Politik

Bund plant Rekord-Schuldenaufnahme für kommendes Jahr

Lesezeit: 2 min
14.12.2022 12:00  Aktualisiert: 14.12.2022 12:51
Die Energie-Krise und mit ihr die Neuschuldenaufnahme des Bundes läuft aus dem Ruder: im kommenden Jahr soll ein Rekordvolumen von Investoren aufgenommen werden.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  

Der Bund muss sich im kommenden Jahr wegen der hohen Kosten für die Energie- und Coronakrise die Rekordsumme von mehr als einer halben Billion Euro von Investoren leihen. Geplant sei die Emission von Bundeswertpapieren in Höhe von 539 Milliarden Euro, wie die für das Schuldenmanagement zuständige Finanzagentur am Mittwoch mitteilte.

Zum Vergleich: Im zu Ende gehenden Jahr mussten Papiere im Volumen von 449 Milliarden Euro am Finanzmarkt platziert werden, 2020 wurde das bisherige Rekordvolumen von 483 Milliarden Euro erreicht. "Der Bund-Markt ist liquide und aufnahmefähig", sagte Finanzagentur-Chef Tammo Diemer. "Insofern gehen wir auch davon aus, dass dieses Volumen gut platziert werden wird von uns."

Die Experten der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) sprachen von einem Paukenschlag. "Es war zwar klar, dass der Finanzbedarf des Bundes angesichts der gewaltigen Ausgaben zur Abfederung der Energiekrise auf Rekordkurs gehen würde", sagte Analyst Elmar Völker. "Ein Aufschlag von rund 20 Prozent gegenüber 2022 bei den Gesamtemissionen ist indes beachtlich."

Das Geld dient dazu, das erwartete Defizit im Haushalt von Bundesfinanzminister Christian Lindner zu stopfen. Die Ausgaben sollen auch im kommenden Jahr die Einnahmen übersteigen - nicht zuletzt wegen der Gas- und Strompreisbremse. Hinzu kommt, dass der Bund im kommenden Jahr Bundeswertpapiere im Wert von mehr als 325 Milliarden Euro an die Investoren zurückzahlen muss. Dafür wird eine Refinanzierung benötigt.

Lesen Sie dazu: Kosten für Uniper-Rettung laufen aus dem Ruder

Die Flut an neuen Bundesanleihen könnte LBBW-Experte Elmar Völker zufolge die Renditen der Papiere mit längerer Laufzeit zusätzlich nach oben treiben, "da die Anleger für die Aufnahme des zusätzlichen Angebots eine Kompensation verlangen". Dies gelte umso mehr, als die Europäische Zentralbank (EZB) im kommenden Jahr ihre Beständen auch an deutschen Anleihen abbauen dürfte. Finanzagentur-Chef Diemer geht aber von einer guten Nachfrage durch Investoren aus, die von den gestiegenen Zinsen angelockt würden. Versicherungen und Vermögensverwalter hätten sich wegen des lange anhaltenden Niedrigzinsumfeldes zurückgezogen, würden sich jetzt aber wieder engagieren.

Ausgebaut werden soll im nächsten Jahr der Bereich der grünen Bundesanleihen, die der Finanzierung angeblich umweltfreundlicher Ausgaben dienen. Das damit erlöste Geld soll zwischen 15 und 17 Milliarden Euro betragen. Der Bund hatte 2020 mit der Emission grüner Anleihen begonnen. Mittlerweile sei er im Bereich grüner Euro-Papiere die Nummer zwei hinter Frankreich und noch vor der EU, sagte Diemer.

Die Finanzagentur will zudem noch im laufenden Dezember mit einer Zusatzemission aktiv werden, um den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bereits in diesem Jahr mit einem Finanzierungsvolumen von insgesamt 200 Milliarden Euro auszustatten. Dieser finanziert den sogenannten "Doppel-Wumms" der Regierung, mit denen die Maßnahmen zur Abfederung der Folgen der Energiekrise gestemmt werden. Die Zusatzemission wird nicht am Markt verkauft, sondern soll als liquides Mittel direkt in den Bestand des WSF übergehen. In den Folgejahren 2023 und 2024 werden die tatsächlichen Ausgaben durch Emissionen des Bundes im Rahmen des regulären Emissionskalenders am Markt finanziert, sagte Diemer. Die dem WSF in diesem Jahr zugeführten Bundeswertpapiere würden dann entsprechend zurückgeführt.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...