Wirtschaft

Pakistan steigt zum Großkunden für russische Energie auf

Pakistan springt in die sich auftuende Lücke auf dem Weltmarkt und kauft in großem Umfang Energieprodukte aus Russland.
11.12.2022 09:00
Lesezeit: 2 min

Pakistan hat mit Russland mehrere Lieferverträge zum Import von Energieprodukten abgeschlossen. Medienberichten zufolge wird das südasiatische Land demnach sowohl Rohöl als auch Dieseltreibstoff und Benzin aus Russland beziehen.

Wie das pakistanische Energieministerium am Montag bei einer Pressekonferenz in Islamabad bekanntgab, werde das Öl zu „günstigen Konditionen“ bezogen, ein konkreter Preis nannte Pakistans Staatsminister für Erdöl, Musadik Malik, jedoch nicht.

Der Umstand ist interessant, weil die EU-Staaten, die im G7-Format versammelten Länder sowie Australien am Montag ihre Obergrenze für russische Öllieferungen auf See aktivierten. Alle in diesen Ländern sitzenden Handelsgesellschaften, Versicherungen und Logistikbetriebe dürfen demnach keine Transporte russischen Öls auf See mehr ermöglichen, welche einen Preis von 60 US-Dollar je Barrel (Faß zu 159 Litern) aufweisen. Indem Russland inzwischen eine eigene Flotte an Frachtern aufgebaut hat, kann es aber auf eine eigene Transport-Infrastruktur zurückgreifen. Zudem beteiligen sich wichtige Länder wie China und Indien nicht an dem Preisdeckel.

Auch Flüssigerdgas (LNG) plane man künftig aus Russland zu beziehen, sagte der pakistanische Staatsminister. Der Entscheidung waren Gespräche zwischen den beiden Ländern in Moskau vergangene Woche vorausgegangen. Im Januar soll es zur Unterzeichnung der Lieferverträge kommen.

Erst kürzlich hatte der pakistanische Premierminister Shehbaz Sharif angekündigt, neue Möglichkeiten zu finden, um den Energiebedarf seines Landes zu decken. Bisher bezieht Pakistan Erdöl hauptsächlich aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien und Kuwait und Flüssigerdgas aus Katar. Gasknappheit und hohe Ölpreise kurbelten in der jüngsten Vergangenheit die Inflation in dem Land massiv an.

Im Krisenmodus

Die seit Jahren schwelende Finanzkrise in Pakistan hatte auch die Energieversorgung zuletzt merklich verschlechtert. Die Regierung versucht, mit geplanten Abschaltungen und Nutzungszeitfenstern eine Eskalation der Energie-Krise zu verhindern.

Ein großes Problem stellt der Anstieg der Energiepreise nach dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine und die Verhängung von Sanktionen durch den Westen dar. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, sind die Devisenreserven des Landes auf rund 7,5 Milliarden Dollar zusammengeschmolzen und reichen theoretisch nur noch einen Monat für Energieimporte.

Die Abwendung westlicher Staaten von russischen Energieträgern infolge des Krieges hatte die Nachfrage nach Öl und Gas aus anderen Weltregionen massiv erhöht und die Preise in die Höhe getrieben. Länder wie Pakistan können sich diese aber nicht mehr leisten, weshalb die Option, vergünstigtes russisches Öl zu kaufen, von Islamabad gezogen wird.

Der Bezug großer Mengen russischer Energieprodukte durch Pakistan reiht sich in Bestrebungen anderer Staaten ein, die infolge des Rückzugs westlicher Länder vom russischen Markt entstandene Lücke auf dem Weltmarkt zu nutzen.

So haben sowohl China als auch Indien ihre Importe in den vergangenen Monaten deutlich erhöht. Beide Länder kommen darüber hinaus wie auch Pakistan in den Genuss vergünstigter Preise. Die Russen versuchen ihrerseits, mit der Hinwendung nach Asien, Afrika und Südamerika die verlorenen Marktanteile im Westen wettzumachen.

Der Kauf großer Mengen von Treibstoffen ist auch vor dem Hintergrund interessant, dass zahlreiche Analysten vor einer drohenden Knappheit auf dem weltweiten Dieselmarkt warnen.

Keine konkreten Ergebnisse zu Pakistan Stream

Bezüglich des geplanten Pipeline-Projekts „Pakistan Stream“ wurden keine konkreten Schritte bekanntgegeben. Das Projekt wurde 2015 von Pakistan und Russland lanciert und soll verflüssigtes Erdgas von der pakistanischen Hafenstadt Karatschi ins nördliche Lahore bringen.

Im Jahr 2021 verständigten sich beide Seiten auf ein Dach-Abkommen, das den Bau einer 1.100 Kilometer langen Pipeline, die zu 74 Prozent von pakistanischen Firmen und zu 26 Prozent von russischen Partnern finanziert werden sollte, berichtete der Pakistan Standard damals. Die Gesamtkosten des Projekts, welches auf 25 bis 30 Jahre angelegt ist, sollen den Planungen zufolge zweieinhalb bis drei Milliarden US-Dollar betragen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Rutte warnt in Berlin: Russland sieht Europa als nächstes Ziel
11.12.2025

Bundeskanzler Merz und Nato-Generalsekretär Rutte haben in Berlin Alarm geschlagen. Russland ziele nicht nur auf die Ukraine, sondern...

DWN
Finanzen
Finanzen Münchener Rück-Aktie: Neue Strategie setzt deutliche Gewinneffekte frei
11.12.2025

Die Münchener Rück-Aktie gewinnt an Tempo – und das aus gutem Grund. Die neue Strategie Ambition 2030 verspricht höhere Gewinne,...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putin und Trump spielen im selben Team gegen Europa
11.12.2025

Putin und Trump sprechen plötzlich dieselbe Sprache. Europas Zukunft steht auf dem Spiel, während Washington und Moskau ein gemeinsames...

DWN
Technologie
Technologie Halbleiter-Förderung: Dresden und Erfurt erhalten grünes Licht
11.12.2025

Europa hängt bei Chips weiter an Asien – nun greift die EU zu einem Milliardenhebel. Deutschland darf zwei neue Werke in Dresden und...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB erhöht Druck: Vereinfachte Regeln für Europas Banken
11.12.2025

Die EZB drängt auf einfachere EU-Bankenvorschriften und will kleinere Institute entlasten. Doch wie weit darf eine Reform gehen, ohne...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Institut korrigiert Wirtschaftsprognose: Deutschlands Aufschwung bleibt schwach
11.12.2025

Die neue Wirtschaftsprognose des Ifo-Instituts dämpft Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung. Trotz Milliardeninvestitionen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimarisiken: Unternehmen gefährden ihre Umsätze durch schwaches Risikomanagement
11.12.2025

Unternehmen geraten weltweit unter Druck, ihre Klimarisiken präziser zu bewerten und belastbare Strategien für den Übergang in eine...

DWN
Politik
Politik Trump warnt die Ukraine und verspottet Europa. „Am Ende gewinnt der Stärkere“
11.12.2025

US-Präsident Donald Trump erhöht den Druck auf die Ukraine und attackiert gleichzeitig europäische Staatschefs. Seine Aussagen im...