Deutschland

Firmenpleiten: Kreditversicherer erwartet stärksten Anstieg seit Schuldenkrise

Der Kreditversicherer Allianz Trade erwartet für 2023 und 2024 den stärksten Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland seit der europäischen Schuldenkrise.
09.02.2023 14:07
Aktualisiert: 09.02.2023 14:07
Lesezeit: 2 min

Höhere Produktionskosten, wachsende Personalausgaben, deutlicher Zinsanstieg: Wegen der schwierigen Rahmenbedingungen sagen Experten für dieses und kommendes Jahr mehr Firmenpleiten in Deutschland voraus. Der weltweit führende Kreditversicherer Allianz Trade erwartet in diesem Jahr eine Zunahme um 15 Prozent, dem 2024 ein Anstieg von weiteren 6 Prozent folgen soll.

"Das ist zwar der stärkste Anstieg seit der europäischen Schuldenkrise, aber von sehr niedrigem Niveau", sagte der Chef von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Milo Bogaerts, am Donnerstag. "Insofern ist es momentan nur eine sukzessive Normalisierung des Insolvenzgeschehens."

Weltweit dürften die Insolvenzen in diesem Jahr mit 19 Prozent wesentlich stärker steigen, in Westeuropa sogar um 25 Prozent. Am stärksten gefährdet sind demnach die energieintensiven Branchen sowie die Sektoren, die stark von hohen Material- und Rohstoffpreisen betroffen sind.

Im Januar fiel die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften auf 775, wie das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zu seiner Studie mitteilte. Das seien etwa zwölf Prozent weniger als im Vormonat Dezember. "Wir erwarten für die nächsten Monate höhere Insolvenzzahlen", sagte der Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität und der dort angesiedelten Insolvenzforschung, Steffen Müller. Die Zahl der Firmenpleiten habe im Januar um 14 Prozent unter dem Durch­schnitt der Vorkrisenjahre 2016 bis 2019 gelegen, könnte aber im Frühjahr wieder das langjährige Mittel erreichen.

Neben hohen Energiepreisen belasten den Angaben zufolge hohe Lohn­ab­schlüsse und gestiegene Refinanzierungskosten zunehmend die Bilanzen der Unter­nehmen. Wenn dadurch schwächere Firmen schließen müssten, sei das im Einzel­fall schmerzhaft. Allerdings würden dadurch Arbeitskräfte frei, die in zukunftsfähigen Unternehmen dringend benötigt würden.

"Der Marktaustritt nicht wettbewerbsfähiger Unternehmen ist unverzichtbar für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft insgesamt", sagte Müller. In den größten zehn Prozent der Betriebe, deren Insol­venz im Januar gemeldet wurde, waren etwa 8700 Arbeitsplätze betroffen. Mit knapp 4000 Jobs waren erneut Industriearbeitsplätze überproportional stark betroffen.

Nach dem von Energiekrise, hoher Inflation und Lieferengpässen geprägten Vorjahr steht die deutsche Wirtschaft vor schwierigen Monaten. Die meisten Experten rechnen mit einer Winterrezession, die jedoch milder und kürzer ausfallen dürfte als zeitweise befürchtet. "Das ist keine Hiobsbotschaft, aber auch eine milde Rezession bleibt eine Rezession. Die Wachstumsaussichten sind auch 2024 sehr verhalten", sagte Bogaerts. "Die deutsche Wirtschaft steht angesichts der multiplen Krisen vor der wohl größten Herausforderung der Nachkriegszeit." (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Positive Nachrichten für den XRP ETF: Moon Hash Automatic Income Plan

Analysten prognostizieren einen potenziellen Kurssprung bei XRP, der einen raschen Marktwechsel hin zur intelligenten...

 

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Warum das Edelmetall vor einer historischen Neubewertung steht
15.12.2025

Die Silber-Rallye ist ungebrochen und die Kurse eilen von einem Allzeithoch zum nächsten. Warum trotz neuem Silberpreis-Rekordhoch zum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gewinneinbruch bei Autobauern: Deutsche Hersteller besonders unter Druck
15.12.2025

Die weltweite Krise der Autoindustrie macht den deutschen Herstellern stärker zu schaffen als vielen internationalen Wettbewerbern. Eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Vertrauensverlust im Mittelstand: Wirtschaft zweifelt an Merz:
15.12.2025

Das Vertrauen des deutschen Mittelstands in die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) nimmt deutlich ab. Laut einer aktuellen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 63.000 Jobs bedroht: Ostdeutsche Chemiebranche drängt auf Rettungsplan
15.12.2025

Die Chemieindustrie in Ostdeutschland steht unter Druck: Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften haben der Bundesregierung einen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bahnhofstoiletten bleiben kostenpflichtig: DB sieht keinen Spielraum
15.12.2025

Kostenlose Toiletten an Bahnhöfen sind in Deutschland selten. Laut Bundesregierung sieht die Deutsche Bahn aus Kostengründen keine...

DWN
Finanzen
Finanzen Barzahlen wird zur Ausnahme: Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
15.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bauern protestieren gegen niedrige Butterpreise bei Lidl
15.12.2025

Mit Traktoren demonstrieren Landwirte in Baden-Württemberg gegen aus ihrer Sicht ruinöse Milch- und Butterpreise. Im Fokus der Kritik...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI revolutioniert Unternehmen: Wie Künstliche Intelligenz Verhandlungen effizienter macht
15.12.2025

Künstliche Intelligenz verändert zunehmend die Arbeitsweise in Unternehmensbereichen, in denen bislang menschliche Erfahrung dominierte....