Finanzen

Deutsche Staatsanleihen verzeichnen historischen Wertverlust

Die steigende Inflation hat den europäischen Anleihemarkt im Jahr 2022 stark verunsichert. Besitzer deutscher Bundesanleihen verzeichnen historische Verluste.
Autor
31.12.2022 15:41
Aktualisiert: 31.12.2022 15:41
Lesezeit: 2 min
Deutsche Staatsanleihen verzeichnen historischen Wertverlust
Die Zinsschritte der EZB um insgesamt 2,5 Prozentpunkte haben 2022 auch die Renditen deutscher Bundesanleihen nach oben getrieben. (Foto: dpa) Foto: Arne Dedert

Für die meisten europäischen Anleihenhändler war das zu Ende gehende Jahr 2022 äußerst verlustreich. Die Renditen zehnjähriger deutscher Bundesanleihen verzeichneten ihren bisher größten Jahresanstieg und somit ihren bisher größten Wertverlust innerhalb eines Jahres. Das gleiche gilt auch für zehnjährige britische Gilts.

Denn Strategien, die in den letzten zehn Jahren gut funktioniert hatten, scheiterten vor dem Hintergrund einer galoppierenden Inflation und den damit einhergehenden massiven Unsicherheiten im Hinblick auf die möglichen Reaktionen von Politik und Zentralbanken. Die Märkte wurden von dieser Entwicklung hin und her gerissen, wie Bloomberg berichtet.

Die implizite Volatilität der Zinssätze in der Eurozone übertraf sogar die der USA, was es während der gesamten Ära der Negativzinsen und der quantitativen Lockerung in Europa nicht gegeben hatte. Für Händler kam hinzu, dass die Handelskosten an den Märkten für europäische Staatsanleihen dieses Jahr massiv in die Höhe schnellten.

Die Umwälzungen am europäischen Anleihemarkt dauern an. Denn die Inflation ist weiterhin deutlich erhöht, und es wird erwartet, dass die Europäische Zentralbank und die Bank of England die Zinssätze weiter anheben werden, zusätzlich zu den 250 beziehungsweise 325 Basispunkten, die sie in diesem Jahr bereits gestrafft haben.

Bis vor kurzem waren die Kursschwankungen an den Anleihemärkten der Eurozone aufgrund der Quantitativen Lockerung durch die EZB und der Zinssätze unter Null sehr gering. Dass die Volatilität dieses Jahr stark anstieg, liegt zum Teil an der Ungewissheit im Hinblick auf die Entwicklung der Zinssätze. Die Inflation wird größtenteils von den Energiepreisen bestimmt, was eine Vorhersage erschwert.

Wegen der Unsicherheit im Hinblick auf Inflation und Notenbanken stürzten sich die Händler auf hochliquide Anlagen wie deutsche Bundesanleihen mit kurzer Laufzeit. Gleichzeitig stiegen die Swap-Sätze, da die Nachfrage nach Absicherungen gegen steigende Kreditkosten in die Höhe schoss. Der Abstand zwischen der Rendite kurzlaufender Anleihen und den Swap-Sätzen stieg im September auf ein Rekordhoch.

In Zeiten geringer Volatilität ist es relativ einfach zu bestimmen, welche Staatsanleihen für einen bestimmten Futures-Kontrakt am günstigsten zu liefern sind. In diesem Jahr jedoch verzerrten heftige Bewegungen die Renditekurven und erwischten viele Händler auf dem falschen Fuß. Laut den Maklern von Tradition war der März-Gilt-Future der am schwierigsten zu bepreisende Kontrakt seit der Einführung im Jahr 1982.

Auch der Geschäftsabschluss selbst wurde teurer, wie aus einer von Tradeweb durchgeführten Messung der Liquiditätskosten hervorgeht. Das Unternehmen vergleicht die Preise, zu denen Geschäfte tatsächlich ausgeführt werden, mit dem zusammengesetzten Preis oder dem Preis von "einem Querschnitt von Liquiditätsanbietern".

Im Falle des britischen Gilt-Marktes überstiegen diese Kosten bei einigen Laufzeiten sogar das Niveau vom Covid-Crash im März 2020, nachdem die ehemalige britische Premierministerin Liz Truss im September dieses Jahres mit ihren Ausgabenplänen bei den zurückkehrenden "Bond Vigilantes" auf wenig Gegenliebe gestoßen war.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Panorama
Panorama Sommerferien 2025: Wer früher startet, erlebt mehr Sonne – wer später reist, profitiert anders
02.08.2025

Sommerferien sind heiß ersehnt – doch wann ist der beste Zeitpunkt für den Urlaub? Früh oder spät starten, Sonne oder Schnäppchen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Lebensversicherung verkaufen: Wie Sie die Lebensversicherung zu Geld machen können
02.08.2025

Bei einem Verkauf der Lebensversicherung erhält man in aller Regel mehr Geld als bei einer Kündigung des Vertrags. Während der...

DWN
Technologie
Technologie LinkedIn ist das professionelle soziale Netzwerk: Doch etwas ist im Wandel
02.08.2025

LinkedIn galt lange als letzte seriöse Bastion im Netz – ein Ort für Karrieren, Netzwerkpflege und Fachlichkeit. Doch jetzt häufen...

DWN
Finanzen
Finanzen Warum nur 1 von 25 Aktien echten Wohlstand schafft
02.08.2025

Nur vier Prozent der Aktien schaffen es, den Markt nachhaltig zu schlagen – der Rest vernichtet langfristig Vermögen. Was Anleger jetzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Immobilien-Crowdfunding-Falle: Anleger warnt vor Reinvest24
02.08.2025

Ein Investor schlägt Alarm: Zinsen bleiben aus, Geld verschwindet, Auskünfte gibt es keine. Der Fall der Plattform Reinvest24 zeigt, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fahrermangel in Europa: Fast die Hälfte der europäischen Lkw-Fahrer steht kurz vor der Pensionierung
02.08.2025

Europa droht eine stille Krise, die alle trifft: Hunderttausende Lkw-Fahrer gehen bald in Rente – doch kaum jemand will nachrücken....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chef des Superfonds Eifo zur chinesischen Windkraft-Offensive: „Ich bin besorgt“
02.08.2025

Chinas Windkraftkonzerne drängen mit Macht auf globale Märkte – und bedrohen nun auch Europas Energiewende. In Lateinamerika, Afrika...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gefahr für Trumps Zollpolitik: Klagen eingereicht – entscheidender Prozess hat begonnen
01.08.2025

Trumps Zollpolitik steht vor dem juristischen Kollaps: Fünf US-Firmen und zwölf Bundesstaaten klagen gegen die Sondervollmacht, auf deren...