Die Zahlungsmoral deutscher Firmen ist im zweiten Halbjahr 2022 so schlecht gewesen wie seit rund 2015 nicht mehr. Der branchenübergreifende Zahlungsverzug betrug auch wegen Inflation und Energiekrise 10,95 Tage, nach 10,51 Tagen in den ersten sechs Monaten, teilte die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Dienstag mit. Das sei der höchste Wert seit sieben Jahren.
"Die Zunahme der Zahlungsverzögerungen trifft gerade auf eine Phase des Konjunkturabschwungs - das lässt bei Kreditgebern und Gläubigern die Alarmglocken schrillen", erklärte Creditreform-Chefökonom Patrik-Ludwig Hantzsch. "Das Risiko für Forderungsausfälle ist so hoch wie seit Jahren nicht mehr."
Viele Lieferanten und Kreditgeber hatten ihre Zahlungsziele im Zuge der Corona-Krise gekürzt, um Ausfallrisiken zu minimieren. Allerdings belasteten nun massive Preissteigerungen bei Energie und weiteren Vorprodukten Kreditgeber wie Kreditnehmer. Durch die Verschlechterung der Rahmenbedingungen seien die Kreditgeber gezwungen, die Darlehenskonditionen erneut anzupassen. Dennoch dürften die Zahlungsausfälle steigen.
Der durchschnittliche Wert einer verspätet bezahlten Rechnung erhöhte sich laut Creditreform im zweiten Halbjahr 2022 auf 2158 Euro, nach 2107 Euro vor Jahresfrist. "Unternehmen sterben meist nicht in der akuten Krisenphase, sondern wenn die Geschäfte wieder anlaufen und dann das Geld fehlt", sagte Hantzsch. Der Zahlungsverzug von kleinen Firmen kletterte zwischen Juli und Dezember 2022 auf 12,53 Tage. Große Unternehmen zahlten ihre Rechnungen demnach im Durchschnitt mit einer Verspätung von 9,91 Tagen. (Reuters)