Die Kommunikation zwischen den Bürgern und Unternehmen mit der Verwaltung war bisher schwierig und aufwendig. Durch den Personalmangel in der Verwaltung und der hohen Anzahl an Aufträgen sorgte die Kommunikation für viel Ärger. Um die Kommunikation bei Verwaltungsleistungen zu erleichtern, wurde das Onlinezugangsgesetz (OZG) verabschiedet. Digitalisierungsexperte Heiko Knödel bezweifelt, dass an jeder Stelle die Umsetzung erfolgreich war und auch die Bedürfnisse der Bürger und Unternehmen abdeckt.
Das Onlinezugangsgesetz sieht vor, dass die Kommunikation mit den jeweiligen Verwaltungen deutlich schneller, effizienter und nutzerfreundlicher werden soll. Bis Ende 2022 sollten sich Bund, Länder und Kommunen dazu verpflichten, ihre Verwaltungsleistungen über Portale digital anzubieten. Insgesamt wurden dem Bund zufolge knapp 600 gemäß OZG zu digitalisierende Verwaltungsleistungen identifiziert. Im sogenannten OZG-Umsetzungskatalog sind die OZG-Leistungen in 35 Lebens- und 17 Unternehmenslagen zusammengefasst und 14 übergeordneten Themenfeldern (wie beispielsweise „Familie und Kind“) kategorisiert.
Experte ist skeptisch bezüglich der Umsetzung des Gesetzes
Umgesetzt werden die Leistungen online mit zwei Digitalisierungsprogrammen. Alle Leistungen mit Regelungs- und Vollzugskompetenz beim Bund werden im Digitalisierungsprogramm Bund themenübergreifend und in Verantwortung des Bundes digitalisiert. Leistungen, die im Regelungs- und Vollzugbereich der Bundesländer und der Kommunen stehen, bearbeitet man im Digitalisierungsprogramm föderal. Für den Erfolg der Digitalisierungsprogramme soll am Ende entscheidend sein, ob alle Verwaltungsleistungen des OZG online zu finden sind. Ein anderer wichtiger Punkt bei der Beurteilung soll die Akzeptanz der Nutzer und Nutzerinnen sowie der Unternehmen sein.
Heiko Knödel sieht das Gesetz als richtigen Schritt, zweifelt aber daran, dass alle Verwaltungsbehörden die Umsetzung bis zum Stichtag am 31. Dezember 2022 geschafft haben: „Ich sehe nicht, dass dies alle Kommunen bis Ende 2022 geschafft haben. Darüber hinaus ist es in meinen Augen eine Hauruck-Aktion, die nur die Schnittstelle zwischen Bürgern und Kommunen digital darstellt. Die Prozesse sind dann nicht unbedingt Ende zu Ende digital. Aber es ist ein erster großer Schritt.“
FDP setzt sich für die Digitalisierung ein, lieferte bisher aber wenig
Verantwortlich für den Bereich Digitalisierung ist Volker Wissing, Minister für Verkehr und Digitales von der FDP. Die FDP war mit ganz großen Versprechungen im Wahlkampf bezüglich der Digitalisierung aufgetreten, zu sehen ist davon Knödel zufolge wenig: „Die FDP war im Wahlkampf die Partei, die das Thema Digitalisierung ganz groß betont hat. Nun ist von der Umsetzung in Deutschland kaum etwas zu spüren oder zu sehen. Die Corona-Krise war eine Chance, die teilweise genutzt wurde, der Ukraine-Krieg führt hingegen zu mehr Angst und weniger Investitionen bei den Firmen.“
Neben der Energiekrise und dem Ukraine-Krieg sieht Knödel ein für ihn typisch deutsches Dilemma: Sicherheit, Komplexität, Bürokratie und Gerechtigkeitssinn würden weiter die Bemühungen zur Digitalisierung ausbremsen. Förderprogramme würden einzeln und zweckgerichtet genutzt, zahlen aber seines Erachtens nur auf einzelne Aktivitäten ein. Eine große Veränderung und ein Umdenken in Vernetzung von Technologien und Nutzung von IoT (Internet of Things) sehe er beispielsweise noch nicht.
Wille und Vorbereitung wichtig für Unternehmen
Doch wie können einzelne Unternehmen sich im Bereich Digitalisierung weiterentwickeln? Knödel sieht hier an allerster Stelle den Willen. Es liege an jeder Firma selbst, ob und wie sie für sich die Entscheidung trifft, das Thema Digitalisierung anzugehen. Investitions- und Veränderungsbereitschaft sei der erste Schritt, ohne den es keinen Fortschritt gäbe. Man käme um diesen Punkt nicht herum. Digitalisierung sei Industrie 4.0 und somit für alle eine neue Ära. Wer sich unsicher sei, wo die Reise für seine Firma persönlich hingeht, solle auf eine gute Beratung und Partner setzen. Firmen könnten Gleichgesinnte an einen Tisch bringen und so Kräfte bündeln.
Neben dem Willen gibt es in den Augen von Knödel Vorbereitungen, die jedes Unternehmen treffen kann: „Jede Firma kann für sich Prozesse vorbereiten, optimieren, oder noch besser Prozesse digital neu denken (z.B. mit Design Thinking). Jedes Unternehmen sollte darauf schauen, was es für sich in kleinen Schritten umsetzen kann. Das kann beispielsweise ein Bestellprozess sein, der von der Kundenbeauftragung bis zur Lieferung oder Schulung automatisch abläuft, d.h. von der Produktion, über die Lagerhaltung, Auslieferung, Bezahlung und regelmäßige Kommunikation. Und das Ganze firmenübergreifend ohne manuelle Eingriffe.“