzen. „Partnerschaft heißt nicht, dass man den anderen ausbeutet“, sagte er.

Eine erwogene Grenze des Großhandelspreises für Gas in der EU trifft unter anderem bei Deutschland auf Widerstand. Zum einen müsste dann die Differenz zu den Einkaufspreisen von der EU getragen werden. Zum anderen wird befürchtet, dass bei Knappheit dann etwa Deutschland nicht mehr ausreichend beliefert wird - obwohl es hohe Preise zu zahlen bereit wäre.

Deutschland will 200 Milliarden Euro zur Dämpfung der Gaspreise für Haushalte und Industrie zur Verfügung stellen. Wie das Geld eingesetzt wird, ist offen. Habeck zufolge wird eine Dämpfung beim oberen Fünftel des Verbrauchs der Haushalte aber nicht greifen. „Für die oberen 20 Prozent des normalen Verbrauchs wird man sicherlich die volle Rechnung bezahlen müssen.“ Klar sei zudem, dass auch die übrige Menge nicht auf Tarife von vor dem Ukraine-Krieg verbilligt werde. „Wir werde natürlich nicht den Gaspreis so runtersubventionieren können, wie er 2021 war. Und zwar sehr lange Zeit nicht.“

Für Haushaltskunden lag der Preis pro Kilowattstunde in der zweiten Jahreshälfte 2021 um die sieben Cent. Für Bestandskunden hat er sich seitdem im Schnitt mehr als verdoppelt, neue Verträge sind noch deutlich teurer.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Abwanderung von Fachkräften: Immer mehr deutsche Arbeitnehmer verlassen ihr Heimatland
21.08.2025

Immer mehr Deutsche sagen Adieu und wandern aus: 2024 waren es 270.000 Ausreisewillige, 2025 wird ein neuer Rekordwert erwartet. Doch wer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freiwillige vor: Neuer Bahnchef gesucht
21.08.2025

Die Deutsche Bahn steckt in ihrer tiefsten Krise, doch der Verkehrsminister drängt auf schnellen Wechsel an der Spitze. Während geeignete...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Stellenanzeigen: Firmen verschenken Potenzial mit fehlender Familienfreundlichkeit
21.08.2025

Deutsche Unternehmen reden gern über Familienfreundlichkeit, doch in den Stellenanzeigen bleibt davon wenig übrig. Eine neue Analyse...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Importzoll auf Autos aus EU soll rückwirkend sinken
21.08.2025

Washington senkt seine Importzölle auf Autos aus der EU – rückwirkend und überraschend deutlich. Für Europas Autobauer ist das zwar...

DWN
Panorama
Panorama Nord-Stream-Anschlag: Carabinieri verhaften Ukrainer wegen Sprengstoff-Operation
21.08.2025

Seit zwei Jahren ermittelt die Bundesanwaltschaft im Fall der gesprengten Nord-Stream-Pipelines. Nun gerät ein Ukrainer ins Visier, den...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Homeoffice auf Rezept? Ärztliches Attest bedeutet keinen Anspruch aufs Homeoffice – was zu beachten ist
21.08.2025

Ärztliche Homeoffice-Atteste liefern Hinweise, sind aber kein automatischer Freifahrtschein. Fehlen verbindliche Regeln und ein...

DWN
Politik
Politik Russland erklärt, in die Sicherheitsgarantien für die Ukraine „einbezogen“ werden zu wollen
21.08.2025

Russland will bei den Sicherheitsgarantien für die Ukraine mitreden – und verlangt ein Vetorecht. Experten warnen: Damit droht Moskau,...

DWN
Finanzen
Finanzen Millionen PayPal-Zugangsdaten im Umlauf – das sollten Nutzer jetzt tun
21.08.2025

Millionen PayPal-Zugangsdaten sollen im Darknet zum Verkauf stehen – zu einem erstaunlich niedrigen Preis. Ob es sich um aktuelle Daten...