Finanzen

Ende der Straffung? Fed pumpt massiv Geld in den Markt

Lesezeit: 4 min
17.03.2023 13:00  Aktualisiert: 17.03.2023 13:08
Innerhalb von nur einer Woche hat die Fed ihre Bilanzsumme um massive 300 Milliarden Dollar ausgeweitet. Auf den ersten Blick sieht es aus wie das Ende der Straffung. Doch die Details zeigen ein anderes Bild.
Ende der Straffung? Fed pumpt massiv Geld in den Markt
Investoren, die von Fed-Chef Jerome Powell eine schnelle Rückkehr zum QE erwarten, droht eine bittere Enttäuschung. (Foto: dpa)
Foto: Andrew Harnik

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In der Woche bis Mittwoch sind die Gesamtaktiva in der Bilanz der Federal Reserve um 297 Milliarden Dollar auf 8,639 Billionen Dollar angestiegen, wie aus den am Donnerstag von der US-Notenbank veröffentlichten Daten hervorgeht. Einige Analysten sehen darin eine Abkehr der Fed vom Kurs der geldpolitischen Straffung, den sie seit Anfang letzten Jahr unerbittlich führt - erklärtermaßen, um auf diese Weise die hohe Inflation zu bekämpfen.

Innerhalb von nur einer Woche hat die Federal Reserve ihre Bilanz auf den Stand vom letzten November ausgeweitet. Das heißt, die Notenbank hat vier Monate Reduzierung ihrer Bilanz im Handumdrehen wieder zunichte gemacht. Denn Ende letzte Woche wurden die USA von einer Bankenkrise ergriffen, nachdem zwei Banken kollabiert waren, und die Fed sah sich zu einem massiven Eingreifen gezwungen.

Stand Mittwoch hat die Fed 153 Milliarden Dollar an sogenannten Primärkrediten in der Bilanz. Diese über das sogenannte Diskont-Fenster ausgegebenen Kredite ermöglichen es den Banken, gegen Sicherheiten Kredite aufzunehmen. Noch eine Woche zuvor hatte die Fed auf diesem Weg nur 5 Milliarden Dollar an Krediten in der Bilanz. Die Kreditvergabe auf diesem Wege innerhalb einer Woche ist der bisher größte Sprung in den Daten.

Der Zinssatz, den die Geschäftsbanken an die Fed für diese Kredite zahlen müssen, beträgt derzeit 4,75 Prozent. Das ist kein Geschenk, sondern durchaus teuer für die Banken, die zudem Sicherheiten hinterlegen müssen. Daher werden die Banken diese Kredite nur im Notfall aufnehmen und wenn möglich nur für eine kurze Zeit halten. Die Vergangenheit zeigt, dass die Banken diese Kredite schnell zurückzahlen, wie das obige Diagramm von Wolf Richter zeigt.

Banken dürften Kredite schnell an Fed zurückzahlen

Die Banken haben diese Primärkredite aufgenommen, weil sie die Mittel dringend brauchten. Denn ihre Kunden zogen Ende letzter Woche und auch in dieser Woche massiv Geld ab, nachdem die Bank SVB Financial kollabiert und Panik ausgebrochen war. Es drohte ein möglicher Bank-Run und die Banken wollten offenbar vorbereitet sein, weshalb sie sich die teure Liquidität von der Fed besorgten.

Zwar sind die 153 Milliarden Dollar an Primärkrediten in der letzten Woche mehr als die 111 Milliarden Dollar auf dem Höhepunkt der Finanzkrise. Doch im Verhältnis zu den Gesamteinlagen sind die Primärkredite heute viel geringer als damals. Denn im Jahr 2008 beliefen sich die Gesamteinlagen auf 6,7 Billionen Dollar. Anfang März betrugen sie 17,6 Billionen Dollar, waren also etwa 2,6 mal so hoch wie damals.

Neben diesen Anstieg der Primärkredite in Höhe von 148 Milliarden Dollar erhielten die Banken von der Fed außerdem 11,9 Milliarden Dollar an Krediten im Rahmen des neuen Bank Term Funding Program (BTFP), das die Notenbank am Sonntag angekündigt hat. Im Rahmen dieses Programms können die Banken zu einem festen Zinssatz Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr aufnehmen, wie Wolfstreet.com erklärt.

Der Zinssatz ist an den einjährigen Overnight-Index-Swapsatz plus 10 Basispunkte gekoppelt und beträgt derzeit etwa 4,6 Prozent. Die Banken müssen auch hier Sicherheiten stellen, die zum Nennwert bewertet werden. Die Sicherheiten müssen sich am 12. März im Besitz des Kreditnehmers befunden haben. Die Banken können also keine Wertpapiere zum Marktpreis kaufen und sie dann zum Nennwert als Sicherheiten stellen.

Massive Kredite an den US-Einlagensicherungsfonds FDIC

Zu knapp der Hälfte erklärt sich der starke Anstieg der Fed-Bilanz in der Woche bis Mittwoch durch Kredite in Höhe von 142 Milliarden Dollar, welche die Notenbank an die neu eingerichteten Banken der US-Einlagensicherungsfonds FDIC vergeben hat. Diese FDIC-eigenen Banken sollen alle Einleger der beiden zusammengebrochenen Kreditinstitute Signature Bank und Silicon Valley Bank schützen.

Die FDIC hat alle Vermögenswerte und Einlagen der zusammengebrochenen Banken auf ihre neuen Banken übertragen. Und diese FDIC-eigenen Banken müssen nun bei der Fed Kredite aufnehmen und Sicherheiten stellen. Der Betrag von 142 Milliarden Dollar wird in dem Maße sinken, wie die FDIC die Vermögenswerte verkauft und mit den Erlösen die Kredite an die Fed zurückzahlt.

Die neuen Kredite der Federal Reserve an die Geschäftsbanken (148 Milliarden Dollar plus 12 Milliarden Dollar) und an die FDIC-eigenen Banken (142 Milliarden Dollar) beliefen sich in der Woche bis Mittwoch also auf insgesamt rund 302 Milliarden Dollar. Doch neben diesen Ausweitungen der Bilanz ging auch die Quantitative Straffung (Quantitative Tightening, QT) weiter.

Fed treibt Kürzung ihrer Bilanz weiter voran

In der Woche bis Mittwoch hat die Federal Reserve ihren allmählichen Abbau von Wertpapieren (QT) fortgesetzt. Auf diese Weise verringert sie ihre Bilanzsumme, was sie mit dem Kampf gegen die Inflation begründet. US-Staatsanleihen werden zweimal im Monat fällig, zur Monatsmitte und am Monatsende. In der aktuellen Bilanz wurden nur rund 7 Milliarden Dollar an Anleihen ausgebucht. Erst zum Monatsende steht wieder eine größere Ausbuchung an.

Auch den Abbau von hypothekenbesicherten Wertpapieren (Mortgage-backed securities, MBS) treibt die Fed im Rahmen von QT unnachgiebig weiter voran, auch wenn in der letzten Woche nur ein minimaler Abbau von 1,3 Milliarden Dollar verzeichnet wurde, weil die meisten Zahlungen gegen Ende des Monats abgewickelt werden. Bis Ende März wird keine größere Zahlung erwartet.

Fazit: Die starke Ausweitung der Fed-Bilanz in der Woche bis Mittwoch ist auf die aktuelle Krise im US-Bankenmarkt zurückzuführen und voraussichtlich nur kurzfristiger Natur. Zugleich scheint die Fed die Straffung ihrer Geldpolitik weiter voranzutreiben. Investoren, die infolge der Bankenkrise ein Ende der straffen Geldpolitik erwarten (beziehungsweise erhoffen), könnten von der kommenden Entwicklung enttäuscht werden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor für Unternehmenserfolg
01.05.2024

Die Studie „Corporate Sustainability im Mittelstand“ zeigt, dass der Großteil der mittelständischen Unternehmen bereits Maßnahmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Private Pflegezusatzversicherungen: Wichtige Absicherung mit vielen Varianten
01.05.2024

Die gesetzliche Pflegeversicherung reicht oft nicht aus, um die Kosten im Pflegefall zu decken. Welche privaten Zusatzversicherungen bieten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 22-Prozent unbezahlte Überstunden: Wenn Spitzenkräfte gratis arbeiten
01.05.2024

Arbeitszeit am Limit: Wer leistet in Deutschland die meisten Überstunden – oft ohne finanziellen Ausgleich? Eine Analyse zeigt,...

DWN
Finanzen
Finanzen Die größten Kostenfallen: So sparen Sie bei Fonds, Aktien und Co.
01.05.2024

Viele Anleger unterschätzen die Wirkung von Anlagekosten. Dabei sind Fondsgebühren, Orderkosten und Co. auf lange Sicht enorm...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konsumstimmung steigt: Die Deutschen shoppen wieder
01.05.2024

Laut aktuellen Erhebungen der GfK steigt die Konsumstimmung in Deutschland für den Mai auf ein Zwei-Jahres-Hoch. Ausschlaggebend sind...