Politik

Nach Brandbrief der Landkreise: Faeser plant Migrationsgipfel noch im Februar

Nach einem Brandbrief von Landkreisen und Gemeinden angesichts der angespannten Migrationslage kündigt Innenministerin Faeser einen Migrationsgipfel an. Die SPD schlägt derweil Prämien für Privathaushalte vor, die Flüchtlinge aufnehmen.
06.02.2023 16:30
Lesezeit: 2 min

Angesichts zunehmender Klagen von Gemeinden und Landkreisen über die hohe Zahl an Flüchtlingen plant Innenministerin Nancy Faeser noch im Februar einen Migrationsgipfel. Das kündigte ein Ministeriumssprecher am Montag in Berlin an.

SPD fordert Prämien für private Flüchtlingsaufnahme

Die Grünen und der Deutsche Landkreistag warfen der SPD-Politikerin vor, die bloße Ankündigung sei nicht genug. Die Union forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf sich einzuschalten. Aus der SPD kam der Vorschlag einer finanziellen Unterstützung für private Haushalte, die Flüchtlinge bei sich aufnehmen. „Das entlastet die Kommunen und hilft unbürokratisch denen, die jetzt unsere Unterstützung brauchen“, sagte SPD-Innenpolitikerin Elisabeth Kaiser der Nachrichtenagentur Reuters.

Grünen-Co-Parteichef Omid Nouripour forderte klare Maßnahmen zur Unterstützung von Flüchtlingen und Kommunen. Zum geplanten Migrationsgipfel sagte er: „Das ist sicher nicht falsch. Aber das reicht nicht.“ Es gebe Handlungsdruck. Erforderlich seien mehr Koordination bei der Verteilung der ankommenden Flüchtlinge, deutlich mehr Wohnraum und ein verstärktes Angebot von Integrationsmaßnahmen wie etwa bei Sprachkursen.

„Die Kapazitäten sind vielerorts erschöpft“

Der Deutsche Landkreistag nannte Faesers Ankündigung völlig unzureichend und forderte Unterstützung aus dem Kanzleramt. „Wir haben seit 2014 etwa 1,4 Millionen Asylbewerber und zuletzt über eine Million ukrainische Geflüchtete aufgenommen, untergebracht und betreut“, erklärte Landkreistag-Präsident Reinhard Sager. „Die Kapazitäten sind vielerorts erschöpft, und das erforderliche Geld dazu fehlt auch.“

Die Innenministerin habe bei ihrem einzigen Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden am 13. Oktober 2022 verdeutlicht, dass sie keine Zuständigkeit in Finanzfragen habe. „Es ist auch deswegen höchste Zeit für ein Gespräch mit dem Bundeskanzler“, forderte Sager. Es gehe auch um die Übernahme von Wohn- und Gesundheitskosten, Bauen und mehr.

Kritik kam auch aus der Union. „Immerhin erkennt die Bundesregierung die Probleme der Kommunen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise mittlerweile an“, sagte André Berghegger, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der Unions-Fraktion. Die Kommunen bräuchten aber kein „Gipfelchen“, sondern „endlich einen richtigen Gipfel beim Bundeskanzler“.

Wo der Staat versagt, sollen wieder Private einspringen

Scholz wird an dem Gipfel aber nicht teilnehmen, wie ein Regierungssprecher mitteilte. Dafür ist Bauministerin Klara Geywitz (SPD) mit dabei, weil es auch um Fragen der Unterkunft gehen soll. Mit Blick auf die fehlenden Wohnungen in Großstädten verwies eine Sprecherin des Bauministeriums darauf, dass es in ländlichen Gegenden einen Leerstand von rund 1,6 Millionen Wohnungen gebe, vor allem im Osten. Laut Innenministerium sind mittlerweile 1,05 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine gekommen, dazu 244.000 Asylbewerber im Jahr 2022.

Der Staat müsse seine Handlungsfähigkeit unabhängig von der Herkunft der Flüchtlinge beweisen, forderte die Innenpolitikerin Kaiser von der Parlamentarischen Linken der SPD. „Deswegen schlagen wir eine unbürokratische monatliche Helfer-Prämie an Privathaushalte vor, die Geflüchtete bei sich unterbringen“, sagte Kaiser.

„Das entlastet die Kommunen und hilft unbürokratisch denen, die jetzt unsere Unterstützung brauchen.“ Schnellstmöglich werde zudem „eine europäische Koalition der Willigen für eine europäische Helfer-Prämie“ angestrebt, ergänzte Kaiser. Die PL ist ein Zusammenschluss linker SPD-Abgeordneter im Bundestag und die größte Abgeordnetengruppe innerhalb der Bundestagsfraktion.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rutte warnt in Berlin: Russland sieht Europa als nächstes Ziel
11.12.2025

Bundeskanzler Merz und Nato-Generalsekretär Rutte haben in Berlin Alarm geschlagen. Russland ziele nicht nur auf die Ukraine, sondern...

DWN
Finanzen
Finanzen Münchener Rück-Aktie: Neue Strategie setzt deutliche Gewinneffekte frei
11.12.2025

Die Münchener Rück-Aktie gewinnt an Tempo – und das aus gutem Grund. Die neue Strategie Ambition 2030 verspricht höhere Gewinne,...

DWN
Politik
Politik Analyse: Putin und Trump spielen im selben Team gegen Europa
11.12.2025

Putin und Trump sprechen plötzlich dieselbe Sprache. Europas Zukunft steht auf dem Spiel, während Washington und Moskau ein gemeinsames...

DWN
Technologie
Technologie Halbleiter-Förderung: Dresden und Erfurt erhalten grünes Licht
11.12.2025

Europa hängt bei Chips weiter an Asien – nun greift die EU zu einem Milliardenhebel. Deutschland darf zwei neue Werke in Dresden und...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB erhöht Druck: Vereinfachte Regeln für Europas Banken
11.12.2025

Die EZB drängt auf einfachere EU-Bankenvorschriften und will kleinere Institute entlasten. Doch wie weit darf eine Reform gehen, ohne...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Institut korrigiert Wirtschaftsprognose: Deutschlands Aufschwung bleibt schwach
11.12.2025

Die neue Wirtschaftsprognose des Ifo-Instituts dämpft Hoffnungen auf einen kräftigen Aufschwung. Trotz Milliardeninvestitionen und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klimarisiken: Unternehmen gefährden ihre Umsätze durch schwaches Risikomanagement
11.12.2025

Unternehmen geraten weltweit unter Druck, ihre Klimarisiken präziser zu bewerten und belastbare Strategien für den Übergang in eine...

DWN
Politik
Politik Trump warnt die Ukraine und verspottet Europa. „Am Ende gewinnt der Stärkere“
11.12.2025

US-Präsident Donald Trump erhöht den Druck auf die Ukraine und attackiert gleichzeitig europäische Staatschefs. Seine Aussagen im...