Politik

Papst verurteilt „Kriegstreiberei einiger weniger Mächtiger“

Papst Franziskus hat die Verschärfung geopolitischer Spannungen auf der Welt - und nicht zuletzt den Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland in der Ukraine - kritisiert.
04.11.2022 10:00
Lesezeit: 2 min

Papst Franziskus hat bei einem Besuch im Golfstaat Bahrain die „Kriegstreiberei“ einiger weniger Staaten angeprangert, was die Menschheit insgesamt schwer belaste. Ein Großteil der Weltbevölkerung sei von Ernährungs-, Umwelt- und Pandemiekrisen betroffen, sagte das katholische Kirchenoberhaupt am Freitag bei einem Kongress in Awali.

Zugleich konzentrierten sich „einige wenige Mächtige auf einen entschlossenen Kampf für Partikularinteressen, indem sie überholte Ausdrucksweisen wieder ausgraben und Einflusszonen und einander entgegengesetzte Blöcke neu abstecken.“ Mit Namen nannte der Papst weder Staaten noch einzelne Regierungen.

Franziskus schien damit auch auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und den dort ausgefochtenen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland Bezug zu nehmen. Er ging aber nicht näher darauf ein. Der 85 Jahre alte Argentinier sprach grundsätzlich von einem „kindischen Szenario.“ Die Menschheit spiele „mit Feuer, mit Raketen und Bomben, mit Waffen, die Tränen und Tod verursachen.“

Ziel sei dabei, „die eigenen despotischen, imperialistischen, nationalistischen und populistischen Modelle und Visionen“ durchzusetzen. Bahrains König Hamad bin Issa Al-Chalifa forderte, den Stellvertreterkrieg zwischen den USA und ihren Verbündeten und Russland in der Ukraine zu beenden und ernstzunehmende Verhandlungen zu beginnen.

Der Papst forderte die Vertreter verschiedener Religionen in seiner Rede auf, „ein gutes Beispiel zu geben.“ „Es ist unsere Aufgabe, die ebenso voneinander abhängige wie voneinander getrennte Menschheit zu ermutigen und ihr zu helfen, gemeinsam unterwegs zu sein.“ Das interreligiöse Forum in Bahrain war Hauptpunkt auf der 39. Auslandsreise Franziskus'. In dem Golfstaat ist der Islam Staatsreligion. Ein Papst war dort zuvor noch nie.

Kritik am Gastgeber

Gleich nach der Landung in Bahrain überrascht der Papst die Vertreter des Golfstaats mit reichlich Kritik. Das islamische Königreich will glänzen in der Region - doch Franziskus redet über Schattenseiten.

Zum Auftakt seines Besuchs hatte Franziskus die Achtung von Menschenrechten und gerechte Arbeitsbedingungen gefordert. Das Oberhaupt der katholischen Kirche sprach am Donnerstag gleich zu Beginn einer mehrtägigen Reise Themen an, die in dem Königreich und anderen Staaten am Persischen Golf kritisch sind. Franziskus zitierte dazu aus der Verfassung des Landes, in dem der Islam Staatsreligion ist. Er sprach von Verpflichtungen, „damit es keine Diskriminierung gibt und die grundlegenden Menschenrechte nicht verletzt, sondern gefördert werden.“

Das 1,5-Millionen-Einwohner-Land steht wegen Verletzungen grundsätzlicher Menschenrechte immer wieder in der internationalen Kritik. Deshalb hatten verschiedene Organisationen den Papst aufgefordert, das Thema bei seiner Reise anzusprechen. Mit Blick auf die Todesstrafe, die dort noch immer vollstreckt wird, sagte er nun: „Ich denke insbesondere an das Recht auf Leben, an die Notwendigkeit, es immer zu garantieren - auch im Hinblick auf diejenigen, die bestraft werden und deren Leben nicht beseitigt werden kann.“

Der Argentinier forderte in seiner Rede auch „menschenwürdige Arbeitsbedingungen“ und verurteilte Arbeitsklaverei. In Bahrain wie auch in Katar - beides überaus reiche Staaten - leben zahlreiche Migranten aus Südasien, die dort für wenig Geld arbeiten.

Lesen Sie dazu: „Fußballfest auf den Gräbern tausender Arbeitsmigranten“: Fan-Bündnis fordert DFB zum Boykott der WM in Katar auf

Bahrain möge „ein Leuchtturm“ für bessere Arbeitsbedingungen in der gesamten Region sein, sagte der Pontifex. Mehrere zehntausend Migranten in Bahrain - beispielsweise aus den Philippinen - sind katholisch. Der Vatikan beziffert die Zahl der Katholiken in dem Inselstaat auf etwa 80 000. Wie in anderen Ländern der Region auch sind diese Migranten häufig schweren Misshandlungen ihrer Arbeitgeber ausgesetzt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...

DWN
Politik
Politik Cyberangriff auf Aeroflot: Wie Hacker Russlands Luftverkehr störten
24.12.2025

Ein Cyberangriff brachte die IT-Systeme von Aeroflot binnen Stunden zum Stillstand und zwang den Flugbetrieb in den Notmodus. Welche...

DWN
Politik
Politik Putins neue Gegnerin und ihr Appell an Europa
24.12.2025

Europa ringt mit seiner Haltung gegenüber Russland und der Frage nach Konsequenz und Abschreckung. Wie sollte der Westen mit einem Kreml...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handwerkspräsident: "Demokratie muss nun liefern"
24.12.2025

Die Stimmung im deutschen Handwerk ist angespannt, die Wirtschaft schwächelt seit Jahren. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands...

DWN
Politik
Politik DWN-Jahresrückblick 2025: Schulden, Krieg, KI – und Europas Zerreißprobe
24.12.2025

Schulden in Billionenhöhe, neue Kriegsängste, technologische Abhängigkeiten: 2025 hat Gewissheiten zerlegt, die lange als stabil galten....

DWN
Technologie
Technologie The Good City: Die Stadt der Zukunft ist leise, sauber und elektrisch
24.12.2025

Lärm, Abgase, Platzmangel – urbane Probleme kennt jeder. Doch Renault Trucks zeigt: Die Zukunft der Stadt ist elektrisch, leise und...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple XRP: Zwischen ETF-Fantasie und anhaltendem Kursdruck
24.12.2025

Ripple XRP verliert an Boden, während der Kryptomarkt insgesamt vorsichtiger wird. Technische Schwäche, unterschrittene Schlüsselmarken...

DWN
Technologie
Technologie Exponentielles Wachstum durch KI: Chancen und Grenzen für Wirtschaft und Gesellschaft
24.12.2025

Die künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant und verändert zunehmend Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. Doch kann dieser...