Weltwirtschaft

Russlands Schattenflotte wird zum Problem für den Westen

Lesezeit: 2 min
18.02.2023 12:16  Aktualisiert: 18.02.2023 12:16
Die riesige russlandfreundliche Schattenflotte von Öltankern fehlt nun im Westen beim Transport von Öl und Diesel. Daher sind die Frachtraten massiv gestiegen.
Russlands Schattenflotte wird zum Problem für den Westen
Infolge der Sanktionen gegen Russland sind die Öltanker knapp und die Frachtraten teuer geworden. (Foto: dpa)
Foto: Lars Klemmer

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Russland hat im letzten Jahr eine massive Schattenflotte aus oftmals älteren Öltankern aufgebaut. Diese transportieren nun Rohöl und raffinierte Ölprodukte aus Russland zu Zielen in aller Welt und stehen daher für konventionelle Lieferungen nicht mehr zur Verfügung. In der Folge sind die Frachtraten weltweit stark angestiegen, und ein Rückgang der Preise ist nicht absehbar, wie Bloomberg berichtet.

Die genaue Größe der Schattenflotte ist schwer zu ermitteln, da die Eigentumsverhältnisse und der Einsatz der meisten einzelnen Schiffe für Russland geheim gehalten werden. Der Rohstoffriese Trafigura schätzt, dass es sich um insgesamt 600 Schiffe handeln könnte, von denen 400 Rohöl und 200 raffinierte Produkte transportieren. Das sind 20 Prozent beziehungsweise 7 Prozent der weltweiten Kapazitäten.

VesselsValue, das Schiffsverkäufe und -käufe verfolgt, schätzt, dass im vergangenen Jahr etwas mehr als 850 Millionen Dollar für den Ausbau der "dunklen Flotte" von Tankschiffen ausgegeben wurden. Darüber hinaus wurden fast 1,4 Milliarden Dollar in Rohöl transportierende Schiffe investiert. Insgesamt wurden demnach etwa 2,2 Milliarden Dollar in die Schattenflotte investiert.

"Diese Schiffe werden für diese Schattenverkehre eingesetzt und de facto aus den Märkten entfernt, in denen wir uns befinden würden", zitiert Bloomberg Aussagen von Gernot Ruppelt, dem Chief Commercial Officer von Ardmore Shipping, das eine Flotte von Kraftstoff- und Chemikalientankern betreibt.

"Aus der Perspektive der Tonnenmeilen ist es immer noch wichtig, und es ist wahrscheinlich sogar noch wichtiger, wenn man bedenkt, dass es sehr ineffizient ist", sagte Ruppelt auf einer Bilanzkonferenz. Tonnenmeilen sind ein Maß für die Nachfrage nach Schiffen, bei dem die von Schiffen transportierte Frachtmenge mit den Entfernungen der Lieferungen multipliziert wird.

Das Londoner Unternehmen EA Gibson Shipbrokers hat mindestens 38 Treibstofftransportschiffe gezählt, die sich im Besitz von in Russland registrierten Unternehmen befinden. Doch die tatsächliche Zahl ist wahrscheinlich höher, da sich Schiffe im Besitz von schwer zu verfolgenden Offshore-Firmen befinden. Außerdem wurden seit Kriegsbeginn mehr als 100 Öltanker an Länder außerhalb von G7 und EU verkauft.

Neben der Aufteilung der Flotte in russische und nicht-russische Schiffe hat auch das Verbot der Europäischen Union für fast alle Erdölimporte aus Russland dazu geführt, dass die Schiffe längere Strecken zurücklegen müssen. Dadurch ist die Flotte weit weniger effizient geworden, was die Nachfrage nach Schiffen und die Frachtkosten in die Höhe treibt.

Russlands Abzug von raffinierten Tankschiffen wirkt sich bereits auf das Angebot an Schiffen in anderen Ländern aus. Die Verschiffung von sauberen Mineralölprodukten wie Diesel und Düsentreibstoff ist laut Torm A/S, die eine Flotte von Tankschiffen besitzt, derzeit stark. Es gebe eine erhöhte Nachfrage im Nahen Osten für Ladungen nach Europa sowie zahlreiche Ladungen von Raffinerien in Ostasien.

Am 5. Februar ist das Verbot von raffinierten Kraftstoffen aus Russland, darunter vor allem Diesel, in Kraft getreten. Seitdem haben Öltanker, die raffinierte Kraftstoffe über den Atlantik liefern, ihre Tageseinnahmen von 10.000 Dollar auf 55.000 Dollar mehr als verfünffacht. Rohöltanker nähern sich einem ähnlichen Wert, nachdem sie Ende letzten Jahres kurzzeitig mehr als 100.000 Dollar pro Tag verdient hatten.

Längerfristig verweisen die Reeder auf ein begrenztes Angebot an neuen Schiffen. Laut Brian Gallagher, Leiter der Abteilung Investor Relations bei Euronav NV, befindet sich der Auftragsbestand für Tankschiffe derzeit auf einem 40-Jahres-Tief, und auch Ardmore wies in seinen jüngsten Ergebnissen auf die geringen Schiffszugänge hin.

Ein dringenderes Problem für den weltweiten Öl- und Kraftstofftransport ist jedoch die Frage, wie viele Schiffe Russland einsetzt. Wenn der Handel weiterhin gestört ist und die russlandfreundliche Flotte weiterhin für westliche Märkte nicht zu Verfügung steht, so könnten die Kosten für den Transport von Kraftstoffen wie Benzin und Diesel länger hoch bleiben.


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