Der Europäischen Union gelingt es offenbar nicht, die Vermögenswerte russischer Milliardäre ausfindig zu machen und einzufrieren, gegen die sie im Rahmen des Kampfes gegen Russland Sanktionen verhängt hat. Sie hat bisher nur etwa 20,9 Milliarden Euro an Vermögenswerten eingefroren, wie Bloomberg berichtet. Im Oktober hatte die EU schon etwa 17,4 Milliarden Euro eingefroren.
Während Belgien und Luxemburg russische Vermögen in Milliardenhöhe eingefroren haben, melden andere EU-Staaten nur geringfügige Zahlen. Griechenland etwa hat eigenen Angaben zufolge nur 212.201 Euro eingefroren, und Malta meldete nur 222.470 Euro. EU-Beamte gehen davon aus, dass es noch wesentlich mehr Vermögenswerte sanktionierter russischer Personen gibt.
Im Jahr 2019 wurden die russischen Direktinvestitionen in der Europäischen Union laut offiziellen Statistiken auf 136 Milliarden Euro geschätzt. Über Bankkonten russischer Staatsangehöriger sowie über Immobilien und andere Portfolios dürften jedoch noch viele weitere Milliarden in die EU geflossen sein.
Allerdings werden nicht alle russischen Gelder, die in die EU geflossen sind, mit sanktionierten Personen in Verbindung gebracht, und tatsächlich ist es nicht immer einfach, sie zu identifizieren, da die eigentlich zu sanktionierenden Vermögenswerte oft hinter komplexen Unternehmensstrukturen oder Vermittlern versteckt sind.
Die EU hat fast 1.500 Personen mit Sanktionen belegt, den Export von Hunderten von Waren und Technologien eingeschränkt und viele wichtige Einnahmequellen Moskaus ins Visier genommen. Doch offenbar verfügt die EU noch immer über keinen wirksamen Mechanismus zur Durchsetzung dieser Maßnahmen.
Ein Sprecher der EU-Kommission, Christian Wigand, sagte, dass sich die Summe der in der EU eingefrorenen Vermögenswerte seit April 2022 mehr als verdreifacht habe. Er fügte hinzu, dass sich die EU auf die von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Informationen stützt und dass die Häufigkeit der von den Staaten bereitgestellten Daten uneinheitlich ist.
Die bisherigen Bemühungen der EU haben nicht viel gebracht. Im jüngsten zehnten Sanktionspaket einigten sich die EU-Staaten immerhin auf die Einführung einiger obligatorischer Meldepflichten für Banken und andere Wirtschaftsbeteiligte, verzichteten aber auf eine Verhängung von Geldstrafen bei Verstößen.
Derzeit sind bei den Gerichten der EU Dutzende von Klagen russischer Bürger anhängig, die versuchen, Zugriff auf ihre eingefrorenen Gelder zu erhalten. Am Mittwoch erklärten die EU-Richter die Aufnahme der achtzigjährigen Mutter des Gründers der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin, in die Liste der sanktionierten Personen für nichtig.
Vor einem Jahr richtete die EU eine Taskforce "Einfrieren und Beschlagnahmen" ein, um die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten zu verbessern, die weiterhin für die Durchsetzung der EU-Sanktionen zuständig sind. Diese Taskforce soll untersuchen, wie das Straf- und Steuerrecht für den Wiederaufbau der Ukraine genutzt werden kann
Sie wird "an der Spitze eines wichtigen Teils" der von der EU-Kommission bereits begonnenen Arbeit stehen, "um stillgelegte öffentliche Vermögenswerte zu kartieren und aufzuspüren", sagte Justizkommissar Didier Reynders im letzten Monat. "Dies ist notwendig, um bei unseren Überlegungen über die mögliche Verwendung solcher Vermögenswerte voranzukommen."
Die EU arbeitet auch an neuen Regeln, um die Umgehung von Sanktionen unter Strafe zu stellen, und prüft die Möglichkeit, das von den Mitgliedstaaten bereits eingefrorene russische Zentralbankvermögen in Höhe von mehreren Milliarden Euro für den Wiederaufbau der Ukraine zu verwenden.