Wirtschaft

Extremwetter bedroht weltweite Energie-Infrastruktur

Die Weltwetterorganisation schlägt Alarm: Staudämme, Atomkraftwerke und weitere kritische Infrastruktur sind gefährdet. Weltweite Rekordtiefstände bei Flüssen sind dringende Weckrufe.
30.10.2022 08:53
Lesezeit: 2 min

Die weltweite Energieinfrastruktur ist durch den Klimawandel „erheblich“ gefährdet. Extreme Wetterereignisse stellen große Bedrohungen für Dämme, Wärmekraftwerke und Kernkraftwerke dar. Dem üngsten Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zufolge ist das Hochwasser- und Dürrerisiko für die Energieinfrastruktur in vielen Ländern besonders hoch.

Die WMO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die sich mit Wetter, Klima und Wasserressourcen befasst.

Wie die Financial Times berichtet, stehe die Energieinfrastruktur bereits „unter Stress“ und der Klimawandel würde höchstwahrscheinlich direkte Auswirkungen auf die Brennstoffversorgung, Energieproduktion und physische Widerstandsfähigkeit von bestehenden und künftigen Energieprojekten haben.

Wasserstress

Im Jahr 2020 waren 87 Prozent der weltweit erzeugten Elektrizität aus thermischen, nuklearen und hydroelektrischen Systemen direkt von der Verfügbarkeit von Wasser abhängig, so der WMO-Bericht. Einige dieser Anlagen befinden sich jedoch in Gebieten, die jetzt unter Wasserstress leiden. „Ein Drittel der Wärmekraftwerke, die zur Kühlung auf Süßwasser angewiesen sind, befinden sich bereits in Gebieten mit Wasserstress, ebenso wie 15 Prozent der bestehenden Kernkraftwerke und 11 Prozent der Wasserkraftkapazität.“

Und etwa ein Viertel der weltweit bestehenden Wasserkraftdämme und fast ein Viertel der geplanten Dämme befinden sich in Flusseinzugsgebieten, in denen bereits „ein mittleres bis sehr hohes“ Risiko für Wasserknappheit bestehe, so der Bericht.

Die Ergebnisse der WMO bestätigen eine Studie über das weltweite Hochwasser- und Dürrerisiko für Wasserkraftwerke in der Fachzeitschrift für Wasserwissenschaft und -technologie „Water.“ Diese Studie ergab, dass bis 2050 61 Prozent aller Wasserkraftwerke in Flusseinzugsgebieten liegen werden, die einem sehr hohen oder extremen Risiko für Dürren, Überschwemmungen, oder beides ausgesetzt sind.

Nur zwei Prozent der geplanten Staudämme befinden sich derzeit in Einzugsgebieten, die das höchste Hochwasserrisiko aufweisen, so die „Water“-Studie. Doch die Autoren erwarten, dass – mit Blick auf die Zukunft – fast 40 Prozent der gleichen Gruppe von Staudämmen in Flusseinzugsgebieten mit dem höchsten Hochwasserrisiko liegen werden.

Drei Szenarien

In dem WMO-Bericht werden drei Zukunftsszenarien modelliert, wobei das pessimistische von einem Temperaturanstieg um 3,5 °C bis zum Ende des Jahrhunderts ausgeht. Das optimistische Szenario geht hingegen von einem Anstieg um 1,5 °C aus. Die globalen Temperaturen sind seit den 1840er Jahren um mindestens 1,1 °C gestiegen.

Jeffrey Opperman, einer der Autoren des Berichts und leitender Wissenschaftler für Süßwasser beim World Wildlife Fund, sagte, dass selbst bei einem optimistischen Szenario zur Begrenzung der globalen Erwärmung bis 2050 das Dürre- und Überschwemmungsrisiko steigen würde. „Wir müssen uns unbedingt anpassen, wenn wir erfolgreich sein wollen,“ so Opperman. „Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem optimistischen Szenario und dem Status quo beziehungsweise dem pessimistischen Szenario.“

Hochrisiko Länder: Kanada, Russland, China

Zu den Ländern mit der höchsten bestehenden Wasserkraftkapazität, für die der größte Anstieg des Hochwasserrisikos prognostiziert wird, gehören Kanada, Uganda, Russland, Sambia, Ägypten, Ghana, Venezuela, China und Indien.

Zu den Ländern mit der höchsten vorhandenen Wasserkraftkapazität, die von Wasserknappheit bedroht sind, gehören auch China und Indien, die Türkei und Mexiko sowie die US-Bundesstaaten Montana, Nevada, Texas, Arizona, Kalifornien, Arkansas und Oklahoma.

Die aktuelle „Megadürre“ im Südwesten der USA ist ein Beispiel für die prognostizierte Entwicklung. Die Wasserstände der beiden größten Stauseen fielen im Mai dieses Jahres auf ein Rekordtief und zwangen die Regierung zum Eingreifen, um die Wasser- und Energieversorgung in sieben Bundesstaaten zu schützen.

In China führten die schwere Dürre im Sommer und Rekordtemperaturen zu Stromausfällen, weil große Wasserkraft produzierende Gebiete wie die Provinz Sichuan Schwierigkeiten hatten, die Stromnachfrage angesichts der tiefen Pegel zu decken.

Schutzmaßnahmen

Laut der Financial Times hat die US-Regierung in ihrem Infrastrukturgesetz 500 Millionen Dollar für fünf Jahre zur Finanzierung von Staudammprojekten vorgesehen, um Dämme zu stützen, die immer häufiger von Überschwemmungen bedroht werden. US-Beamte erklärten, die Mittel würden dazu beitragen, die langfristige Widerstandsfähigkeit der Dämme gegen Dürre und Klimawandel zu verbessern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Panorama
Panorama Einbruchschutz: So sichern Sie Ihr Zuhause wirksam
22.04.2025

Die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland steigt wieder, bleibt aber unter dem Vor-Pandemie-Niveau. Die meisten Täter geben nach...

DWN
Finanzen
Finanzen Gold erreicht erstmals 3.500 Dollar
22.04.2025

Ein turbulenter Präsident, ein unter Druck stehender Notenbankchef – und Anleger, die das Vertrauen verlieren. Während Donald Trump...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Attacke auf Fed: Wenn Trump Powell unter Druck setzt, drohen wirtschaftliche Turbulenzen
22.04.2025

Am Gründonnerstag senkte die Europäische Zentralbank (EZB) erneut die Leitzinsen – ein Schritt, der unter normalen Umständen das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA: Höchste Zahl an Firmeninsolvenzen seit der Finanzkrise
22.04.2025

Zinsdruck, Konsumflaute, Strukturprobleme: Immer mehr US-Unternehmen gehen pleite – ein wirtschaftlicher Selbstreinigungsprozess mit...

DWN
Politik
Politik Friedensgespräche in Sicht? Putin macht Ukraine Angebot
22.04.2025

Nach dem Oster-Waffenstillstand fordert der Kreml direkte Gespräche mit Kiew – ein diplomatisches Tauziehen beginnt.

DWN
Panorama
Panorama Papst Franziskus aufgebahrt: Vatikan nimmt Abschied
22.04.2025

Der Tod von Papst Franziskus markiert das Ende einer Ära im Vatikan. Während in der Kapelle seiner Residenz bereits der Abschied beginnt,...

DWN
Panorama
Panorama Mehr Druck auf Hegseth nach neuen Chat-Enthüllungen
22.04.2025

Die neue Chat-Affäre um US-Verteidigungsminister Pete Hegseth spitzt sich weiter zu, die Kritik wächst. Das Weiße Haus betont jedoch,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bombardiers Global 8000: Das schnellste Zivilflugzeug seit der Concorde wird noch in diesem Jahr abheben
22.04.2025

Kanadas Bombardier setzt mit dem Global 8000 auf Geschwindigkeit, Reichweite und Luxus – der Konkurrenzkampf im Überschallmarkt spitzt...