Politik

Deutschland kommt im Kampf gegen Korruption nicht voran

Der neue Korruptionsindex von Transparency International sieht erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Bundesrepublik, vor allem in einigen Kernbereichen.
12.02.2023 00:11
Aktualisiert: 12.02.2023 00:11
Lesezeit: 2 min

Skandinavische Staaten mit starken demokratischen Institutionen, wie Dänemark und Finnland, gehören zu den transparentesten und unbestechlichsten Ländern im internationalen Korruptions-Vergleich. Zwar steht Deutschland relativ gut dar in der Alltagskorruption, doch größere Skandale haben in der letzten Zeit das Vertrauen in der Integrität von Politik und Wirtschaft geschwächt. Es gibt daher einen „erheblichen Verbesserungsbedarf“ in der Bundesrepublik, vor allem im Bereich Abgeordnetenbestechung.

Eine aktuelle Studie von Antikorruptionsorganisation Transparency International zeigt, dass - neben Dänemark und Finnland an erster und zweiter Stelle - weitere nordischen Staaten wie Norwegen und Schweden in dem Korruptionswahrnehmungsindex 2022 am besten abschneiden. Neuseeland und Singapur sind unter den top fünf Ländern mit niedriger Korruptionsrate, und Deutschland liegt an neunter Stelle.

Transparency International veröffentlicht jedes Jahr einen Korruptionsindex - ein Ranking von 180 Ländern weltweit. Der Korruptionsindikator misst den Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommener Korruption, und bezieht sich auf den öffentlichen Sektor.

Deutschland stagniert

Deutschland verlor im Vergleich zum Vorjahr zwar nur leicht, doch erhielt die niedrigste Punktzahl seit 2014 in der Bekämpfung von Korruption in der Politik und Verwaltung. Das Land kommt bei der Korruptionsbekämpfung nicht entscheidend voran, so Margarete Bause, stellvertretende Vorsitzende von Transparency Deutschland. „Der internationale Vergleich ist relativ gut, weil zum Beispiel Alltagskorruption in Polizei oder Verwaltung kaum eine Rolle spielt. Doch Skandale wie die Maskenaffäre oder Cum-Ex haben zuletzt das Vertrauen in die Integrität von Politik und Wirtschaft geschwächt,“ sagte Bause.

Trotz wichtiger Reformen, wie die Einführung des Lobbyregisters, hätte Deutschland weiterhin viele Baustellen. „Als Lehre aus dem Maskenskandal und der Aserbaidschanaffäre ist eine Verschärfung des Gesetzes zur Abgeordnetenbestechung überfällig. Außerdem warten wir weiterhin auf die Einführung des legislativen Fußabdrucks und einer unabhängigen Lobbykontrolle,“ fügte sie hinzu. Zur Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkriminalität müssten Behörden auch „deutlich schagkräftiger“ werden.

Transparency Deutschland fordert unter anderem, dass die Strafverfolgungsbehörden und die Justiz besser ausgestattet werden, die Geldwäscheaufsicht verbessert wird und ein Unternehmensstrafrecht zügig eingeführt wird.

Länder mit hoher Korruptionsrate

Am schlechtesten beim Transparency-Ranking waren Staaten dessen Institutionen zerfallen und von gewaltsamen Konflikten geprägt sind, wie Libyen, Syrien, Südsudan und Jemen. Zu den Ländern, die im internationalen Vergleich in den vergangenen zehn Jahren am meisten eingebüßt haben wegen der Beschneidung der Unabhängigkeit der Justiz, Medien und Zivilgesellschaft, zählen die Turkei und Ungarn. Auch die Ukraine hat bei den Rankings schlecht abgeschnitten, doch Bause sagte das Land habe trotzt des Krieges nach wie vor eine aktive und engagierte Zivilgesellschaft, die sehr wichtig sei bei der Aufdeckung und Bekämpfung von Korruption.

Vor einer erwarteten russischen Frühjahrsoffensive beförderte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor kurzem einen hochrangigen Militär zum Verteidigungsminister. Zuvor hatte Selenskyj bereits eine Reihe hochrangiger Minister ausgetauscht, und begründet dies mit dem „Kampf gegen Korruption“.

Laut Alexandra Herzog, Vorsitzende von Transparency Deutschland, wurde in den vergangenen Jahren immer mehr sichtbar, welche Gefahren von Korruption „als strategischem Instrument der Außenpolitik autokratischer Regime ausgehen“. Weltweit setzten autokratische Staaten Korruption als Waffe ein, um ihre Interessen durchzusetzen, und die politische, soziale und wirtschaftliche Stabilität in demokratischen Ländern auszuhöhlen, sagte Herzog. „Wir müssen dem entschlossen entgegentreten. Die G-7 Staaten haben im Jahr 2022 Korruption endlich als Gefahr für die nationale Sicherheit benannt. Die Bundesregierung muss folgen, und Korruptionsbekämpfung zur Priorität machen“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schweizer Rohstoffhändler wankt: Gunvor-Chef steigt aus – die Lehren aus Gunvors Buy-out
04.12.2025

Gunvor galt lange als diskreter Globalplayer im Ölhandel – bis der Flirt mit dem russischer Öl- und Gaskonzern Lukoil sowie Vorwürfe...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuer auf Kontoguthaben? Marktforscher wollen höhere Ausgaben anreizen
03.12.2025

Die Stimmung der deutschen Verbraucher bleibt auch beim Weihnachtsgeschäft auf dem Tiefpunkt: Das Land der Sparer hält das Geld zusammen...

DWN
Politik
Politik Falsche Daten, statistische Mängel: Deutsche Klimaforscher ziehen Studie zum Klimawandel zurück
03.12.2025

Falsche Wirtschaftsdaten zu Usbekistan, statistische Mängel: Nach einiger Kritik ziehen Klimaforscher eine Studie des Potsdamer Instituts...

DWN
Politik
Politik EU einig über Importstopp für Gas aus Russland - Kremlsprecher: "EU schadet sich selbst"
03.12.2025

Die EU will bis spätestens Ende 2027 vollkommen unabhängig von russischem Erdgas sein. Das sieht eine Einigung zwischen Vertretern der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Weniger Feiertage, weniger Wirtschaftskrise? Schwäbische Unternehmenschefin für Streichung von Ostermontag
03.12.2025

Weniger Feiertage = mehr Wirtschaftsleistung? Die Debatte reißt nicht ab. Eine Konzernchefin aus Schwaben macht einen konkreten Vorschlag...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Coca-Cola beklagt Standortbedingungen: Deutschland nicht wettbewerbsfähig
03.12.2025

Der Chef des Coca-Cola-Abfüllers bemängelt die Bürokratie und komplizierte Verhältnisse für Unternehmen. Noch steht er zum Standort...

DWN
Politik
Politik Sicherheitspolitik: Deutsche Führungsrolle in Europa? Bevölkerung gespalten
03.12.2025

Russland als Bedrohung, Zweifel an den USA, Europa mittendrin: Eine Umfrage im Auftrag der Münchner Sicherheitskonferenz zeigt, wie...

DWN
Politik
Politik Gewerkschaften: Koalition plant Steuerprivileg für Gewerkschaftsbeitrag
03.12.2025

Die schwarz-rote Koalition will den Gewerkschaften den Rücken stärken. Geplant ist eine Steuerersparnis, die die Mitgliedschaft...