Die weltweite Energieinfrastruktur ist durch den Klimawandel „erheblich“ gefährdet. Extreme Wetterereignisse stellen große Bedrohungen für Dämme, Wärmekraftwerke und Kernkraftwerke dar. Dem üngsten Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zufolge ist das Hochwasser- und Dürrerisiko für die Energieinfrastruktur in vielen Ländern besonders hoch.
Die WMO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, die sich mit Wetter, Klima und Wasserressourcen befasst.
Wie die Financial Times berichtet, stehe die Energieinfrastruktur bereits „unter Stress“ und der Klimawandel würde höchstwahrscheinlich direkte Auswirkungen auf die Brennstoffversorgung, Energieproduktion und physische Widerstandsfähigkeit von bestehenden und künftigen Energieprojekten haben.
Wasserstress
Im Jahr 2020 waren 87 Prozent der weltweit erzeugten Elektrizität aus thermischen, nuklearen und hydroelektrischen Systemen direkt von der Verfügbarkeit von Wasser abhängig, so der WMO-Bericht. Einige dieser Anlagen befinden sich jedoch in Gebieten, die jetzt unter Wasserstress leiden. „Ein Drittel der Wärmekraftwerke, die zur Kühlung auf Süßwasser angewiesen sind, befinden sich bereits in Gebieten mit Wasserstress, ebenso wie 15 Prozent der bestehenden Kernkraftwerke und 11 Prozent der Wasserkraftkapazität.“
Und etwa ein Viertel der weltweit bestehenden Wasserkraftdämme und fast ein Viertel der geplanten Dämme befinden sich in Flusseinzugsgebieten, in denen bereits „ein mittleres bis sehr hohes“ Risiko für Wasserknappheit bestehe, so der Bericht.
Die Ergebnisse der WMO bestätigen eine Studie über das weltweite Hochwasser- und Dürrerisiko für Wasserkraftwerke in der Fachzeitschrift für Wasserwissenschaft und -technologie „Water.“ Diese Studie ergab, dass bis 2050 61 Prozent aller Wasserkraftwerke in Flusseinzugsgebieten liegen werden, die einem sehr hohen oder extremen Risiko für Dürren, Überschwemmungen, oder beides ausgesetzt sind.
Nur zwei Prozent der geplanten Staudämme befinden sich derzeit in Einzugsgebieten, die das höchste Hochwasserrisiko aufweisen, so die „Water“-Studie. Doch die Autoren erwarten, dass – mit Blick auf die Zukunft – fast 40 Prozent der gleichen Gruppe von Staudämmen in Flusseinzugsgebieten mit dem höchsten Hochwasserrisiko liegen werden.
Drei Szenarien
In dem WMO-Bericht werden drei Zukunftsszenarien modelliert, wobei das pessimistische von einem Temperaturanstieg um 3,5 °C bis zum Ende des Jahrhunderts ausgeht. Das optimistische Szenario geht hingegen von einem Anstieg um 1,5 °C aus. Die globalen Temperaturen sind seit den 1840er Jahren um mindestens 1,1 °C gestiegen.
Jeffrey Opperman, einer der Autoren des Berichts und leitender Wissenschaftler für Süßwasser beim World Wildlife Fund, sagte, dass selbst bei einem optimistischen Szenario zur Begrenzung der globalen Erwärmung bis 2050 das Dürre- und Überschwemmungsrisiko steigen würde. „Wir müssen uns unbedingt anpassen, wenn wir erfolgreich sein wollen,“ so Opperman. „Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem optimistischen Szenario und dem Status quo beziehungsweise dem pessimistischen Szenario.“
Hochrisiko Länder: Kanada, Russland, China
Zu den Ländern mit der höchsten bestehenden Wasserkraftkapazität, für die der größte Anstieg des Hochwasserrisikos prognostiziert wird, gehören Kanada, Uganda, Russland, Sambia, Ägypten, Ghana, Venezuela, China und Indien.
Zu den Ländern mit der höchsten vorhandenen Wasserkraftkapazität, die von Wasserknappheit bedroht sind, gehören auch China und Indien, die Türkei und Mexiko sowie die US-Bundesstaaten Montana, Nevada, Texas, Arizona, Kalifornien, Arkansas und Oklahoma.
Die aktuelle „Megadürre“ im Südwesten der USA ist ein Beispiel für die prognostizierte Entwicklung. Die Wasserstände der beiden größten Stauseen fielen im Mai dieses Jahres auf ein Rekordtief und zwangen die Regierung zum Eingreifen, um die Wasser- und Energieversorgung in sieben Bundesstaaten zu schützen.
In China führten die schwere Dürre im Sommer und Rekordtemperaturen zu Stromausfällen, weil große Wasserkraft produzierende Gebiete wie die Provinz Sichuan Schwierigkeiten hatten, die Stromnachfrage angesichts der tiefen Pegel zu decken.
Schutzmaßnahmen
Laut der Financial Times hat die US-Regierung in ihrem Infrastrukturgesetz 500 Millionen Dollar für fünf Jahre zur Finanzierung von Staudammprojekten vorgesehen, um Dämme zu stützen, die immer häufiger von Überschwemmungen bedroht werden. US-Beamte erklärten, die Mittel würden dazu beitragen, die langfristige Widerstandsfähigkeit der Dämme gegen Dürre und Klimawandel zu verbessern.