Unternehmen

Nord Stream: Wer zahlt für die zerstörte Pipeline?

Versicherer und Rückversicherer zerbrechen sich bereits die Köpfe, wer für den Schaden aufkommen muss. Denn die Sprengung könnte als Terrorakt gewertet werden.
25.10.2022 15:11
Aktualisiert: 25.10.2022 15:11
Lesezeit: 2 min
Nord Stream: Wer zahlt für die zerstörte Pipeline?
Nicht verbaute Rohre für die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2. Wer kommt für den Schaden an den Pipelines auf? (Foto: dpa) Foto: Stefan Sauer

Noch ist unklar, wer für die Explosion an der Nord-Stream-1-Pipeline in der Ostsee verantwortlich ist. Doch Versicherer und Rückversicherer zerbrechen sich bereits die Köpfe, ob und wer für den Schaden aufkommen muss. Zu den führenden Versicherern der Pipeline gehören die Münchener Rück und mehrere Syndikate am Versicherungsmarkt Lloyd's of London, wie vier mit der Situation vertraute Personen aus der Branche der Nachrichtenagentur Reuters sagten. Auch Zurich sei dort engagiert. Alle drei Versicherer wollten sich nicht dazu äußern.

Noch habe niemand den Schadenfall gemeldet, wie zwei der Insider sagten. Doch selbst wenn Nord Stream Geld von den Versicherern fordern sollte, könnten diese sich darauf berufen, dass es sich bei der Explosion um einen Akt der "Eigen- Sabotage" handele, weil der Mehrheitseigentümer Gazprom ein staatliches Unternehmen ist, oder um eine Folge des Krieges in der Ukraine. Beides ist in den meisten Versicherungsverträgen ausgeschlossen.

Doch die Versicherer müssten erst beweisen, dass der Schaden an der Pipeline nicht durch ihre Policen abgedeckt sei, sagten Anwälte. Vorsätzliche Beschädigung sei normalerweise ebenfalls ein Ausschlussgrund, doch dürfte Nord Stream 1 sich auch dagegen versichert haben, hieß es in Justiz- und Branchen-Kreisen.

WER STECKT HINTER DER PIPELINE-EXPLOSION?

Für die Unternehmen geht es um viel Geld. Immerhin hat der Bau von Nord Stream 1 nach Angaben der Betreibergesellschaft rund 7,8 Milliarden Euro gekostet. "Wenn sich nicht beweisen lässt, dass hinter (den Explosionen) ein Staat steckt, droht ihnen eine massive Schadenersatzforderung", sagte einer der Insider.

Der russischen Gasexporteur Gazprom ist mit 51 Prozent an Nord Stream 1 beteiligt, Wintershall und E.ON gehören je 15,5 Prozent, die französische Engie und die niederländische Gasunie halten je neun Prozent. "Das genaue Ausmaß des Schadens und mögliche Konsequenzen lassen sich erst nach einer Inspektion der Pipeline bestimmen. Doch das ist noch nicht möglich", erklärte Gasunie. Ein E.ON-Sprecher verwies auf die Betreibergesellschaft in der Schweiz.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die USA und ihre Verbündeten für die Zerstörung der Pipeline verantwortlich gemacht. US-Präsident Joe Biden sprach von bewusster Sabotage, ohne direkt mit dem Finger auf Russland zu zeigen. Russland hat eine Beteiligung zurückgewiesen.

"Wenn das eine absichtliche Handlung des Versicherungsnehmers war, müssen die Versicherer nicht zahlen", sagte Rechtsanwalt David Pryce von der Kanzlei Fenchurch Law, die selbst nicht in den Fall involviert ist. Wenn ein westliches Land dahinterstecke, könnte die Explosion dagegen als "Terrorakt" gewertet werden, hieß es in Maklerkreisen - dann müssten die Versicherer zahlen.

Und wenn die Pipeline repariert wird und wieder Gas nach Europa transportieren kann? Wer Nord Stream 1 dann versichert, ist eine weitere offene Frage. Immerhin unterliegt Gazprom Sanktionen der USA, Großbritanniens und Kanadas - was ein Engagement der Lloyd's-Syndikate erschweren würde. Denn sie dürften selbst in einem Schadenfall nicht an Gazprom zahlen. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Leben auf einem Eismond? - Astrobiologe auf Spurensuche
15.06.2025

Dicke Eiskruste und bis zu minus 200 Grad - klingt nicht gerade angenehm. Warum der Saturnmond Enceladus auf der Suche nach außerirdischem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kritik oder Mobbing? Wie Sie den feinen Unterschied erkennen
15.06.2025

Mobbing beginnt oft harmlos – mit einem Satz, einem Blick, einer E-Mail. Doch wann wird aus Kritik systematische Zermürbung? Dieser...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Das neue Magazin ist da: Das können wir gut - wo Deutschland in Zeiten von KI, Transformation und Globalisierung überzeugt
15.06.2025

Was kann Deutschland gut? Diese Frage mag auf den ersten Blick einfach erscheinen, fast schon trivial. Doch in einer Zeit, in der das Land...

DWN
Finanzen
Finanzen „Banknoten-Paradoxon“: Milliarden unter den Matratzen - Bargeldmenge steigt weiter
15.06.2025

Ungeachtet der stetig abnehmenden Bedeutung von Scheinen und Münzen beim alltäglichen Einkauf steigt die im Umlauf befindliche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Kleinkrieg“ um Lkw-Plätze: Autoclub kritisiert Überfüllung
15.06.2025

Auf und an Autobahnen in Deutschland fehlen viele tausend Lkw-Stellplätze – nach einer Kontrolle an Rastanlagen beklagt der Auto Club...

DWN
Politik
Politik Machtverschiebung in Warschau: Der Aufstieg der Nationalisten bringt Polen an den Abgrund
15.06.2025

In Polen übernimmt ein ultrakonservativer Präsident die Macht – während die liberale Regierung um Donald Tusk bereits ins Wanken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trotz US-Verboten finden chinesische Tech-Giganten Wege, um im KI-Rennen zu bleiben
14.06.2025

Die USA wollen Chinas Aufstieg im KI-Sektor durch Exportverbote für High-End-Chips stoppen. Doch Konzerne wie Tencent und Baidu zeigen,...

DWN
Technologie
Technologie Einsatz von Tasern: Diskussion um „Aufrüstung“ der Polizei
14.06.2025

Taser gelten als umstritten, nun will Innenminister Alexander Dobrindt damit die Bundespolizei ausrüsten. Kritik kommt von Niedersachsens...