Bundeskanzler Olaf Scholz besteht auf den Bau der von Spanien und Deutschland gewünschten Gaspipeline durch Frankreich. „Die Europäische Union muss sich in puncto Energieversorgung noch stärker miteinander vernetzen“, sagte Scholz am Mittwoch in einem Interview mit der spanischen Zeitung El Pais vor den deutsch-spanischen Regierungskonsultationen. „Insbesondere der Anschluss der Iberischen Halbinsel an das europäische Pipeline-Netz wäre ein ganz wichtiger Schritt für uns alle, deshalb werbe ich für den Bau von MidCat“, betonte der Kanzler. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lehnt den Bau der Pipeline bisher ab, auch weil er Konkurrenz für die französischen Atomkraftwerke und LNG-Terminals fürchtet. Portugal und Spanien verfügen ihrerseits über mehrere LNG-Terminals, über die Flüssiggas angelandet werden kann. Die Pipeline MidCat soll aber in der Zukunft auch Wasserstoff nach Mitteleuropa bringen.
Scholz wehrte zudem spanische Wünsche nach einer weitgehenden Lockerung der EU-Fiskalregeln ab. „Mein Eindruck ist, dass die bisherigen Regeln sich bewährt haben, eben weil sie ein hohes Maß an Flexibilität in Krisenzeiten gezeigt haben“, sagte er. Im Sommer habe die Bundesregierung ihre Vorstellungen einer begrenzten Weiterentwicklung der europäischen Schuldenregeln vorgelegt.
Pläne für gemeinsame Raketenabwehr
Scholz trifft am Mittwochnachtmittag in A Coruna im Nordwesten Spaniens zunächst mit Ministerpräsident Pedro Sanchez zusammen. Der Kanzler wird bei den deutsch-spanischen Regierungskonsultationen unter anderem von Vizekanzler Robert Habeck, Finanzminister Christian Lindner, Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht begleitet.
Bei den Gesprächen würden auch Pläne für ein gemeinsames Raketenabwehrsystem unter deutscher Führung diskutiert, sagte die deutsche Botschafterin in Spanien, Maria Margarete Gosse, in einem Interview mit dem Radiosender Cadena SER. Die spanische Regierung dementierte jedoch, dass das Thema auf der Tagesordnung stehe. Gosse hatte gesagt, dass es bereits Gespräche auf „niedriger Ebene“ zwischen den beiden Nato-Mitgliedern über einen Beitritt Spaniens zu der Initiative gegeben habe.
Eine Pipeline in die andere Richtung gibt es bereits: Der deutsche Strom- und Energiekonzern RWE liefert amerikanisches Erdgas über Spanien nach Marokko. Die Geschäftsbeziehung ist vollkommen legal, stößt aber vor dem Hintergrund des Gas-Mangels in Europa auf Kritik. Angesichts der gegenwärtigen Umstände ist der Deal politisch heikel. Gleichzeitig zeigt er die massiven Verflechtungen von staatlichen Akteuren und Rohstoffproduzenten auf.