Wirtschaft

Konkurrenten oder Partner? USA importieren mehr Güter aus China als je zuvor

Die wirtschaftlichen Daten sprechen eine andere Sprache als die Kriegsrhetorik. Nie zuvor haben die USA so viele Güter aus China importiert wie in diesem Jahr.
Autor
03.12.2022 16:58
Aktualisiert: 03.12.2022 16:58
Lesezeit: 2 min

Wenn sich der Trend der letzten Monaten fortsetzt, werden die USA im laufenden Jahr mehr Waren aus China importieren als jemals zuvor. Zwar ist es immer noch Zeit, dass sich dieser Trend ändert, insbesondere angesichts der jüngsten Covid-Lockdowns in China. Aber was bereits in den Büchern steht, ist eindeutig. In den ersten neun Monaten des Jahres haben die USA Waren im Wert von 418 Milliarden Dollar aus China importiert, das sind 23,7 Milliarden Dollar mehr als im gleichen Zeitraum des Jahres 2018, dem derzeitigen Rekordhalter.

Dieser Rekord im bilateralen zwischen China und den USA ist durchaus bemerkenswert. Denn in den sechs Jahren seit dem Handelsangriff auf China unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump thematisierten Politik und Medien vor allem die sich vollziehende Entkopplung der beiden größten Volkswirtschaften der Welt. Dem vorherrschende Narrativ zufolge stehen wir vor dem Ende der Ära der Hyperglobalisierung und die Welt ist damit beschäftigt, sich um die geopolitischen Pole Washington und Peking herum neu zu organisieren.

Sicherlich durchlaufen die diplomatischen und handelspolitischen Beziehungen zwischen den USA und China derzeit eine heikle Phase. Doch trotz allen Geredes über eine Verlagerung von Lieferketten und Fabriken weg von China ist der Wert der von den USA gekauften chinesischen Waren höher als je zuvor. Und der Wert der US-Exporte nach China steht ebenfalls auf einem Rekordniveau. In den ersten neun Monaten des Jahres lieferten US-Unternehmen Waren im Wert von 108,8 Milliarden Dollar nach China. Im bisherigen Rekordjahr 2021 waren es im gleichen Zeitraum nur 105,6 Milliarden Dollar.

Dieser Anstieg der US-Importe erfolgte trotz der von Trump auf den Weg gebrachten Zölle, mit denen die Wirtschaftsbeziehungen neu geordnet werden sollten, und ohne erkennbare Auswirkungen auf die Beschäftigung in den USA. All dies steht im Widerspruch zu den Argumenten, die Protektionisten seit Jahren vorbringen. Ausgehend von den November-Arbeitsmarktzahlen haben die USA im Jahr 2022 trotz all dieser chinesischen Importe satte 379.000 neue Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe geschaffen, berichtet Bloomberg.

Die Handelsbeziehungen mit China sind also weiterhin die mit Abstand wichtigsten für die USA. Die Einfuhren aus China machten bis September dieses Jahres 17 Prozent der gesamten US-Importe aus. Kein anderes Land kommt dem nahe, obwohl Kanada und Mexiko zusammen einen größeren Anteil am gesamten US-Handel ausmachen. Für die USA ist dieser Umstand ein wichtiger Faktor - und eine große außenpolitische Komplikation, da China als ihr wichtigster wirtschaftlicher und geopolitischer Rivale gilt.

Sicherlich hat die Inflation, die auch in den USA auf einem 40-Jahres-Hoch liegt, die Preise der importierten Güter in die Höhe getrieben. Und dies ist der entscheidende Grund, warum die US-Importe aus China auf ein Rekordhoch gestiegen sind. Dies zeigt sich etwa daran, dass die US-Einfuhren aus China noch im Jahr 2018 einen deutlich höheren Anteil an den gesamten US-Einfuhren hatten, nämlich 21 Prozent statt derzeit 17 Prozent. Doch es bleibt eine Tatsache, dass China der wichtigste Handelspartner der USA bleibt. Narrative sollten stets an den harten Daten geprüft werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Open Source: Warum Gemeinschaftsprojekte die Basis für Innovation bilden

Was einst als Nischenphänomen engagierter Entwickler begann, ist heute ein globales Innovationsökosystem, das von Freiwilligen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis fällt stark: Erinnerungen an 2011: „Kaufen und halten“ funktioniert nicht
23.10.2025

Ein Kurssturz beendet die Rekordrally des Edelmetalls und erinnert Anleger an bittere Verluste vor 13 Jahren.

DWN
Finanzen
Finanzen Gold im Portfolio: Experten diskutieren 15 bis 30 Prozent Anteil
23.10.2025

Gold ist wieder im Fokus der Investoren, doch viele halten bisher nur geringe Mengen. Eine Analyse historischer Daten zeigt, dass ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gewinneinbruch bei Kühne+Nagel: bis zu 1.500 Stellen weg
23.10.2025

Handelskrieg, hohe Zölle und der starke Franken setzen Kühne+Nagel zu: Der Umsatz bricht um sieben Prozent ein – und jetzt droht vielen...

DWN
Politik
Politik Steuerschätzung: Steuereinnahmen höher als erwartet - trotz Wirtschaftskrise
23.10.2025

Der Staat schwimmt im Geld: Bund, Länder und Kommunen können laut Steuerschätzung in den kommenden Jahren mit 33,6 Milliarden Euro mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Rally: Warum die Euphorie trügerisch sein könnte
23.10.2025

Der Bitcoin zieht wieder an, doch die Stimmung schwankt zwischen Euphorie und Panik. Während Anleger von neuen Rekorden träumen, warnen...

DWN
Immobilien
Immobilien Betongold in der Krise: Immobilienmarkt zwischen Zinsschock, Baukrise und Inflation
23.10.2025

„Jeder Mensch bezahlt im Laufe seines Lebens mindestens eine Immobilie. Und meistens ist es nicht die eigene.“ Dieser Spruch kursiert...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley in Bewegung: Amazon Web Services verliert Priorität bei Startups
23.10.2025

Das Silicon Valley steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Start-ups verschieben ihre Prioritäten und verändern die Nutzung klassischer...

DWN
Politik
Politik Reaktion auf den Ukraine-Krieg: US-Regierung verhängt Sanktionen gegen russische Öl-Firmen
23.10.2025

Trump drängt schon länger auf ein Ende des Ukraine-Kriegs, schwankt aber bei seinen Bemühungen darum. Nun verkünden die USA neue...