Stark steigende Preise, höhere Kreditkosten und Materialengpässe haben den Bauboom in Deutschland gestoppt: Das reale Bauvolumen sei 2022 um zwei Prozent gesunken und damit erstmals seit Jahren, geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor.
Für das laufende Jahr sagen die Berliner Forscherinnen und Forscher einen Rückgang in ähnlicher Höhe voraus. Erst 2024 werde das Bauvolumen inflationsbereinigt wieder im Plus liegen. Vor allem der Bau von Wohnungen ist demnach überproportional von den Rückgängen betroffen.
Regierungsziel für Neubauten in Gefahr
„Der Wohnungsbau ist seit vielen Jahren immer stärker gewachsen als das Gesamtbauvolumen“, sagte Studienautorin Laura Pagenhardt. „Nun kündigt sich eine Trendwende an, vor allem beim Neubau, der die Politik Rechnung tragen muss.“ Das Ziel der Bundesregierung, 400.000 neue Wohnungen im Jahr zu bauen, rücke in weite Ferne.
Schon in den beiden vergangenen Jahren seien nicht mehr als 300.000 gebaut worden. In diesem und im kommenden Jahr rechnet das DIW damit, dass verschlechterte Finanzierungsbedingungen und politische Unsicherheit die Investoren noch zurückhaltender agieren lassen.
Das sieht die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) ähnlich. „Sinkende Genehmigungen und Materialengpässe sprechen für weiteren Rückgang der Fertigstellungen auf 270.000 Einheiten im Jahr 2023“, heißt es in einer neuen Studie. Dem hohen Wohnraumbedarf stehe damit weiterhin ein zu geringes Angebot gegenüber.
Experten fordern „Masterplan“ für Wohnungsbau
Die Experten des DIW fordern daher einen Strategiewechsel. Zwar habe die Bundesregierung schon Maßnahmen zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus beschlossen. Sie müsse sich aber stärker auf die Nachverdichtung im Bestand fokussieren, um bezahlbaren neuen Wohnraum gerade in den Ballungsräumen zu schaffen. Gleichzeitig bestehe die Gefahr, dass ein Großteil der Förderung - insbesondere bei der energetischen Gebäudesanierung - in steigenden Preisen verpuffe, wenn neben der Nachfrage- nicht auch die Angebotsseite gestärkt werde.
„Notwendig ist ein Masterplan, der nicht nur mit langfristigen Förderprogrammen die Nachfrage stützt, sondern auch den Engpässen im Angebot entgegenwirkt“, sagte Co-Autor Martin Gornig. Zusätzlich müsse die Ausweitung der Planungs-, Produktions- und Installationskapazitäten stärker gefördert werden, um Engpässen im Angebot und damit Preissteigerungen entgegenzuwirken.