Wirtschaft

Londoner Börse lehnt Verbot russischer Metalle ab

Nach Beratungen mit der Metallindustrie hat sich die LME gegen ein Verbot russischer Industriemetalle entschieden. Führende US-Hersteller sind enttäuscht.
Autor
12.11.2022 17:24
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Londoner Metallbörse (LME) hat sich gegen ein Verbot neuer Lieferungen von russischem Metall entschieden. Mit dieser Entscheidung hat die Börse das drohende Chaos auf den Rohstoffmärkten vorerst abgewandt. Doch für die großen westlichen Aluminiumproduzenten und einige Rohstoffhändler, welche die Börse zu einem Verbot russischer Metalle gedrängt hatten, ist dies eine massive Enttäuschung.

Die LME sagte am Freitag in einer Erklärung, dass die Rückmeldungen aus einer Umfrage in der Metallindustrie zeigten, dass "ein wesentlicher Teil des Marktes immer noch russisches Metall akzeptiert und sich sogar darauf verlässt". Zwar billige sie Russlands Handlungen in der Ukraine nicht, aber sie wolle auch "nicht versuchen, moralische Urteile zu fällen oder sie dem breiteren Markt aufzuerlegen", wie Bloomberg berichtet.

Die Börse leitete vor einem Monat eine formelle Diskussion ein, nachdem der US-amerikanische Aluminiumhersteller Alcoa und andere große Lieferanten gefordert hatten, russisches Metall von der Londoner Metallbörse auszuschließen, da eine wachsende Zahl von Kunden russisches Metall in ihren Verträgen ausdrücklich ausgeschlossen hatte.

Die Metallpreise sind in den letzten Wochen sprunghaft angestiegen. Denn Händler erwarteten mögliche Maßnahmen durch die LME sowie die US-Regierung, die Sanktionen oder Zölle gegen russisches Aluminium in Erwägung gezogen hat. Die Londoner Metallbörse war geschlossen, als die Ankündigung am Freitag veröffentlicht wurde. Aber die US-Börsen waren geöffnet, sodass die Aktien der in den USA börsennotierten Aluminiumhersteller fielen.

Während die USA und Europa weitreichende Sanktionen gegen Russland verhängt haben, sind die an der LME gehandelten Metalle von pauschalen Beschränkungen weitgehend verschont geblieben. Einige Metallverbraucher haben sich aber selbst sanktioniert, indem sie sich von sich aus weigerten, russisches Metall zu kaufen, was zu Erwartungen führte, dass es zu Dumpingpreisen an der Londoner Metallbörse kommen könnte.

Doch die Antworten auf das Diskussionspapier der LME lieferten keine ausreichenden Beweise für diese These. Das russische Bergbauunternehmen Rusal sagte, dass es keine großen Lieferungen an die LME plant, während Verbände, die Tausende von europäischen Unternehmen vertreten, im Oktober warnten, dass ein Verbot oder staatliche Sanktionen oder Zölle eine "unmittelbare und lebenswichtige Bedrohung" für die europäische Aluminiumindustrie darstellen.

Die russischen Lagerbestände in den LME-Lagern könnten in den kommenden Monaten ansteigen, da das verlangsamte globale Wachstum die Nachfrage beeinträchtigt, was aber nicht unbedingt auf einen ungeordneten Markt hindeuten würde, so die LME am Freitag. Die LME plant, die Transparenz in dieser Frage zu erhöhen, indem sie ab Januar einen monatlichen Bericht veröffentlicht, aus dem hervorgeht, wie viel Metall russischen Ursprungs in ihren Lagerhäusern liegt.

Alcoa, der größte US-Produzent, sei "extrem enttäuscht über die Entscheidung der LME, den Status quo einfach beizubehalten", sagte ein Unternehmenssprecher. "Wir sind nach wie vor der Meinung, dass ein erhebliches Risiko besteht, dass unerwünschtes Metall russischer Herkunft in das LME-Lagersystem einfließt und die Zuverlässigkeit des LME-Aluminiumkontrakts gefährdet."

Obwohl der größte Teil des Metalls weltweit verkauft und verwendet wird, ohne jemals in ein LME-Lagerhaus geliefert zu werden, hätte ein mögliches Verbot dennoch weitreichende Auswirkungen auf die physische Metallindustrie haben können. Denn in einigen Verträgen zwischen Produzenten, Händlern und Verbrauchern ist festgelegt, dass das Metall "LME-lieferbar" sein muss. Banken bestehen oft auf dieser Bedingung für Metall, das sie finanzieren. Auch die Händler verlassen sich darauf, dass das Metall an die LME geliefert werden kann, wenn sie LME-Kontrakte zur Absicherung ihrer physischen Bestände verwenden.

Mit ihrer Entscheidung reiht sich die LME in eine ganze Reihe von Unternehmen ein, die bereits erklärt haben, dass sie keine Maßnahmen gegen russisches Metall ergreifen werden, solange es keine staatliche Sanktionen gibt, darunter auch die konkurrierende Börse CME Group in Chicago mit einem wesentlich kleineren Aluminiumkontrakt und Fastmarkets, die Preisbewertungen erstellen.

Von den 42 schriftlichen Antworten, welche die LME aus der Metallindustrie erhalten hat, stammte weniger als ein Viertel von Metallverbrauchern, wobei Händler, Banken und Produzenten die größten Gruppen darstellten. Von denjenigen, die sich für eine Option aussprachen, empfahlen 22, keine Maßnahmen zu ergreifen, während 17 ein Verbot russischen Metalls empfahlen.

Die LME-Entscheidung wurde am Ende eines starken Tages für Industriemetalle bekannt gegeben: Kupfer stieg am Freitag auf den höchsten Stand seit Juni, während Aluminium mit 5,9 Prozent den größten Tagesanstieg seit 2009 verzeichnete. Hintergrund ist, dass der Dollar nachgab und die geringer als erwartet ausgefallenen US-Inflation am Donnerstag die Wahrscheinlichkeit erhöhten, dass die US-Notenbank die Zinserhöhungen verlangsamt.

Nach der Ankündigung der Londoner Metallbörse gaben die Aktien von Alcoa, dem größten US-Aluminiumhersteller, einen zuvor erzielten Anstieg um 16 Prozent wieder ab und notierten im Tagesverlauf nur noch 8,7 Prozent höher, während die Aktien von Century Aluminum 19 Prozent höher notierten, nachdem sie zuvor um bis zu 29 Prozent gestiegen waren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Schnappen Sie sich den COME Mining Cloud-Mining-Vertrag und starten Sie Ihre Mining-Reise ganz einfach mit einem stabilen Tageseinkommen von über 7.000 $

Bei unseren Recherchen zum Bitcoin-Mining stellten wir fest, dass das traditionelle Mining-Modell für die meisten Nutzer ungeeignet ist....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rheinmetall-Aktie und Estland: Der Wandel der Rüstungsindustrie in den baltischen Staaten
14.10.2025

Die baltischen Staaten investieren verstärkt in ihre Verteidigungsindustrie. Estland setzt dabei auf neue Unternehmen für seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft IWF-Prognose 2026: Deutsche Wirtschaft schwächer als erwartet
14.10.2025

Der Internationale Währungsfonds rechnet für 2026 mit moderatem Wachstum in Deutschland. Während Berlin auf 1,3 Prozent setzt, bleibt...

DWN
Finanzen
Finanzen Biontech-Aktie: Curevac-Übernahme, Afrika-Expansion und Durchbruch in der Krebstherapie
14.10.2025

Biontech steht vor entscheidenden Weichenstellungen: Die genehmigte Curevac-Übernahme, der Durchbruch in der Krebsforschung und der Ausbau...

DWN
Technologie
Technologie Ladesäulen-Schutz: Neue Technik gegen Kabeldiebstahl und Vandalismus
14.10.2025

Sabotage und Kabeldiebstähle legen E-Auto-Ladestationen lahm und verursachen Millionenverlust. Betreiber kämpfen mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC-Studie zur Schifffahrt: Reeder bleiben optimistisch trotz Zöllen und Flaute
14.10.2025

Zölle, schwache Nachfrage, geopolitische Spannungen – und doch brummt das Geschäft auf See. Während andere Branchen unter der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Workation-Trend 2026: Wer jetzt nicht plant, verliert seine besten Mitarbeiter
14.10.2025

Der globale Workation-Trend erreicht 2026 einen neuen Höhepunkt. Unternehmen investieren gezielt in Reisen, die Arbeit, Lernen und...

DWN
Politik
Politik Handelsstreit USA-China: China reagiert auf Trumps neue Zolldrohungen
14.10.2025

China setzt im Handelsstreit mit den USA auf maximale Härte. Peking kündigt an, den Konflikt bis zum Ende auszutragen, reagiert auf...

DWN
Politik
Politik Trump zieht die Zügel an: Steht Serbien vor einer Ölkrise?
14.10.2025

Die USA setzen Serbiens Ölindustrie unter Druck: Zahlungen mit Karten werden gestoppt, Lieferungen blockiert. Präsident Vučić warnt vor...