Drei Wochen vor dem Start der Fußballweltmeisterschaft in Katar wird die Kritik an dem Land immer stärker. Was bei der Kritik um Menschenrechte und Religionsfreiheit häufig vergessen wird ist der Einfluss, den das Land auf die deutsche Wirtschaft hat. Der Staatsfonds des Emirats, Die Qatar Investment Authority (QIA), investiert seit Jahren massiv in Deutschland und erkauft sich auf diesem Weg jede Menge Macht. So hat die QIA laut dem Handelsblatt mehr als 25 Milliarden Euro in Deutschland gesteckt.
Strategisches Vorgehen
Bei den Investitionsentscheidungen geht die QIA sehr strategisch vor. Ex-Siemens Chef Joe Kaeser beschreibt es in der ARD-Doku „Geldmacht Katar“ wie folgt: „Typischerweise habe ich diese Staatsfonds aus dem Mittleren Osten als sehr strategische Investoren kennengelernt, die nicht nur den Gewinn, also die Dividenden oder die Kurssteigerung haben, sondern auch daran denken: „Was sind denn die Schlüsselindustrien, in denen ich vielleicht später einmal eine Rolle spielen kann?“
Ein Beispiel für solche strategische Entscheidungen ist die Investition in den Energieversorgungskonzern RWE Anfang Oktober. Die Qatar Holding - eine Tochtergesellschaft der QIA - stieg mit 2,43 Milliarden Euro in den Konzern ein und konnte so mit neun Prozent zum größten Einzelaktionär des Konzerns aufsteigen. Im Gegenzug bekam RWE neues Geld, um den US-Solarkonzern Con Edison Clean Energy Business zu übernehmen und kann so laut Handelsblatt 2030 aus der Kohle aussteigen. Die Investition der QIA in Verbindung mit den Investitionen von RWE sind ein Beleg für die Schilderung von Katar-Experten, dass erneuerbare Technologien und Speichertechnologien ganz besonders hoch im Kurs bei den Kataris sind.
Anteile auch bei VW und Hapag Lloyd
RWE ist nicht der einzige deutsche Konzern, in den Katar über die Qatar Investment Authority investiert. Im Oktober wurde auch bekannt, dass sich Katar über die QIA am Börsengang von Porsche beteiligte. Die QIA ist bereits mit 17 Prozent Anteilen Großinvestor beim Porschemutterkonzern VW. Beim Börsengang von Porsche schnappte man sich fünf Prozent der Anteile und dürfte mit VW und der Holding Porsche SE zu den größten Anteilseignern gehören.
Auch bei der Deutschen Bank mischt Katar kräftig mit 6,1 Prozent der Anteile mit. Und auch beim Mischkonzern Siemens hält die QIA einen Anteil von 3 Prozent und investierte eifrig in das Siemens Joint-Venture Fluence. Bei der größten deutschen Container Reederei Hapag Lloyd halten die Kataris einen Anteil von 12,3 Prozent.
Investitionen auch in Start-Ups
Auch Start-ups haben das Interesse Katars auf sich gezogen. Die QIA investierte in das Berliner Start-Up-Unternehmen Infarm und im Gegenzug wird Infarm im Jahr 2023 eine vertikale Megafarm mit ökologisch erzeugten Kräutern in Katar aufbauen. Seit Mitte August ist die QIA auch beim Software-Unternehmen Celonis als Investor dabei. Die Beispiele zeigen – der kleine und früher unbedeutende Golfstaat Katar baut sich über die Jahre immer mehr Einfluss in der Welt und in Deutschland auf.
Angefangen haben die Investitionen von Katar mit sogenannten Trophy Assets. Der Begriff Trophy Assets wird oft in der Immobilienbranche genutzt und beschreibt eine Immobilie, die bei Investoren besonders gefragt ist. Bei diesen Vermögenswerten handelt es sich in der Regel um ikonische Gebäude in erstklassigen Lagen mit soliden Fundamentaldaten der Immobilie. Im Fall von Katar waren es das Londoner Kaufhaus Harrods, das italienische Modehaus Valentino und der US-Juwelier Tiffanys. Inzwischen hat man seinen Einfluss auf große Unternehmen wie VW und RWE ausgebaut.
Investitionen sind Katars Überlebensstrategie
Hinter der Strategie, sich Einfluss zu erkaufen, steckt im Falle Katars auch eine politische Strategie. Das Land ist klein und hat im Nahen Osten nicht viele Freunde. Immer wieder gibt es Töne aus Saudi-Arabien, man habe großes Interesse am größten Gasfeld der Welt, welches sich Katar mit dem Iran teilt. Für Katar ist das Vorgehen, seinen Einfluss auszubauen, eine Art Lebensversicherung. Würde man nicht den Einfluss in den USA und in Europa ausbauen, dann ist die Gefahr groß, dass man zwischen den Nachbarmächten Saudi-Arabien und Iran regelrecht erdrückt wird. Dies umso mehr, als die Saudis zusammen mit weiteren Verbündeten in der Region Katar jahrelang mit einem Handelsembargo belegten.
Wie wichtig Katar für Deutschland aber auch Europa ist, zeigt sich in der Energiekrise und der Diskussion, wie man von russischem Gas unabhängig werden kann. Als größter Flüssiggas-Lieferant fällt der Name Katar bei dem Thema recht schnell. Es wird interessant sein zu beobachten, wie das Emirat seinen Einfluss in Deutschland und Europa in Zukunft weiter ausbauen wird und wie es seine Macht im Bereich der Beteiligungen stärkt.