Politik

Umfragechaos: Unsicherheit vor US-Parlamentswahlen

Die amerikanischen Umfrageinstitute lagen bei den zwei letzten Präsidentschaftswahlen daneben. Im Vorfeld der Midterm-Elections ist man nun vorsichtig.
23.10.2022 08:32
Aktualisiert: 23.10.2022 08:32
Lesezeit: 4 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Umfragechaos: Unsicherheit vor US-Parlamentswahlen
Ende September hat das „Early Voting“ zu den US-Parlamentswahlen begonnen. (Foto:dpa) Foto: Andrew Harnik

Durch die Diskrepanzen zwischen den Umfragewerten vor den letzten US-Präsidentschaftswahlen und den letzten Midterm-Elections, ist bei Statistikern und Umfrageinstituten eine Unsicherheit erkennbar. Entsprechend kompliziert ist es eine Prognose zu geben, welche Partei am Ende die Kongressmehrheit holt.

Schlimme Erfahrungen 2016 und 2020

Nach den Endresultaten der Präsidentschaftswahlen 2016 gab es bei vielen amerikanischen Umfrageinstituten lange Gesichter. Durch die Bank hatten die Institute einen Sieg von Hillary Clinton vorhergesagt und lagen damit komplett daneben. Entsprechend wollte man Lehren aus dem Fiasko ziehen und analysierte die Fehler. Dabei wurde deutlich wie beeinflussend einige Umfrageinstitute vorgingen und damit ihren Teil zum Wahlergebnis beigetragen haben. Die Wahl Donald Trumps war nicht nur eine Ansage an die Elite Washingtons, sondern auch an die Umfrageinstitute und die Institute wollten dieses Warnsignal ernst nehmen.

Vier Jahre später bei der Präsidentschaftswahl 2020 gab es ein ähnliches Bild. Zwar gewann Joe Biden, der von vielen Umfrageinstituten vorne gesehen wurde, jedoch ging der Sieg längt nicht so deutlich aus, wie es die Umfrageinstitute vermutetet hatten. Im Fall von Wisconsin zeigten die Zusammenfassungen aller Umfrageinstitute auf der Seite realclearpolitics einen Sieg von Joe Biden mit 6,7 Prozent voraus. Der Vorsprung lag am Ende bei gerade einmal 20.000 Stimmen und 0,63 Prozent. In Florida ging man von einem Sieg für Biden von 0,9 Prozent aus und Donald Trump holte den Staat am Ende mit über drei Prozent Vorsprung.

Diskrepanzen bei Umfragewerten

Entsprechend unsicher ist das Verhalten der Umfrageinstitute vor den Parlamentswahlen. Leicht erkennbar ist es an den Umfragen zur Beliebtheit von US-Präsident Biden. Die New York Times, eher Biden-freundlich und ein Medium, was stark von Trump Anhängern für seine Einseitigkeit attackiert wurde, sieht die Beliebtheit der US-Präsidenten bei -19 Prozent, während der konservative und Biden-kritische Fernsehsender Fox News Bidens Beliebtheitswerte im einstelligen Minusbereich bei -7 hat. Die Nachrichtenagentur Reuters sieht Bidens Beliebtheitswerte bei -15 und der für Biden-Kritik bekannte konservative Federalist sieht den Präsidenten bei Beliebtheitswerten von -4 und damit fast im positiven Bereich.

Ein anderer Beleg für die Unsicherheit und das genannte entgegengesetzte Verhalten, sind auch die Umfragen um die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Die New York Times sieht die Republikaner in einer letzten Umfrage bei einem Vorsprung von vier Prozent. Der konservative Federalist hat in seiner letzten Umfrage beide Parteien gleich auf. Die Tageszeitung Politico sieht die Demokraten sogar mit vier Prozent vorne. Auch wenn die Mehrheit der Umfrageinstitute die Republikaner klar im Vorteil im Rennen um das Repräsentantenhaus sieht, können solche Diskrepanzen, was die Zahlen angeht, Verwirrung stiften.

Kluft zwischen Wettmärkten und Vorhersagemodellen

Noch komplizierter sieht es bei den Umfragen zum Senat aus. Zwar sind Rennen wie in Pennssylvania und Nevada deutlich enger geworden und in Wisconsin haben die Republikaner ihren Vorsprung ausgebaut, ein wirkliches Urteil ist dennoch schwierig. Nate Silver US-Journalist, Statistiker und Gründer der Nachrichtenseite FiveThirtyEight rät daher in einem Artikel als langer Kenner der Umfrageinstitute zur Vorsicht bei Interpretationen: „Man sollte bei der Interpretation von Verschiebungen bei den allgemeinen Wahlen vorsichtig sein. Standardmäßig kann man davon ausgehen, dass die Präferenz der Öffentlichkeit für die Partei, die den Kongress kontrolliert, ziemlich konstant ist, mehr noch als die Präferenz für die Partei, die sie gerne als Präsident sehen würde. Es braucht eine Menge, um die Nadel zu bewegen.“

Silver und sein Team versuchten in den letzten Wochen herauszufinden, ob die Republikaner im Kampf um die komplette Kontrolle im Kongress (also Senat und Repräsentantenhaus) Boden gut gemacht haben. Sie kamen zum Ergebnis, dass Veränderungen spürbar sind, jedoch weit nicht so deutlich, wie es einige Medien vermuten. Besonders stark sind laut Silver die Verschiebungen auf den Wettmärkten zu den Midterm-Elections zu beobachten. Er sieht vor allem eine starke Kluft zwischen den Wettmärkten und den Modellen, die immer größer wird. Das Vorhersagemodell von fivethirtyeight sieht die Wahrscheinlichkeit für eine Mehrheit der Republikaner im Senat bei 34 Prozent, Wettanbieter haben die Wahrscheinlichkeit bei 49 Prozent.

Vorteile von Vorhersagemodellen

Silver sieht Wetten auf Politikergebnisse und damit befassende Anbieter nicht immer als klug an. Zwar würden die Märkte sehr gut Hypothesen, wie langjährige Erfahrungen miteinander verbinden und hätten in dem Bereich eine Stärke. Als Schwäche sieht er jedoch, dass die Märkte den Medienberichten stärker folgen als Umfragemodellen. Durch seine langjährige Erfahrung und Beobachtung hat er dieses Vorgehen mehrfach miterlebt.

Für die Errichtung eines Vorhersagemodells benötigt man viel Zeit. In der Regel muss man mit ein paar Monate rechnen. Der Vorteil von solchen Modellen liegt darin, dass sie alle Umfragen berücksichtigen und nicht nur diejenigen, die in den Medien hervorgehoben werden und daher nur eine einzelne Umfrage darstellen. Beim Modell für die Zwischenwahlen wird eine weitere Wichtigkeit mit einberechnet: Im Gegensatz zu den Präsidentschaftswahlen neigen Midterm-Elections nicht dazu sich schlagartig zu ändern. Aus diesem Grund ist es laut Silver klug mit Interpretationen von Verschiebungen bei Zwischenwahlen vorsichtig zu sein.

Durch diese Diskrepanz zwischen der Vorgehensweise der Märkte und der Vorhersagemodelle entsteht laut Silver ein Chaos für die Menschen. Auch in der Berichterstattung ist eine Interpretation dann oft schwierig. Da der einfache Leser auch keine Überschriften wie „Eventueller Hinweis auf einen republikanischen Aufschwung, aber es könnte nur ein Geräusch sein“ anklickt, sondern lieber klarere Überschriften liest.

Für die Wahlen am 8. November prognostiziert Silver keine großen Veränderungen und rechnet nicht mit viel Action: „Es könnte einige Veränderungen bei den Gesamtzahlen geben, aber wahrscheinlich keine großen. Und das bedeutet, dass wir am Wahltag mit einer großen Unsicherheit darüber rechnen müssen, welche Partei die Kontrolle über den Kongress erlangen wird.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Schnappen Sie sich den COME Mining Cloud-Mining-Vertrag und starten Sie Ihre Mining-Reise ganz einfach mit einem stabilen Tageseinkommen von über 7.000 $

Bei unseren Recherchen zum Bitcoin-Mining stellten wir fest, dass das traditionelle Mining-Modell für die meisten Nutzer ungeeignet ist....

DWN
Finanzen
Finanzen Ethereum-Kurs erholt sich nach Marktrückgang: Chancen für Kryptowährung
15.10.2025

Die weltweiten Finanzmärkte stehen unter Druck, während geopolitische Spannungen Investoren verunsichern. Der Ethereum-Kurs rückt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen US-Autoindustrie: Autokonzern Stellantis investiert Milliarden in den USA
15.10.2025

Der Opel-Mutterkonzern Stellantis will das lahmende Geschäft auf dem wichtigen US-Markt ankurbeln und nimmt dafür viel Geld in die Hand....

DWN
Politik
Politik Ärztliches Attest: Warken offen für Gespräche über Lockerung bei Krankschreibungen
15.10.2025

Der Chef darf ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest verlangen. Diese Regel zu ändern, könnte Ärzte entlasten. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Die besten S&P 500-Aktien: Laut Analysten sollten Anleger diese Aktien aus dem S&P 500 jetzt kaufen
15.10.2025

Analysten empfehlen zehn S&P 500-Aktien zum Kauf. Doch während die Anleger an der Wall Street jubeln, bleibt die Frage: Sind sie wirklich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Öl in der Nordsee: Internationale Konzerne erzielen Milliardenumsätze
15.10.2025

Die Nordsee ist ein wichtiger Schauplatz der globalen Energiebranche, in dem internationale Konzerne hohe Umsätze erzielen und zugleich...

DWN
Finanzen
Finanzen Purl-Initiative: Nato hofft auf mehr Geld für US-Waffen an die Ukraine
15.10.2025

Nato-Generalsekretär Mark Rutte geht davon aus, dass europäische Alliierten weitere US-Waffenlieferungen für die Ukraine finanzieren....

DWN
Politik
Politik Krach um Wehrdienst: Koalition hält dennoch an Zeitplan fest
15.10.2025

Trotz Streits über den geplanten neuen Wehrdienst will die Koalition den Gesetzentwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nun...

DWN
Politik
Politik Migration: Zuwanderung spaltet Menschen in Deutschland am stärksten
15.10.2025

Immer wieder wird eine Spaltung in der Gesellschaft beklagt. Doch bei welchen Themen prallen die Gegensätze besonders heftig aufeinander?...