Politik

China rechnet mit Merkel ab: Verrat in der Ukraine

Nach Merkels Eingeständnis zur Politik in der Ukraine rechnet China mit ihr und dem Westen insgesamt ab. Wiederholte Vertragsbrüche hätten das Vertrauen zerstört.
Autor
14.12.2022 14:00
Lesezeit: 2 min
China rechnet mit Merkel ab: Verrat in der Ukraine
Der russische Präsident Wladimir Putin (l-r), Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Francois Hollande und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko stehen am 11.02.2015 zusammen während eines Treffens zur Ukraine-Krise im sogenannten Normandie-Format in Minsk. (Foto: dpa) Foto: Tatyana Zenkovich / Pool

In der vergangenen Woche hat die "Zeit" ein Interview mit Angela Merkel veröffentlicht, in dem sich die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin auch zum Minsker Waffenstillstandsabkommen in den Jahren 2014 und 2015 äußerte, bei denen Deutschland und Frankreich zwischen der Ukraine und den prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine vermittelten.

Merkel räumt in dem Interview ein, dass das Minsker Abkommen lediglich ein Versuch war, der Ukraine mehr Zeit zum Aufbau ihrer Verteidigung zu geben. Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte daraufhin, Merkels Äußerungen seien "völlig unerwartet und enttäuschend". Der Westen habe ihn verraten. "Es hat sich herausgestellt, dass niemand die Vereinbarungen umsetzen wollte", so der russische Staatschef.

Nun hat auch die chinesische Staatspresse Merkels jüngstes Eingeständnis zu ihrer Ukraine-Politik aufgegriffen. Die Global Times, das englischsprachige Sprachrohr der Kommunistischen Partei Chinas, veröffentlichte am Montag einen Artikel mit dem Titel: "Die wahren Absichten hinter den Minsker Vereinbarungen zerstören die Glaubwürdigkeit des Westens weiter".

In dem Artikel heißt es, der Westen habe Russland "nie wirklich als Dialogpartner betrachtet". Merkel habe nun zugegeben, dass die Minsker Vereinbarungen nur ein Notbehelf waren, um der Ukraine und dem Westen Zeit zu verschaffen, "und die westlichen Länder haben sich nie wirklich um eine Lösung der Differenzen mit Russland in der Ukraine-Krise bemüht".

Merkels Äußerungen "reißen den letzten Rest der 'freundlichen' Maske nieder, die einige westliche Länder gegenüber Russland aufgesetzt haben", so die Global Times. Unter dem Einfluss der USA würden einige Länder Moskau zudem als Bedrohung betrachten, "wegen seiner enormen Militärmacht und seines politischen Systems, das nicht dem 'westlichen Standard' entspricht".

Daher hätten sie seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nie aufgehört, Russland zu unterdrücken. Auf der anderen Seite habe sich Russland immer als ein europäisches Land betrachtet und sich darum bemüht, Vertrauen zum Westen aufzubauen. "Daher ist es verständlich, wenn Putin seine Enttäuschung und das Gefühl des Verrats über Merkels Worte zum Ausdruck brachte", so die Global Times.

Vertrauen scheint endgültig zerstört

"Nach Ansicht einiger Experten hat die Heuchelei des Westens Moskaus Willen zu einem effektiven Dialog mit dem Westen erschöpft", heißt es weiter. Auch Putin hatte am Freitag gesagt, dass das Vertrauen "bereits nahe Null" sei. Merkels Eingeständnis zu den Minsker Vereinbarungen zeigt laut Global Times, dass einige westliche Länder, insbesondere die USA, vertragliche Verpflichtungen überhaupt nicht einhalten. "Sie können ihr Wort so leicht zurücknehmen."

Ein Abkommen werde von den USA als nützlich erachtet, solange es die eigenen Interessen fördere. Andernfalls sei Washington stets bereit, es zu brechen. Ein Beispiel dafür sei der Ausstieg der USA aus dem Vertrag über die Bekämpfung ballistischer Raketen und aus dem Vertrag über nukleare Mittelstreckenwaffen. Washington messe auch mit zweierlei Maß, um die Interessen seiner Verbündeten bei der Umsetzung des Abkommens voranzubringen.

Laut Global Times wagen es die USA und andere westliche Länder, ihre Versprechen zu brechen, "weil sie von der westlichen Hegemonie mit den USA im Zentrum geschützt werden". Sie würden weiterhin sogenannten Werte als Vorwand nutzen, um ihre Hegemonie zu verteidigen und andere mithilfe internationaler Regeln und Ordnungen zu schikanieren. Solange diese Vorherrschaft bestehe, sei die Welt ein Opfer von Machtpolitik und kein Ort der Gerechtigkeit und Fairness.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Schmuck aus Holz und Stein: Holzkern – wie Naturmaterialien zum einzigartigen Erfolgsmodell werden
07.11.2025

Das Startup Holzkern aus Österreich vereint Design, Naturmaterialien und cleveres Marketing zu einem einzigartigen Erfolgsmodell. Gründer...

DWN
Finanzen
Finanzen Wall Street: Wie die Märkte alle Warnsignale ignorieren
07.11.2025

Die Wall Street kennt derzeit nur eine Richtung – nach oben. Während geopolitische Krisen, Schuldenstreit und Konjunkturrisiken...

DWN
Politik
Politik Donald Trump: Warum die Wahlsiege der Demokraten kein Wendepunkt sind
07.11.2025

Vier Wahlsiege der Demokraten in Folge, und doch kein politisches Erdbeben: Donald Trump bleibt erstaunlich unerschüttert. Während die...

DWN
Politik
Politik Pistorius will mehr Mut und neue Führungskultur in der Bundeswehr
07.11.2025

Angesichts russischer Bedrohungen und interner Bürokratie fordert Verteidigungsminister Boris Pistorius tiefgreifende Reformen in der...

DWN
Panorama
Panorama Mehr Mobbing in Schule, Beruf und Netz – Studie warnt vor zunehmender Schikane
07.11.2025

Mobbing ist längst kein Problem von gestern: Eine aktuelle Studie zeigt, dass immer mehr Menschen sowohl am Arbeitsplatz als auch online...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rheinmetall startet Satellitenproduktion – Rüstung geht jetzt ins All
07.11.2025

Rheinmetall, bisher vor allem bekannt für Panzer, Haubitzen und Drohnen, wagt den Schritt ins Weltall. Der deutsche Rüstungskonzern hat...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Sichtbar mit KI: Wie KMU auf ChatGPT und Gemini gefunden werden
07.11.2025

Nach der Einführung von Googles KI-Übersicht ist der Website-Traffic im Schnitt um sieben Prozent gesunken. Klassisches SEO verliert an...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Teure Naschzeit: Preise für Schoko-Weihnachtsmänner steigen deutlich
07.11.2025

Süße Klassiker wie Schoko-Weihnachtsmänner, Dominosteine und Lebkuchen gehören für viele zur Adventszeit dazu – doch in diesem Jahr...