Finanzen

Der „Sur“: Neue Konkurrenz für den Dollar?

Brasilien und Argentinien wollen eine gemeinsame Währung auflegen und ihre Volkswirtschaften enger vernetzen. Ein Schlag gegen den US-Dollar?
23.01.2023 09:00
Aktualisiert: 23.01.2023 09:49
Lesezeit: 2 min

Brasilien und Argentinien streben eine gemeinsame Währung und eine stärkere wirtschaftliche Integration an. „Wir haben beschlossen, die Gespräche über eine gemeinsame südamerikanische Währung voranzutreiben, die sowohl für den Finanz- als auch für den Handelsverkehr verwendet werden kann, um die Kosten für Operationen und unsere externe Anfälligkeit zu verringern“, erklären der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva und der argentinische Regierungschef Alberto Fernandez in einem gemeinsamen Artikel für die Internetseite der argentinischen Wochenzeitung Perfil.

Zudem sollten Hindernisse für den Austausch zwischen den beiden Ländern beseitigt, Regulationen vereinfacht und modernisiert und lokale Währungen gefördert werden. Die Förderung lokaler Währungen läuft zwangsläufig auf eine Schwächung der Weltleitwährung US-Dollar hinaus, die den internationalen Zahlungsverkehr dominiert.

Die Zeitung Financial Times (FT) hatte zuvor über eine Wiederbelebung der Gespräche über eine gemeinsame Währung berichtet. Demnach soll die zunächst als bilaterales Projekt gestartete Initiative später auf andere lateinamerikanische Länder ausgeweitet werden. Diese neue Währung könne „Sur“ (spanisch für „Süden“) heißen, berichtete die FT.

Die Idee wurde bereits 2019 in Brasilien und Argentinien diskutiert. Damals gab es aber von der brasilianischen Zentralbank Vorbehalte. Argentinien ist der größte Handelspartner Brasiliens in der Region.

Der Gedanke einer Währungsunion war vom jetzigen brasilianischen Finanzminister Fernando Haddad im vergangenen Jahr wieder aufgegriffen worden. Während seines Wahlkampfes hatte auch Lula sie erwähnt. Lula, der bereits von 2003 bis 2010 Präsident Brasiliens war, hat Argentinien bereits als Ziel seiner erste Auslandsreise im Amt ausgewählt. Unter der Regierung seines Vorgängers Jair Bolsonaro waren die Beziehungen beider Länder angespannt gewesen. Lulas Reise ins Nachbarland markiert auch die Rückkehr Brasiliens in die Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC). Brasilien hatte den Staatenbund 2019 auf Anweisung Bolsonaros verlassen, der eine Teilnahme aufgrund der Präsenz Kubas und Venezuelas abgelehnt hatte.

Haddad spielte unterdessen am Sonntag die Idee einer gemeinsamen Währung herunter. „Der Handel ist wirklich schlecht, und das Problem sind die Devisen, nicht wahr? Wir versuchen also, eine Lösung zu finden, etwas Gemeinsames, das den Handel ankurbeln könnte“, sagte er zu Journalisten bei seiner Ankunft in Buenos Aires im Vorfeld von Lulas Auslandsreise in das Land. Argentinien sei ein wichtiger Abnehmer brasilianischer Industriegüter. Es würden mehrere Möglichkeiten geprüft, um die Währungsprobleme zu umgehen. Eine Entscheidung sei noch nicht getroffen. Er werde die Währungsthematik in den kommenden Tagen klären. „Vor allem, weil einige Leute sagen, dass der Real enden wird“, merkte er ironisch an. Der Real ist Brasiliens Landeswährung.

„Steiniger Weg“

Der Hellmeyer-Report kommentiert zu den Hintergründen:

„Diese Absichtserklärung passt in das globale Bild. Der Missbrauch des Leitwährungsstatus des USD durch die Regierungen der USA in den letzten Jahren, der sich unter anderem in der Konfiszierung von Devisen- oder Goldreserven dritter Länder (Venezuela, Afghanistan, Russland) ohne Rechtsgrundlagen als auch Sanktionsregimes bar internationaler Rechtsgrundlagen manifestierte, führt zu Maßnahmen in Ländern, denen ihre Souveränität etwas bedeutet. Es sind bisher jedoch nur Absichtserklärungen. Der Weg dorthin wird steinig sein.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Bankenpleite: Was passiert mit meinem Geld?
25.12.2025

Es ist eine tiefe Angst vieler Menschen – die eigene Bank, der man sein Erspartes anvertraut hat, geht bankrott. Erfahren Sie hier, wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Stablecoins vs. Digitaler Euro: Wie digitales Geld den globalen Zahlungsverkehr verändert
25.12.2025

Digitale Zahlungsmittel gewinnen zunehmend an Bedeutung und verändern, wie Geld transferiert und gespeichert wird. Stablecoins dringen in...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Debt im Fokus: Steigt das Risiko einer Finanzkrise an den US-Börsen?
25.12.2025

Die jüngsten Insolvenzen in der Autoindustrie haben an den internationalen Finanzmärkten eine neue Debatte über versteckte Risiken im...

DWN
Panorama
Panorama Initiative Jobsuche: Weshalb die Weihnachtszeit perfekt ist
25.12.2025

Während viele glauben, der Arbeitsmarkt schlummere zum Jahresende, öffnen sich gerade jetzt heimlich Türen. Eine erfahrene Coachin...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Tech-Aktien: Tech-Konzerne überflügeln Börsen und gewinnen neue Dominanz
25.12.2025

Die rasant steigenden Bewertungen der US-Techkonzerne verschieben die Kräfteverhältnisse an den globalen Finanzmärkten. Doch wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...

DWN
Politik
Politik Cyberangriff auf Aeroflot: Wie Hacker Russlands Luftverkehr störten
24.12.2025

Ein Cyberangriff brachte die IT-Systeme von Aeroflot binnen Stunden zum Stillstand und zwang den Flugbetrieb in den Notmodus. Welche...

DWN
Politik
Politik Putins neue Gegnerin und ihr Appell an Europa
24.12.2025

Europa ringt mit seiner Haltung gegenüber Russland und der Frage nach Konsequenz und Abschreckung. Wie sollte der Westen mit einem Kreml...