Durch die Diskrepanzen zwischen den Umfragewerten vor den letzten US-Präsidentschaftswahlen und den letzten Midterm-Elections, ist bei Statistikern und Umfrageinstituten eine Unsicherheit erkennbar. Entsprechend kompliziert ist es eine Prognose zu geben, welche Partei am Ende die Kongressmehrheit holt.
Schlimme Erfahrungen 2016 und 2020
Nach den Endresultaten der Präsidentschaftswahlen 2016 gab es bei vielen amerikanischen Umfrageinstituten lange Gesichter. Durch die Bank hatten die Institute einen Sieg von Hillary Clinton vorhergesagt und lagen damit komplett daneben. Entsprechend wollte man Lehren aus dem Fiasko ziehen und analysierte die Fehler. Dabei wurde deutlich wie beeinflussend einige Umfrageinstitute vorgingen und damit ihren Teil zum Wahlergebnis beigetragen haben. Die Wahl Donald Trumps war nicht nur eine Ansage an die Elite Washingtons, sondern auch an die Umfrageinstitute und die Institute wollten dieses Warnsignal ernst nehmen.
Vier Jahre später bei der Präsidentschaftswahl 2020 gab es ein ähnliches Bild. Zwar gewann Joe Biden, der von vielen Umfrageinstituten vorne gesehen wurde, jedoch ging der Sieg längt nicht so deutlich aus, wie es die Umfrageinstitute vermutetet hatten. Im Fall von Wisconsin zeigten die Zusammenfassungen aller Umfrageinstitute auf der Seite realclearpolitics einen Sieg von Joe Biden mit 6,7 Prozent voraus. Der Vorsprung lag am Ende bei gerade einmal 20.000 Stimmen und 0,63 Prozent. In Florida ging man von einem Sieg für Biden von 0,9 Prozent aus und Donald Trump holte den Staat am Ende mit über drei Prozent Vorsprung.
Diskrepanzen bei Umfragewerten
Entsprechend unsicher ist das Verhalten der Umfrageinstitute vor den Parlamentswahlen. Leicht erkennbar ist es an den Umfragen zur Beliebtheit von US-Präsident Biden. Die New York Times, eher Biden-freundlich und ein Medium, was stark von Trump Anhängern für seine Einseitigkeit attackiert wurde, sieht die Beliebtheit der US-Präsidenten bei -19 Prozent, während der konservative und Biden-kritische Fernsehsender Fox News Bidens Beliebtheitswerte im einstelligen Minusbereich bei -7 hat. Die Nachrichtenagentur Reuters sieht Bidens Beliebtheitswerte bei -15 und der für Biden-Kritik bekannte konservative Federalist sieht den Präsidenten bei Beliebtheitswerten von -4 und damit fast im positiven Bereich.
Ein anderer Beleg für die Unsicherheit und das genannte entgegengesetzte Verhalten, sind auch die Umfragen um die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Die New York Times sieht die Republikaner in einer letzten Umfrage bei einem Vorsprung von vier Prozent. Der konservative Federalist hat in seiner letzten Umfrage beide Parteien gleich auf. Die Tageszeitung Politico sieht die Demokraten sogar mit vier Prozent vorne. Auch wenn die Mehrheit der Umfrageinstitute die Republikaner klar im Vorteil im Rennen um das Repräsentantenhaus sieht, können solche Diskrepanzen, was die Zahlen angeht, Verwirrung stiften.
Kluft zwischen Wettmärkten und Vorhersagemodellen
Noch komplizierter sieht es bei den Umfragen zum Senat aus. Zwar sind Rennen wie in Pennssylvania und Nevada deutlich enger geworden und in Wisconsin haben die Republikaner ihren Vorsprung ausgebaut, ein wirkliches Urteil ist dennoch schwierig. Nate Silver US-Journalist, Statistiker und Gründer der Nachrichtenseite FiveThirtyEight rät daher in einem Artikel als langer Kenner der Umfrageinstitute zur Vorsicht bei Interpretationen: „Man sollte bei der Interpretation von Verschiebungen bei den allgemeinen Wahlen vorsichtig sein. Standardmäßig kann man davon ausgehen, dass die Präferenz der Öffentlichkeit für die Partei, die den Kongress kontrolliert, ziemlich konstant ist, mehr noch als die Präferenz für die Partei, die sie gerne als Präsident sehen würde. Es braucht eine Menge, um die Nadel zu bewegen.“
Silver und sein Team versuchten in den letzten Wochen herauszufinden, ob die Republikaner im Kampf um die komplette Kontrolle im Kongress (also Senat und Repräsentantenhaus) Boden gut gemacht haben. Sie kamen zum Ergebnis, dass Veränderungen spürbar sind, jedoch weit nicht so deutlich, wie es einige Medien vermuten. Besonders stark sind laut Silver die Verschiebungen auf den Wettmärkten zu den Midterm-Elections zu beobachten. Er sieht vor allem eine starke Kluft zwischen den Wettmärkten und den Modellen, die immer größer wird. Das Vorhersagemodell von fivethirtyeight sieht die Wahrscheinlichkeit für eine Mehrheit der Republikaner im Senat bei 34 Prozent, Wettanbieter haben die Wahrscheinlichkeit bei 49 Prozent.
Vorteile von Vorhersagemodellen
Silver sieht Wetten auf Politikergebnisse und damit befassende Anbieter nicht immer als klug an. Zwar würden die Märkte sehr gut Hypothesen, wie langjährige Erfahrungen miteinander verbinden und hätten in dem Bereich eine Stärke. Als Schwäche sieht er jedoch, dass die Märkte den Medienberichten stärker folgen als Umfragemodellen. Durch seine langjährige Erfahrung und Beobachtung hat er dieses Vorgehen mehrfach miterlebt.
Für die Errichtung eines Vorhersagemodells benötigt man viel Zeit. In der Regel muss man mit ein paar Monate rechnen. Der Vorteil von solchen Modellen liegt darin, dass sie alle Umfragen berücksichtigen und nicht nur diejenigen, die in den Medien hervorgehoben werden und daher nur eine einzelne Umfrage darstellen. Beim Modell für die Zwischenwahlen wird eine weitere Wichtigkeit mit einberechnet: Im Gegensatz zu den Präsidentschaftswahlen neigen Midterm-Elections nicht dazu sich schlagartig zu ändern. Aus diesem Grund ist es laut Silver klug mit Interpretationen von Verschiebungen bei Zwischenwahlen vorsichtig zu sein.
Durch diese Diskrepanz zwischen der Vorgehensweise der Märkte und der Vorhersagemodelle entsteht laut Silver ein Chaos für die Menschen. Auch in der Berichterstattung ist eine Interpretation dann oft schwierig. Da der einfache Leser auch keine Überschriften wie „Eventueller Hinweis auf einen republikanischen Aufschwung, aber es könnte nur ein Geräusch sein“ anklickt, sondern lieber klarere Überschriften liest.
Für die Wahlen am 8. November prognostiziert Silver keine großen Veränderungen und rechnet nicht mit viel Action: „Es könnte einige Veränderungen bei den Gesamtzahlen geben, aber wahrscheinlich keine großen. Und das bedeutet, dass wir am Wahltag mit einer großen Unsicherheit darüber rechnen müssen, welche Partei die Kontrolle über den Kongress erlangen wird.“