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Fresenius will FMC in normale Aktiengesellschaft umwandeln

Lesezeit: 3 min
22.02.2023 09:49  Aktualisiert: 22.02.2023 09:49
Fresenius-Chef Michael Sen plant Einsparungen in Milliardenhöhe. Fresenius Medical Care (FMC) soll in eine normale Aktiengesellschaft umgewandelt werden.
Fresenius will FMC in normale Aktiengesellschaft umwandeln
Fresenius will sich von Sorgenkind FMC lösen. (Foto: dpa)
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Fresenius-Chef Michael Sen plant wegen der anhaltenden Probleme bei der Dialysetochter FMC den Befreiungsschlag. Bis zum Jahresende soll Fresenius Medical Care (FMC) von einer AG & Co KGaA in eine normale Aktiengesellschaft (AG) umgewandelt werden. Dann muss Fresenius das Sorgenkind nicht mehr voll bilanzieren - ohne Anteile daran abzugeben.

"Dies ist eine Zäsur für Fresenius", sagte Sen. "Wir lösen uns von Strukturen, die beide Unternehmen zuletzt daran gehindert haben, das Beste aus sich herauszuholen." Auch zur Dienstleistungs-Sparte Vamed geht er auf Distanz. Investoren hatten FMC zuletzt als größte Baustelle von Fresenius bezeichnet. "Das ist ein Schritt in die richtige Richtung", sagte Union-Investment-Fondsmanager Florian Oberhofer.

Den Aktien von FMC gaben die Pläne Auftrieb: Sie legten am Mittwoch zum Handelsauftakt rund 5 Prozent zu und waren damit größter Gewinner im Dax, Fresenius dagegen größter Dax-Verlierer mit einem Minus von fast fünf Prozent. Nach Einschätzung Oberhofers zeigt die Prognose von Fresenius für das laufende Jahr, "dass es fundamental erstmal weiterhin sehr schwierig" bleibe und das von Sen angekündigte Sparprogramm notwendig sei. Die Frage sei nun, wann Fresenius seine Beteiligung an FMC von derzeit 32 Prozent reduziert und wann eine fundamentale Verbesserung sichtbar wird.

Die komplexe Konzernstruktur von Fresenius mit vier Sparten von der schwächelnden Dialyse-Tochter über die Helios-Kliniken bis zur Medikamentensparte Kabi ist vielen Investoren zu unübersichtlich. Druck kam vom Hedgefonds Elliott, der bei Sen auf die Herausnahme von FMC aus der Bilanz drängte, nachdem die Tochter der Mutter mehrfach die Geschäftszahlen verhagelt hatte. Die Fresenius SE & Co KGaA hält zwar nicht die Mehrheit an FMC, muss die Tochter bislang aber wegen der Machtverhältnisse in der KGaA-Struktur voll konsolidieren.

Sen will sich nun auf Kabi und Helios konzentrieren. "Der Konzern bekommt einen klaren Fokus", sagte er. FMC, aber auch die Dienstleistungssparte Vamed würden künftig als reine Finanz-Beteiligungen geführt. Die Umwandlung in eine AG muss noch von einer außerordentlichen FMC-Hauptversammlung abgesegnet werden, die für Juli geplant ist. In diesem Jahr fließen die Zahlen der Dialyse-Tochter damit letztmals in die Bilanz des Konzerns ein, ab dem nächsten Jahr muss Fresenius nur noch anteilig Gewinne und Verluste verbuchen.

SEN: VERKAUF VON FMC-ANTEILEN WÄRE LEICHTER MÖGLICH

Für Fresenius hatte sich der Dialyse-Spezialist immer mehr zum Bremsklotz entwickelt. FMC leidet unter Personalmangel und steigenden Kosten, weshalb auch Fresenius seine Ziele für 2022 mehrfach senken musste. "Beide Unternehmen gewinnen durch den Wechsel der Rechtsform (...) Flexibilität und können ihre strategischen Prioritäten besser vorantreiben", sagte Fresenius-Aufsichtsratschef Wolfgang Kirsch. Sen betonte, Fresenius wolle FMC-Aktionär bleiben, "weil wir wissen, dass dieser Markt attraktiv ist". Wenn man das Paket aber irgendwann doch zu Geld machen solle, wäre das künftig ohne Vorbedingungen möglich.

"Fresenius Medical Care braucht einen operativen Turnaround, es muss seine Leistung verbessern und sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren", forderte Sen. Die neue FMC-Chefin Helen Giza erhofft sich von der Trennung mehr Handlungsspielraum und schnellere Entscheidungen. FMC wolle bis 2025 rund 650 Millionen Euro einsparen, 150 Millionen mehr als bisher geplant. Bei Fresenius will von 2025 an jährlich rund eine Milliarde Euro an strukturellen Kosten einzusparen. Ob damit auch ein Stellenabbau verbunden ist, ließ das Unternehmen zunächst offen.

Im abgelaufenen Jahr wuchs der Umsatz von Fresenius zwar währungsbereinigt um vier Prozent auf 40,8 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) schrumpfte aber um ein Zehntel auf 4,0 Milliarden. Die Dividende soll trotzdem mit 92 Cent je Aktie stabil bleiben. Allein bei FMC ging das Ergebnis um 13 Prozent auf 1,82 Milliarden Euro zurück.

Für 2023 stellt Fresenius ein organisches Umsatzwachstum von einem bis fünf Prozent in Aussicht. Das Ebit vor Sondereinflüssen soll währungsbereinigt bestenfalls stabil bleiben, im schlechtesten Fall aber um einen hohen einstelligen Prozentsatz schrumpfen - ohne FMC fiele der befürchtete Rückgang geringer aus. Kosteninflation und Arbeitskräftemangel dürften sich 2023 noch deutlich stärker auf das Geschäft auswirken als im vergangenen Jahr. (Reuters)

 


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