Unternehmen

Verband: „Staatliche Kampagnen gegen tierische Lebensmittel sind unangebracht“

Die Ernährungsstrategie des Bundes sieht sich massiver Kritik ausgesetzt. Verbände und Verbraucherschützer laufen Sturm gegen die Ideen von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir.
28.12.2022 17:06
Aktualisiert: 28.12.2022 17:06
Lesezeit: 2 min

Am 21. Dezember wurde im Bundeskabinett eine Ernährungsstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft beschlossen, die es in sich hat. Das Eckpunktepapier sieht eine intensivere Förderung saisonal und regional erzeugter Produkte vor. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir freute sich in einem Interview nach der Sitzung über die Rückendeckung des Kabinetts. Verbände und Verbraucherschützer nehmen die Strategie und das Papier hingegen unter Beschuss.

Papier sieht Transformation des Ernährungssystems vor

Kernpunkt des Papiers sind laut Özdemir die DGE-Qualitätsstandards. Die Standards der Qualitätsstandards der deutschen Gesellschaft für Ernährung sollen bis 2030 verbindlich bundesweit umgesetzt werden. Ein wichtiger Blick soll dabei auf die Ernährung von Kindern und Jugendlichen in Außer-Haus-Einrichtungen und der Verpflegung in Kantinen von Pflegeeinrichtungen gelegt werden. Kindern und Jugendlichen soll hierbei unabhängig von der finanziellen Situation der Eltern eine hochwertige und ausgewogene Ernährung ermöglicht werden. Die Corona-Pandemie habe Özdemir zufolge das Problem der mangelnden Bewegung in allen Altersgruppen gefördert.

Das Papier sieht eine Transformation des gesamten Ernährungssystems hin zu einer pflanzenbetonten Ernährungsweise vor. Dies sei laut Vorlage die wichtigste Stellschraube im Ernährungsbereich um die nationale, internationale Klima- Biodiversität- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Ein weiterer entscheidender Punkt soll dem Papier zufolge sein, den ökologischen Landbau in Deutschland bis 2030 auf 30 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche zu vergrößern.

Kontrolliert werden sollen die Vorgaben durch ein Ernährungsmonitoring. Ein weiterer wichtiger Punkt in der Vorgabe ist die Unterstützung des Verkaufs von ökologisch, saisonal und regional produzierten Lebensmitteln. Zudem möchte man Lebensmittelabfälle in Deutschland bis 2030 zu 50 Prozent in jedem Sektor der Lebensmittelversorgungskette senken. Weiterhin hat man das Ziel die Reduzierung des Konsums tierischer Lebensmittel auf ein nachhaltiges und gesundheitsförderndes Maß populärer zu machen. Die gesamte Ernährungsstrategie soll bis Ende 2023 feststehen.

Bauernverband wittert Diskriminierung bestimmter Lebensmittel

Der Lebensmittelverband Deutschland begrüßt das Vorhaben der Regierung, wie Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff gegenüber der Lebensmittelzeitung erklärt: „Wir sind davon überzeugt, dass schon heute eine gute und ausgewogene Ernährung für alle in Deutschland lebenden Menschen grundsätzlich möglich ist. Unbestritten ist aber, dass es auch Fehl- und Mangelernährung gibt, deren multikausale Ursachen bekämpft werden müssen. Die einseitige Förderung eines vorgegebenen Ernährungsstils durch den Staat lehnen wir jedoch ab."

Starke Kritik kommt vom Deutschen Bauernverband. Der stellvertretende Generalsekretär Udo Hemmerling wittert eine Diskriminierung einzelner Lebensmittel: „Eine Diskriminierung bestimmter Lebensmittel ist abzulehnen. Bereits heute besteht die Ernährung der Deutschen zu etwa 70 Prozent aus pflanzlichen Lebensmitteln. Staatliche Kampagnen gegen tierische Lebensmittel sind unangebracht.“

Foodwatch sieht Özdemirs Strategie als PR-Gag

Das deutsche Tiefkühlinstitut findet es wichtig, dass das bereits bestehende Angebot an pflanzlichen Rohstoffen erweitert wird. Gleichzeitig machte dti-Geschäftsführerin Sabine Eichner auch klar, dass eine Ernährungsstrategie, die eine breite Akzeptanz finden soll, nicht pauschal bestimmte Lebensmittel oder Lebensmittelgruppen ausschließen dürfe. Dazu würde es laut Eichner jedoch kommen, wenn die Richtline „nur noch regional“ heiße.

Auch aus dem Verbraucherschutz kommen kritische Töne an Özdemirs Idee. In den Augen der Verbraucherorganisation Foodwatch enthalte die Strategie nicht viel Neues und eine Menge leerer Worte, wie Geschäftsführer Chris Methmann betont, dass Özdemirs Vorgabe die DGE-Qualitätsstandards für Gemeinschaftsverpflegung verpflichtend zu machen ein PR-Gag sei, da die Abstimmung mit allen Bundesländern bis 2030 dauern könne. Genauso wie die Vorständin der Verbraucherzentrale (Vzbv), Ramona Pop, regt Methmann eine Streichung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse an. Als Gegenzug sollen nach den Vorstellungen von Methmann und Pop, Hersteller von überzuckerten Getränken eine Abgabe zahlen.

 

 

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs vor dem Jahresende: KI-Blase oder Rally?
01.12.2025

Auf Jahressicht glänzt der DAX-Kurs mit einem kräftigem Plus – doch unter der Oberfläche wächst die Nervosität. Zum Auftakt der...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen: Wie laufen die Gespräche über ein Kriegsende in der Ukraine?
01.12.2025

Erstmals seit Kriegsbeginn sitzen westliche und russische Vertreter offiziell über einem Plan zum Kriegsende in der Ukraine. Nach heftiger...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zum Wochenstart ab: Liquidationswelle bringt Kryptowährungen unter massiven Druck
01.12.2025

Der Bitcoin-Kurs startet tiefrot in den Dezember: Ein Wochenend-Schock hat den Markt binnen Stunden umgekrempelt. Liquidationen rollen auf...

DWN
Politik
Politik Heuchelei als Strategie: Warum ausgerechnet Trumps Freunde den größten Beitrag zu Russlands Kriegskasse leisten
01.12.2025

Donald Trump wirft Europa vor, Putins Krieg gegen die Ukraine mitzufinanzieren. Doch die Fakten zeigen etwas anderes: Nicht Brüssel oder...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutschland setzt auf Wasserstoff – Länder planen gemeinsames Versorgungsnetz
01.12.2025

Die ostdeutschen Bundesländer wollen gemeinsam ein Wasserstoff-Verteilnetz aufbauen, um Kommunen, Industrie und Gewerbe besser mit...

DWN
Finanzen
Finanzen Neue Studie: Grüne Fonds unterscheiden sich nur minimal von traditionellen Produkten
01.12.2025

Viele Anleger erwarten, dass nachhaltige Fonds klare Alternativen zu traditionellen Produkten bieten und Kapital in verantwortungsvollere...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose: Experten sehen weiterhin Potenzial am Markt
30.11.2025

Die Entwicklung am Goldmarkt sorgt derzeit für besondere Aufmerksamkeit, da viele Anleger Orientierung in einem zunehmend unsicheren...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Start-ups: Talente ziehen lieber in die USA statt nach Europa
30.11.2025

Immer mehr europäische Start-ups verlagern ihre Aktivitäten in die USA, um dort leichter an Risikokapital zu gelangen. Kann Europa durch...