Politik

Politisches Erdbeben in den Niederlanden: Establishment abgewählt

In den Niederlanden hat sich ein politisches Erdbeben ereignet. Die Bürger haben dem Establishment - und seiner Klima-Agenda - einen schweren Denkzettel verpasst.
16.03.2023 14:00
Aktualisiert: 16.03.2023 14:29
Lesezeit: 2 min
Politisches Erdbeben in den Niederlanden: Establishment abgewählt
Niederlande: Bürger protestieren gegen Klima-Vorschriften. (Foto: dpa) Foto: Peter Dejong

In den Niederlanden hat die dramatische Niederlage der Regierungskoalition bei den Provinzwahlen ein politisches Erdbeben ausgelöst. Die vier Parteien der Koalition von Ministerpräsident Mark Rutte verloren nicht nur in den 12 Provinzen des Landes deutlich, sondern auch in der Ersten Kammer des nationalen Parlaments, vergleichbar mit dem deutschen Bundesrat. Dort werden sie nach den Hochrechnungen vom Donnerstag nur noch über knapp ein Drittel der Mandate verfügen - sie landeten somit weit entfernt von der für Gesetzesbeschlüsse notwendigen Mehrheit.

Die Verluste gefährden die Stabilität der Regierung von Premier Rutte. Am Tag nach der Wahl sprachen Zeitungen von einem "historischen Denkzettel" und einer "Abrechnung mit der Regierung Rutte".

Überragender Sieger ist die neue nationalkonservative Bauer-Bürger-Bewegung BBB. Sie war erstmals 2021 bei den Parlamentswahlen angetreten und erzielte damals ein Prozent der Stimmen. Nach den vorläufigen Endergebnissen der Provinzwahlen vom Mittwoch wurde die BBB in vielen Provinzen mit Abstand und auf Anhieb stärkste politische Kraft.

Sie gewann aber auch in der Ersten Kammer 15 der 75 Mandate und kam gleichauf mit den Sozialdemokraten und Grünen, die erstmals mit einer gemeinsamen Liste antraten und leichte Gewinne verbuchten. Die mitregierenden Christdemokraten verloren dagegen fast die Hälfte der Mandate.

Die Protestpartei BBB vertritt nach den Worten ihrer Vorsitzenden Caroline van der Plas "die Bürger, die nicht gehört werden". Der große Wahlsieg sei ein Signal an Den Haag: "Sie können uns nicht länger ignorieren. Wir werden mitregieren."

Für Rutte, der seit 12 Jahren Ministerpräsident ist, wird das Regieren nun äußerst schwierig. Beobachter bezweifeln, dass er wichtige Gesetze zum Klimaschutz, zur Reform der Landwirtschaft oder beim Thema Asyl durchbringen kann. Rutte zeigte sich enttäuscht: "Das ist nicht der Sieg, auf den wir gehofft hatten." Doch er war zugleich zuversichtlich, dass er Mehrheiten finden werde.

Doch die Konflikte treten bereits deutlich zutage. Die BBB forderte, dass von der Regierung geplanten Eingriffe in die intensive Landwirtschaft vom Tisch müssten. Dagegen bekräftigte die linksliberale Regierungspartei D66, dass sie an der "progressiven Agenda" etwa beim Klimaschutz und in der Landwirtschaft festhalten werde.

Hauptthema bei diesen Wahlen waren die angekündigten einschneidenden Umweltauflagen für die Landwirtschaft. Die Koalition will den Stickstoff-Eintrag bis 2030 drastisch reduzieren. Die Maßnahmen könnten das Ende für etwa 30 Prozent der Viehbetriebe bedeuten, schätzt die Regierung. Seit Monaten protestieren Bauern - auch mit Gewalt - gegen die Pläne. Die Wut der Bauern wurde aber zum Ausdruck einer allgemeinen Unzufriedenheit. "BBB ist das Sprachrohr dieses Unmuts", analysierte das NRC Handelsblad.

Lesen Sie dazu: Hollands Bauern im Aufstand: Großdemo gegen Enteignungen

BBB wurde nicht nur in ländlichen Gebieten stark, sondern auch in vielen Städten. Den Prognosen nach kam sie nun in der Ersten Kammer auf etwa 19 Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Mulfin Trade hat seine Schutzsysteme für mehr Sicherheit aktualisiert

Der Schutz persönlicher Daten ist einer der Schlüsselfaktoren, die das Vertrauen der Kunden in einen Service beeinflussen. Mulfin Trade...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trumps Politik führt zu 500 Millionen Dollar Investition in das Textilrecycling in Europa
08.06.2025

Während Donald Trump grüne Technologien im eigenen Land abwürgt, fließen halbe Milliardenbeträge nach Europa. Ein Unternehmen macht...

DWN
Politik
Politik Deutschland siedelt sich an: Infrastruktur für Bundeswehr in Litauen wächst rasant
08.06.2025

Die deutsche Militärpräsenz in Litauen ist mehr als ein geopolitisches Signal – sie verändert die lokale Infrastruktur tiefgreifend....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwedischer KI-Aufsteiger: Wie Lovable mit 15 Köpfen Millionen generiert
08.06.2025

Ein schwedisches Start-up schreibt Geschichte: Mit nur 15 Mitarbeitern generiert Lovable Millionenumsätze – weil Künstliche Intelligenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Absatzkrise in China: VW und Audi verlieren ihr Imperium
08.06.2025

Noch vor wenigen Jahren Marktführer, heute im freien Fall: Deutsche Autobauer geraten in China unter massiven Druck. Chinesische...

DWN
Technologie
Technologie Regulieren statt dominieren: Europas letzter Ausweg in der KI-Welt
07.06.2025

Europa droht im globalen KI-Wettlauf abgehängt zu werden. Doch Experten zeigen: Die wahre Macht liegt nicht in der Modellentwicklung,...

DWN
Politik
Politik Kollaps der Insekten-Revolution: EU zerstört ihre eigene Bio-Strategie
07.06.2025

Erst gefeiert als nachhaltige Wunderlösung – nun droht das Aus: Europas Insektenzüchter stecken in der Krise. Die Hoffnung, Fischmehl...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmen verkaufen: Die 10 häufigsten Fehler beim Unternehmensverkauf
07.06.2025

Was Unternehmer beim Verkauf ihres Unternehmens falsch machen – und wie selbst starke Zahlen durch fehlende Strategie, überzogene...

DWN
Politik
Politik Ehegattennachzug stagniert: Rechtliche Hürden beim Sprachnachweis
07.06.2025

Die Zahl der Visa für den Ehegattennachzug nach Deutschland ist rückläufig. Gleichzeitig bestehen weiterhin sprachliche und rechtliche...