Politik

Grünen-Parteitag für weitere Waffen-Lieferungen an die Ukraine

Lesezeit: 2 min
15.10.2022 21:05
Auf ihrem Parteitag haben sich die Grünen für mehr deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Mahnungen an ihre pazifistischen Wurzeln verhallten.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  

Außenministerin Annalena Baerbock hat für ihre Politik beim Bundesparteitag der Grünen in Bonn viel Zuspruch erhalten, aber auch Kritik einstecken müssen. Vor allem die Genehmigung von Rüstungsexporten in das islamische Königreich Saudi-Arabien und die anfangs etwas vorsichtigen Äußerungen der Bundesregierung zu den massiven Protesten im Iran stießen bei einigen der rund 800 Delegierten am Samstag auf Unverständnis. Große Solidarität bekundeten die Grünen mit Geflüchteten aus Afghanistan und den protestierenden Frauen im Iran.

Mit überwältigender Mehrheit sprachen sich die Grünen für die Lieferung weiterer Waffen an die Ukraine aus. Mehrere Anträge, in denen dies als Abkehr von der pazifistischen Tradition der Partei kritisiert wurden, lehnten die Delegierten ab. Ein Parteimitglied hatte gefordert: „Es muss Schluss sein mit immer mehr Waffen für diesen Krieg.“ Der Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky hielt dagegen und verwies auf das Selbstverteidigungsrecht. Den radikalen Pazifisten rief er - mit Hinweis auf das Parteilogo - zu, die Ukrainer könnten sich schließlich nicht „mit Sonnenblumen verteidigen“.

Im Ukraine-Krieg müsse Deutschland helfen, wo es möglich sei, „weil wir sehen, dass diese Waffen Menschenleben retten“, sagte der Parteivorsitzende Omid Nouripour. Die Mitgründerin der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, Irina Scherbakowa, würdigte die Zusammenarbeit mit den Grünen und rief zur Unterstützung der Ukraine gegen Russland auf. Wer Frieden wolle, müsse dafür sorgen, dass die Ukraine alles zu ihrer Verteidigung bekomme. Ein Sieg der Ukraine werde auch für Russland eine Chance bieten, zur Demokratie zu finden.

In der Debatte über Rüstungsexporte sagte Baerbock: „Wir liefern direkt nicht nach Saudi-Arabien“, ein Land „wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden“. Die Genehmigung für den Export sei für sie und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schwierig gewesen. Sie sei aber der Auffassung, dass „wir europäische Rüstungskooperation brauchen“ - auch damit Ausgaben für Soziales nicht zugunsten von nationalen Verteidigungsausgaben gekürzt werden müssten. Gleichzeitig versprach sie für die Zukunft eine restriktivere Rüstungspolitik.

Trotz eines weitgehenden Exportstopps hat die Ampel-Regierung grünes Licht für die Lieferung von Ausrüstung und Munition an Saudi-Arabien im Wert von 36 Millionen Euro gegeben. Dabei geht es um ein Programm mit Italien, Spanien und Großbritannien. Die alte Bundesregierung hatte die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien unter anderem wegen der Beteiligung des Königreichs am Jemen-Krieg sowie des Mordes an dem Journalisten Jamal Khashoggi weitgehend gestoppt. Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: „Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.“

Für Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien „gibt es keine Notwendigkeit, dafür gibt es keine Rechtfertigung“, sagte Jenny Laube von den Berliner Grünen. Am Ende wurde ein Antrag beschlossen, in dem die Partei festhält: „Wir streben auch einen europäischen Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien und ein europäisches Waffenembargo gegenüber anderen Staaten an, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind.“

Der Delegierte Sascha Krüger merkte an, die außenpolitische Bilanz der neuen Regierung sei bislang „bestenfalls gemischt“. Die Bundesregierung habe nach dem Beginn der neuen „Revolution“ im Iran zu lange geschwiegen und unternehme nicht genug gegen die Abschottung der EU-Außengrenzen gegen Flüchtlinge.

Die Grünen stünden fest an der Seite der von Frauen angeführten Proteste im Iran, bekräftigte Nouripour und erntete dafür tosenden Applaus. Einige Delegierte sprachen von einer feministischen „Revolution“ im Iran.

Am Sonntag, dem letzten Tag des Grünen-Parteitages, steht das Thema Klimaschutz auf der Tagesordnung.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsmarkt: „Null-Bock-Tage“ im Job? Auszeiten im Arbeitsalltag – ein Arbeitsmodell für Deutschland?
24.12.2024

Der Krankenstand in Deutschland bleibt weiterhin auf einem hohen Niveau. Und das nicht ohne Grund: „Einfach mal durchatmen“ ist für...

DWN
Politik
Politik Wahlen in Deutschland: Anteil von Wahlberechtigten mit Migrationshintergrund steigt
24.12.2024

Viele Menschen mit Migrationshintergrund sind wahlberechtigt. Diese Zahl steigt stetig und wird das Land in Zukunft entscheidend...

DWN
Technologie
Technologie Kirche und Künstliche Intelligenz: KI-Jesus im Beichtstuhl verblüfft Kirchenobere
24.12.2024

Avatar direkt in der Kirche: Eine Schweizer Kirche hat in diesem Jahr mit künstlicher Intelligenz einen sprechenden Jesus kreiert, der in...

DWN
Panorama
Panorama Inklusion im Fußball: Wie Manchester United mit Pflegeprodukten für Männer vorangeht
24.12.2024

Manchester United setzt mit der Einführung von Pflegeprodukten für Männer mit Blasenschwäche ein wichtiges Signal für Inklusion im...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Investitionen für deutschen Mittelstand: Hidden Champions kämpfen um Aufmerksamkeit am Kapitalmarkt
24.12.2024

Investitionen für deutschen Mittelstand sind der Schlüssel, um die Innovationskraft der Hidden Champions zu stärken. Diese weltweit...

DWN
Panorama
Panorama Spendenbereitschaft Deutschland 2024: Einfluss von Einkommen und Alter auf die Spendenhöhe
24.12.2024

Die Spendenbereitschaft in Deutschland ist 2024 gesunken, trotz eines hohen Spendenvolumens von 12,5 Milliarden Euro. Der Rückgang...

DWN
Panorama
Panorama Klimawandel: 2024 wird das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen
24.12.2024

2024 wird das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen und markiert eine Rekordabweichung von über 1,5 Grad Celsius zum...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Spritpreise: Drittteuerstes Tankjahr - 2025 könnte noch teurer werden
24.12.2024

Das Jahr 2024 war eines der teuersten Tankjahre aller Zeiten, kommendes Jahr sieht nicht besser aus: Zum 1. Januar steigt der C02-Preis von...