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Regionalität: Erfolgreiches Unternehmensbeispiel aus Brandenburg

Lesezeit: 4 min
05.11.2022 09:28  Aktualisiert: 05.11.2022 09:28
Wie ein Betrieb mit Regionalität erfolgreich sein kann, zeigt die Bäckerei Wiese in Eberswalde. Wichtige Strategie ist dabei die ständige Transformation.
Regionalität: Erfolgreiches Unternehmensbeispiel aus Brandenburg
Björn Wiese während der Arbeit. (Foto: Björn Wiese)

Die Erfolgsgeschichte der Bäckerei Wiese fing vor 25 Jahren an. Damals entschied sich Björn Wiese aus Eberswalde zusammen mit seiner Schwester, ein Geschäft zu gründen. Da schon Familienmitglieder in der Backbranche gearbeitet hatten war es laut Wiese naheliegend für die Geschwister, den gleichen Weg zu gehen und sich der Backkunst zu widmen.

Ständige Transformation und Regionalität

Ein ganz wichtiges Erfolgsrezept über die Jahre hinweg war und ist dabei die ständige Transformation: „Für uns war es immer wichtig, sich den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen und nicht stehen zu bleiben. Auf diese Weise sind wir bis heute erfolgreich.“ Neben der Bäckerei hat das Unternehmen einen Online-Vertrieb und das Café- und Restaurant Gustav. Im Café Gustav werden handgemachte Speisen und Getränke serviert. Zudem gibt es die Möglichkeit, Standardtorten oder auch Brote und Gebäck vorzubestellen oder per Paketversand geschickt zu bekommen.

Ein entscheidendes Merkmal ist das ursprüngliche Backen. Dazu gehört, dass man die Brote ohne Hefe bäckt, wie es die Bäcker früher gemacht haben. Ein anderer wichtiger Punkt ist die Reifezeit des Brotes. Die Bäckerei möchte ein bekömmliches Brot anbieten und dafür benötigt es eine lange Reifezeit, damit der Teig die Giftstoffe abbauen kann und Wasser bindet. Björn Wiese beschreibt das Konzept wie folgt: „Wir arbeiten mit wenig Rohmaterialien (Wasser, Mehl, Salz). Bei uns liegt die Handarbeit im Vordergrund.“

Sowohl für die Bäckerei als auch für das Café steht die Regionalität. Björn Wiese nutzt dabei die Möglichkeiten in der Umgebung von Eberswalde und in der Region Brandenburg. Bei den Milchprodukten und den Eiern wird ein starker Fokus auf die Regionalität gelegt. Auf diese Weise können die Lieferketten so kurz wie möglich gehalten werden. Wiese möchte seinen Kunden immer wieder neue Produkte anbieten: „Wir wollen unseren Kunden immer die Vielfalt Brandenburgs näherbringen. In diesem Jahr bieten wir neu Champagnerroggenvollkornmehl über unseren Shop an.“

Solarenergie und Photovoltaik Container

Sehr wichtig ist Wiese auch, resssourcenorientiert vorzugehen. Dazu gehört, dass auf die Verarbeitung geschaut wird und bewusst so geplant wird, dass nicht viel n Ware übrigbleibt und verkommt. Einmal gibt es da die Tafel für Bedürftige, bei der er engagiert ist, eine andere Möglichkeit besteht darin, Reste zu neuen Produkten zu verarbeiten. Auf diese Weise geht man achtsam mit den Ressourcen um.

Wie für viele Bäckereibetriebe ist die Energiekrise auch für die Bäckerei eine große Herausforderung. Wiese erklärt, dass die Energiekrise konventionelle Bäckereien noch stärker trifft als seinen Biobäckereibetrieb. Für die konventionellen Bäckereien fallen Kosten an, die für Biobäckereien schon länger da sind. Entsprechend ist für solche Bäckereien auch der Umstellungsdruck größer.

Aktuell stellt sich Wiese die Frage, an welchen Punkten er noch Energie einsparen kann. Der Stromverbrauch in der Nacht ist beispielsweise hoch, was sich aber auch schwer vermeiden lässt, da viele Produkte nachts gebacken werden. Spannend findet Wiese da das Thema Backen mit Solarenergie oder Backen im Photovoltaik-Container. Hier sieht er alternative Energie-Möglichkeiten für seinen eigenen Betrieb, aber auch für die Backbranche insgesamt. Mit zum Energiesparen gehört für Wiese auch weniger auf Tiefkühlung zu setzen und höhere Temperaturen zuzulassen. Dazu gehört dann auch, dass man ein geeignetes Management findet und sich fragt: „Zu welcher Zeit stelle ich meine Ware her? Am Tage oder eher nachts?“

Mix aus Vollzeitmitarbeitern und Teilzeitangestellten

Wert legt Wiese auf die Ausbildung neuer Fachkräfte. Für ihn steht da auch die Attraktivität im Vordergrund: „Wer viel Geld verdienen will, ist in der Backbranche eher nicht richtig. Wichtig ist es, den Spaß und die Freude an der Backkunst zu zeigen und die positiven und erfüllenden Aspekte der Arbeit in einer Bäckerei zu verdeutlichen. Dabei bauen wir sowohl auf das Recruiting neuer Azubis als auch, Quereinsteiger für uns zu gewinnen. Wichtig ist von Beginn an eine vernünftige und gute Einarbeitung durch alle Abteilungen. Nur durch Schaffung dieser Voraussetzungen kann man als Betrieb attraktiv sein. Wir sind mit diesem Vorgehen in der Ausbildung sehr erfolgreich.“

Zu einem attraktiven Betrieb gehört für Wiese auch, einen Feiertags- und Sonntagszuschlag zu zahlen und Mitarbeiter für Ihre Leistungen zu würdigen. Ulrike Dettmers, Präsidentin vom Verband Deutscher Großbäckereien, berichtete vor einer Woche gegenüber der Lebensmittelzeitung, dass die Brot- und Backwarenbranche aufgrund unattraktiver Arbeitszeiten und Ladenöffnungszeiten unter Personalnot leide. Wiese erklärt, dass es wichtig ist, bei den Mitarbeitern eine gute Mischung zu finden: „Wir haben als Beispiel einen guten Mix aus Angestellten die gerne Vollzeit arbeiten und Angestellten, die aus Familiengründen Teilzeit arbeiten. Zudem kommen noch Studentische Auszubildende und Minijob-Angestellte dazu. Wir versuchen, wenn möglich, die Schichten individuell an die Kita-Öffnungszeiten anzupassen, damit es für die Angestellten mit Familie machbar ist, aber das ist nicht immer umsetzbar.“

Einige Betriebe mit dreifachem Druck

Die Anhebung des Mindestlohns seit dem 1. Oktober ist laut Wiese für viele Betriebe eine Herausforderung: „Diese Umstellung bezüglich des Mindestlohns drückt bei vielen Betrieben durch. Von Facharbeitern erwartet man mehr, entsprechend muss dann auch der Lohn angepasst werden. Für viele Betriebe im Osten Deutschlands ist das eine Umstellung. Einige Betriebe haben so einen extremen Druck und müssen sich neu aufstellen. Dazu kommt dann noch der Druck der Energie-Krise und die Personalnot. Im Prinzip also eine Dreifachbelastung.“

Die Probleme bezüglich der Energiekrise sieht er auch je nach Betrieb unterschiedlich. Es sei laut Wiese wichtig, von Betrieb zu Betrieb zu unterscheiden. Nicht jeder Bäckereibetrieb sei von der Krise gleich stark betroffen. Eine wichtige Komponente ist dabei auch, wie die Betriebe vor der Energie-Krise gewirtschaftet haben. Für einige Betriebe kommen dann ein schlechtes Wirtschaften und die Energie-Krise zusammen.

Das Beispiel der Bäckerei Wiese und des Café Gustav zeigt, wie man mit einem Fokus auf Regionalität im Zusammenspiel mit einem guten Recruiting neuer Angestellter und Innovation eine Erfolgsformel finden kann. Ganz entscheidend dabei immer wieder neue Wege zu wagen und die Attraktivität des eigenen Arbeitens in den Vordergrund zu stellen. Der Betrieb steht mit diesem Weg vor einer guten Zukunft.

 

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