Politik

Habeck will bestimmte Exporte nach China verbieten

Der grüne Wirtschaftsminister greift zunehmend in die freie Wirtschaft ein - auf Basis politischer Überlegungen.
26.03.2023 10:05
Aktualisiert: 26.03.2023 10:05
Lesezeit: 4 min

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will in Zukunft keine Produkte des chinesischen Herstellers Huawei mehr in modernen 5G-Mobilfunknetzen. „Es wird nicht alles, was schon eingebaut ist, ohne weiteres einfach wieder ausgebaut werden können“, sagte der Grünen-Politiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Das Netz müsse weiter funktionieren. „Aber für die Zukunft sollten wir darauf verzichten“, fügte er hinzu.

Habeck sprach sich in dem Interview zudem für schärfere Exportkontrollen in bestimmten kritischen Sektoren der Wirtschaft aus. „Wir müssen verhindern, dass uns die Technologieführerschaft verloren geht, weil wir nicht genau hinschauen“, sagte er.

Hintergrund ist die Überprüfung des Bundesinnenministeriums der im Mobilfunknetz verbauten Bestandteile. Zwar betont die Bundesregierung, diese richte sich nicht explizit gegen China und die Hersteller Huawei und ZTE. Aber Auslöser der Debatte ist die Sorge vor einer zu großen technologischen Abhängigkeit von China.

Zudem warnten amerikanische Geheimdienste wiederholt vor der Möglichkeit von Spionage durch chinesische Bauteile, ohne Beweise für diese Behauptung vorzulegen. Huawei hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Vielmehr scheinen die gegen Huawei und andere chinesische Technologiekonzerne zuletzt erlassenen Sanktionen und Repressionen Teil des übergeordneten Feldzuges der US-Regierung gegen China zu sein.

Habeck war in der Vergangenheit bereits mehrfach mit Forderungen aufgefallen, die sich gegen chinesische Unternehmen und die deutsch-chinesische Wirtschaftszusammenarbeit richteten. So versuchte er, den Teil-Einstieg der chinesischen COSCO-Reederei in einem Terminal des Hamburger Hafens zu verhindern, obwohl der Hafen und die Hansestadt dies ausdrücklich wünschten.

Lesen Sie dazu: Hamburg auf Kollisionskurs mit Habeck

Der Ansatz, die staatliche Übersicht und Kontrollbefugnisse in sicherheitsrelevanten oder sonstig kritischen Wirtschaftsbereichen zu stärken, ist an sich richtig. Problematisch im konkreten Fall erscheint aber die Motivation, die sich maßgeblich auf Informationen und politischen Agenden anderer Staaten stützt.

Umbau ist technisch schwierig

Technisch oder wirtschaftlich dürfte die Abkopplung von chinesischen Unternehmen in bestimmten Bereichen in den meisten Fällen nicht empfehlenswert sein - etwa, weil Ersatzprodukte teurer sind oder Alternativen schlichtweg qualitativ schlechter.

Das Wirtschaftsministerium selbst hatte in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Schreiben an den Wirtschaftsausschuss des Bundestages zugegeben, dass es „erhebliche Auswirkungen auf das Mobilfunknetz in Deutschland“ hätte, wenn in größerem Umfang Komponenten der chinesischen Firmen ausgewechselt werden müssen.

„Die Entwicklung neuer Beschaffungsmärkte außerhalb Chinas ist für Einkaufsorganisationen aufwendig und teuer“, sagte Riccardo Kurto, Leiter des China-Büros des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME), am Mittwoch. „Unternehmen wägen genau ab, ob sich das lohnt.“

Als Alternativen zu China seien Länder aus Südostasien wie Vietnam, aber auch Indien und Staaten in Osteuropa gefragt. Nicht alle dieser Länder böten jedoch politische Stabilität.

Kurto sprach sich für mehr Realismus im Umgang mit China aus. Manche Firmen erwirtschafteten 30 bis 40 Prozent ihres operativen Gewinns dort. Beschaffungen aus der Volksrepublik könnten nur mittel- bis langfristig aus anderen Regionen ersetzt werden. „Bei einer Rückverlagerung nach Europa ist mit deutlichen Preissteigerungen zu rechnen“, erklärte der Verband, der rund 9750 Unternehmen vertritt.

Unternehmen beschäftigten sich mit Strategien, um Abhängigkeiten von China zu senken - eine komplette Umkehr sei aber für die wenigsten eine Option, so der BME. Laut einer Umfrage unter 46 Mitgliedsfirmen des BME-Expertenkreises China ersetzen 14 Prozent die Beschaffung aus dem Land durch Lieferungen aus anderen Regionen, 37 Prozent tun das teilweise, 26 Prozent gar nicht. Drei Viertel der Firmen sehen China als verlässlichen Partner bei der Versorgung, auch weil sich mit dem Ende der Null-Covid-Politik Lieferkettenprobleme abgeschwächt haben.

Primat der Politik

Auffallend ist eine deutliche Divergenz zwischen den Interessen der deutschen Wirtschaft einerseits und der geopolitischen Zielsetzung der Bundesregierung andererseits. Deutsche Unternehmen hatten ihre Handelsbeziehungen mit chinesischen Partnern in den vergangenen Jahrzehnten massiv ausgebaut, weil beide Seiten von einer vertieften Kooperation profitierten.

Auf der anderen Seite verfolgt die Politik einen zunehmend konfrontativen Ansatz zu China und dessen Wirtschaftsbeziehungen, deren Impulse aus den USA kommen und hierzulande maßgeblich von den Grünen propagiert werden.

Im vergangenen November hatte die Bundesregierung in zwei Fällen geplante Geschäfte chinesischer Investoren bei deutschen Unternehmen gestoppt. Konkret untersagte das Bundeskabinett den Verkauf einer Chipfertigung des Dortmunder Unternehmens Elmos an ein chinesisches Unternehmen. Der andere Fall unterliege den Geschäftsgeheimnissen der Firma, daher könne er nicht in Details gehen, sagte Habeck. Laut dem Handelsblatt geht es im zweiten Untersagungsfall um den Erwerb der in Bayern ansässigen Firma ERS Electronic durch einen chinesischen Investor. ERS Electronic sei ein weltweit tätiges Unternehmen in der Halbleiteranlagenindustrie.

Der Einfluss der US-Regierung wirkt dabei nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. So wird der niederländische Technologiekonzern ASML – der größte Tech-Konzern Europas – aufgrund von amerikanischem Druck bestimmte hochentwickelte Maschinen nicht mehr nach China liefern – eine Entscheidung, auf welche Peking verärgert reagiert.

Wie die South China Morning Post berichtet, erwog der chinesische Botschafter in den Niederlanden Konsequenzen, sollte der Handelsverkehr von den Niederländern auf Wunsch Dritter bewusst gestört werden.

Exporte nach China sinken

Das China-Geschäft der deutschen Exporteure schwächelt indes auch nach dem Ende der strikten Corona-Auflagen. Die Ausfuhren in die Volksrepublik brachen im Januar/Februar um mehr als elf Prozent im Vergleich zu den ersten beiden Monaten 2022 auf 15,2 Milliarden Euro ein. Das geht aus vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes hervor, die der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlagen.

Zum Vergleich: Die Ausfuhren in die USA sind in den ersten beiden Monaten jeweils zweistellig gewachsen. Schon 2022 lahmte das China-Geschäft: Es legte nur um 3,1 Prozent auf 106,8 Milliarden Euro, das mit den USA dagegen um 27,9 Prozent auf 156,1 Milliarden Euro.

Nach den Worten von Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen ist das stark schrumpfende China-Geschäft „noch eine Spätfolge der Lockdown-Maßnahmen, die erst Ende des vergangenen Jahres gelockert wurden.“ Er gehe davon aus, dass sich die Nachfrage aus der Volksrepublik in den kommenden Monaten nach der Wende in der Corona-Politik beleben wird. „Allerdings sollten wir keinen Nachfrageboom wie in der Vergangenheit erwarten, da die chinesischen Wirtschaft bei weitem nicht mehr so stark zulegen wird wie sie es vor der Corona-Pandemie getan hat.“

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