Finanzen

BlackRock: US Fed könnte Leitzins auf 20 Jahres-Hoch anheben

Lesezeit: 3 min
14.03.2023 09:50  Aktualisiert: 14.03.2023 09:50
Der weltgrößte Vermögensverwalter erklärt warum die US-Inflation so hartnäckig hoch bleibt, und was genau der Werkstoff Polyurethan mit der US-Wirtschaft zu tun hat.   
BlackRock: US Fed könnte Leitzins auf 20 Jahres-Hoch anheben
Ein Blick auf die New Yorker Büros des globalen Finanzunternehmens BlackRock. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der weltgrößte Vermögensverwalter erwartet, dass der US-Leitzins auf sechs Prozent steigen könnte - den höchsten Stand seit 20 Jahren - nachdem der Präsident der US-Notenbank Federal Reserve System (Fed)-Vorsitzende Jerome Powell davor gewarnt hat, dass die Zinssätze wahrscheinlich höher ausfallen werden als zuvor angenommen.

Powell hält nach einer Verringerung des Zinserhöhungstempos künftig wieder größere Zinsschritte für möglich. „Obwohl sich die Inflation in den letzten Monaten abgeschwächt hat, ist es noch ein weiter Weg bis zur Rückkehr zu einer Inflationsrate von zwei Prozent, der wahrscheinlich holprig sein wird“, sagte er vor Kurzem vor einem Senatsausschuss in Washington.

Seine Äußerungen kamen noch vor Berichten von dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA, der größte Bankenkollaps seit der 2008-Finanzkrise. Weil die SVB Bank auf die Finanzierung von Technologiefirmen spezialisiert war, stehen jetzt auch Startup-Unternehmen unter Druck.

Laut Yahoo Finance wären Zinssätze von sechs Prozent der höchste Stand der Leitzinsen seit 20 Jahren in den USA.

US-Wirtschaft widerstandsfähiger als gedacht

CNBC zufolge schrieb BlackRock Investmentchef Rick Rieder als Antwort auf Powells Aussage vor dem Senatsausschuss, die US-Wirtschaft sei widerstandsfähiger als erwartet und verwies auf den jüngsten Arbeitsmarktbericht und den Verbraucherpreisindex. „Wir sind der Meinung, dass es eine vernünftige Chance gibt, dass die Fed den Leitzins auf sechs Prozent anheben und ihn dann für einen längeren Zeitraum beibehalten muss, um die Wirtschaft zu verlangsamen und die Inflation näher an zwei Prozent heranzuführen“, so Rieder. „Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass die heutige Wirtschaft nicht mehr so zinsempfindlich ist wie die der vergangenen Jahrzehnte. Diese Widerstandsfähigkeit ist zwar eine Tugend, erschwert aber die Situation für die Fed“, fügte der BlackRock Investmentchef hinzu.

Im Februar hob die Fed die Zinssätze um 25 Basispunkte an, so dass sich der Leitzins aktuell in einer Spanne von 4,50 Prozent bis 4,75 Prozent bewegt. Die Bank wird am 21. und 22. März erneut tagen. Die Inflation in den USA erreichte im Juni mit 9,1 Prozent ein 40-Jahres-Hoch und lag im Januar mit 6,4 Prozent noch weit über dem Zielwert.

Laut CNBC verglich Rieder die Widerstandsfähigkeit der US-Wirtschaft mit dem Werkstoff Polyurethan. „Wir haben die US-Wirtschaft kürzlich mit Polyurethan verglichen, einem bemerkenswerten Material, das sich durch Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, aber auch durch Haltbarkeit und Stärke auszeichnet“, sagte er. „Die Fähigkeit des Materials, gestreckt, gebogen und belastet zu werden, ohne zu brechen und dabei in seinen ursprünglichen Zustand zurückzukehren, macht es chemisch einzigartig.“

Wirtschaftlicher Kontext: USA und Euroraum

In ihrem letzten Bericht meldeten die USA für Januar einen Anstieg der Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft um 517.000 und lagen damit deutlich über den Marktschätzungen, während die Arbeitslosenquote auf 3,4 % und damit auf den niedrigsten Stand seit Mai 1969 fiel. Der nächste Bericht dürfte trotz der aggressiven Zinserhöhungen der Fed zur Eindämmung der Inflation weiterhin einen robusten Arbeitsmarkt zeigen, so CNBC.

Und im Euroraum unterschätzen nach Ansicht von Europäischen Zentralbank (EZB)-Direktorin Isabel Schnabel die Finanzmärkte womöglich die Hartnäckigkeit der Inflation. Die Märkte gingen davon aus, dass die Teuerung sehr schnell in Richtung des EZB-Ziels von zwei Prozent sinken und dort dann bleiben werde, während sich auch die Wirtschaft gut schlage. „Das wäre ein sehr gutes Ergebnis, aber es besteht das Risiko, dass sich die Inflation als hartnäckiger erweist als gegenwärtig eingepreist ist an den Finanzmärkten“, sagte Schnabel kürzlich in einem Bloomberg-Interview.

Die EZB strebt zwei Prozent Teuerung als Optimal-Wert für die Wirtschaft im Währungsraum an. Davon ist sie aber immer noch weit entfernt. Im Januar lag die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft bei 8,5 Prozent. Die Rate ist damit zwar schon den dritten Monat in Folge gesunken, doch die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak ausgeklammert sind, verharrte im Januar bei 5,2 Prozent.

                                                                            ***

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik SPD-Kanzlerkandidat steht fest: Pistorius zieht zurück und ebnet Weg für Scholz
21.11.2024

Nach intensiven Diskussionen innerhalb der SPD hat Verteidigungsminister Boris Pistorius Olaf Scholz den Weg für die erneute...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch kurz vor 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag hat die wichtigste Kryptowährung direkt nachgelegt. Seit dem Sieg von Donald...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...