Wirtschaft

Vor Marine-Manöver mit Russland: Südafrika im diplomatischen Fokus

Die Militärmanöver mit russischen und chinesischen Einheiten findet in der Woche des einjährigen Jahrestages des Ukraine-Kriegs statt. Kritik daran kam von US-Finanzministerin Yellen.
09.02.2023 16:31
Aktualisiert: 09.02.2023 16:31
Lesezeit: 3 min

In der Woche vom 17. bis 27. Februar plant Südafrika gemeinsame Militärübungen mit der russischen und chinesischen Marine, die mit dem einjährigen Jahrestag des Beginns des russischen Ukraine-Kriegs zusammenfallen (24. Februar). Zur gleichen Zeit wurde das Land vor kurzem von Spitzenbeamten der USA und Russlands umworben, beide auf der Suche nach breiterer internationaler Unterstützung.

Von mehreren unabhängigen politischen Experten und in südafrikanischen Medien gab es in den letzten Wochen starke Kritik an den geplanten Militärübungen. „Südafrika hat sich zu einer moralisch fragwürdigen gemeinsamen Marineübung entschlossen“ und „Südafrika liebäugelt mit Pariahs“, so die wöchentliche Printzeitung Daily Maverick. Südafrikas Oppositionspartei, die Demokratische Allianz (DA), wirft dem regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC) vor, sich damit de facto auf die Seite Moskaus zu stellen, so ein Sprecher der DA.

Südafrikas Außenministerin, Naledi Pandor, wies die Kritik letzte Woche zurück. Nach einem Treffen mit dem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow, sagte sie, die im Februar geplante Marineübung sei Teil der „natürlichen Kraft der Beziehungen“ zwischen befreundeten Ländern. Pandor sagte Südafrika sei nicht mehr der Meinung, dass sich Russland aus der Ukraine zurückziehen solle, solange kein Friedensabkommen geschlossen werde.

Das Land hat bislang eine neutrale Position zum Krieg in der Ukraine eingenommen. Bei einer Abstimmung der Vereinten Nationen zur Verurteilung des Krieges hatte sich Südafrika – das einzige afrikanische Mitglied der G-20 – vergangenes Jahr enthalten. Die Beziehungen Russlands zur regierenden African National Congress (ANC)-Partei existieren schon seit Jahrzehnten, als der ANC von der Sowjetunion im Kampf gegen die „Apartheid“ (das politische System der Rassentrennung in Südafrika) unterstützt wurde, und bevor Nelson Mandela 1994 zum Präsidenten des Landes gewählt wurde.

Südafrika unterstützt eine „multipolare“ Welt

Südafrika setzt sich neben Russland und China für eine „multipolare“ Welt ein, in der sich die geopolitische Macht weniger um die Vereinigten Staaten konzentriert. Aus diesem Grund ist es ein Verfechter eines vorgeschlagenen politischen und handelspolitischen Bündnisses zwischen Brasilien, Russland, Indien, China und sich selbst (BRICS), für das es noch in diesem Jahr einen Gipfel abhält. „Eine umfassendere multipolare Welt: Das ist die Vision der BRICS-Familie und das, wofür wir alle eintreten“, sagte Anil Sooklal, Südafrikas BRICS-Beauftragter, gegenüber Reuters.

Südafrikas Exporte nach Russland beliefen sich in Jahr 2020 auf 587 Millionen US-Dollar, während Exporte in die USA im selben Jahr 10,2 Milliarden US-Dollar betrugen, laut Daten des Observatory of Economic Complexity. Tom Lodge, Professor für Friedens- und Konfliktstudien an der Universität von Limerick, bemerkte: „Südafrika nimmt das BRICS-Bündnis sehr ernst, aber die Realität ist, dass es dem Land sehr wenig geboten hat. Es hat nicht die Vorteile gebracht, die sich Südafrika erhofft hat.“

Auch der Handel mit China läuft für Südafrika noch nicht wie erhofft. „China, ein wichtiger Handelspartner Russlands, ist mehr an Grunderzeugnissen wie Wein und Wolle interessiert, als an den High-Tech-Mehrwertprodukten, die Südafrika verkaufen will“, sagte Lodge und fügte hinzu, dass die USA bessere Handelsmöglichkeiten für das Land bietet.

US-Charmeoffensive in Afrika

Im Dezember wurde ein russisches Handelsschiff, gegen das die USA Sanktionen verhängt hatten, weil seine Eigner angeblich Waffen für den Kreml transportieren, bei der Anlieferung und Verladung von Fracht auf einem südafrikanischen Marinestützpunkt in Simonstown gesichtet. Yellen forderte die südafrikanischen Beamten bei ihrem Besuch auf, die US-Sanktionen einzuhalten – eine Botschaft, die sie auch in Sambia und im Senegal übermittelt hat auf ihrer Reise in drei Länder Afrikas, darunter Südafrika.

„Meine Hauptbotschaft ist, dass wir die Sanktionen, die wir als Reaktion auf den brutalen Einmarsch in der Ukraine gegen Russland verhängt haben, sehr ernst nehmen“, sagte sie dem Wall Street Journal. „Auf Verstöße gegen diese Sanktionen durch lokale Unternehmen oder Regierungen würden wir schnell reagieren, und wir drängen natürlich darauf, dass diese Sanktionen eingehalten werden. Das ist die Diskussion, die ich hier [in Südafrika und Afrika, Anm. d. Red.] geführt habe“, sagte die US-Finanzministerin.

Aber zur gleichen Zeit war Yellen’s Besuch auch Teil einer Charmeoffensive führender US-Politiker, um die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den USA und Afrika zu vertiefen, und der langen Dominanz Chinas im Handel und bei der Kreditvergabe an viele afrikanische Länder entgegenzuwirken. „Lassen Sie es mich deutlich sagen: Wir zählen Südafrika zu unseren Freunden“, so Yellen.

Sie betonte sie Bedeutung von Südafrikas „Just Energy Transition Partnership,“ eine Vereinbarung unterstützt von den USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland und der EU, die das Ziel hat, den Übergang Südafrikas von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien zu beschleunigen. „Diese Partnerschaft stellt den ersten mutigen Schritt Südafrikas dar, um den Zugang zu Elektrizität und deren Zuverlässigkeit zu verbessern und eine kohlenstoffarme und klimaresistente Wirtschaft zu schaffen“, sagte Yellen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Politik
Politik Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz – Aufrüstung dominiert Agenda
01.07.2025

Dänemark hat den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz im Rat der EU übernommen. Deutschlands Nachbar im Norden tritt damit turnusmäßig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...