Wirtschaft

Großer Betrugsfall im Nickel-Markt aufgeflogen – Börse stoppt Handel

Der Markt für das wichtige Industriemetall Nickel ist von einem großen Betrugsfall erschüttert worden – nicht zum ersten Mal.
28.03.2023 10:00
Lesezeit: 2 min

Die Londoner Metallbörse (London Metal Exchange – LME) wird von einem großen Betrugsfall erschüttert. Wie der englischsprachige Dienst von Reuters berichtet, hatte die Börse daraufhin am 17. März den Handel mit dem Industriemetall eine Woche lang ausgesetzt.

„Die Börse hat Informationen erhalten, wonach eine Reihe von physischen Nickel-Transporten aus einem bestimmten Warenlager eines von der LME zertifizierten Anbieters Unregelmäßigkeiten aufweisen“, heißt es in einer Stellungnahme. Insgesamt gehe es um 54 Tonnen. Die LME nannte weder den Standort noch den Namen des Warenlagers.

Bloomberg zitiert namentlich nicht genannte Quellen, wonach in Säcken, die Nickelbriketts enthalten sollten, Steine gefunden wurden. Das betroffene Warenhaus befinde sich in Rotterdam und werde von der Firma Access World betrieben, so die Zeitung.

Die LME rief Warenhausbetreiber auf, ihre Bestände zu überprüfen. Dies ist auch der Grund, warum der Handel mit dem Metall eine Woche lang ausgesetzt wird.

Nickel – anfällig für Betrügereien

Es ist nicht das erste Mal in der jüngsten Vergangenheit, dass Nickel-Händler mit Skandalen und Unregelmäßigkeiten auffallen. Der Handel mit dem Metall ist anfällig für Betrügereien, weil Nickel wertvoll ist, im Zuge der Energiewende zunehmend nachgefragt wird und darüber hinaus häufig als Pfand für Finanzgeschäfte und Bankkredite genutzt wird.

Erst im vergangenen Jahr warnte der Rohstoffhändler Trafigura vor „systematischen Betrügereien“, die der Konzern bei einem Subunternehmer entdeckt haben wollte. In mehr als 1.100 Containern im Gesamtumfang von rund 25.000 Tonnen könnte sich demnach nicht wie in den Papieren angegeben Nickel befunden haben. Das Unternehmen schrieb im Februar in einer Pressemitteilung:

Trafigura hat kürzlich einen systematischen Betrug entdeckt, der von einer Gruppe von Unternehmen begangen wurde, die mit Herrn Prateek Gupta verbunden sind und anscheinend von ihm kontrolliert werden, darunter TMT Metals und Unternehmen der UD Trading Group. Trafigura hat rechtliche Schritte gegen Herrn Gupta und die beteiligten Unternehmen eingeleitet.

Der Betrug betrifft Nickel in Containern, das im Jahr 2022 transportiert wurde, und beinhaltet falsche Angaben und die Vorlage einer Vielzahl falscher Unterlagen. Der Betrug ist auf einen bestimmten Geschäftsbereich beschränkt. Wir haben keine Beweise dafür gesehen, dass irgendjemand bei Trafigura an dieser illegalen Aktivität beteiligt oder mitschuldig war.

Eine gründliche Überprüfung ist im Gange. Seit Ende Dezember 2022 wurde ein kleiner Teil der von diesen Unternehmen gekauften Container bei ihrer Ankunft am Bestimmungsort kontrolliert und es wurde festgestellt, dass sie kein Nickel enthalten. Die Mehrzahl der Sendungen bleibt unterwegs und wartet auf weitere Inspektionen. Nichtsdestotrotz verzeichnete die Gruppe im ersten Halbjahr 2023 eine Belastung von 577 Millionen US-Dollar für Trafigura Group Pte Ltd., die als das maximale Verlustrisiko im Zusammenhang mit diesem Betrug geschätzt wird.

Im März 2022 – kurz nach dem Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine – kam es darüber hinaus zu schweren Verwerfungen auf dem weltweiten Nickel-Markt. In Erwartung von Sanktionen des Westens gegen russisches Nickel (das Land steuert etwa 10 Prozent der Weltjahresleistung bei) vervielfachten sich die Preise innerhalb weniger Tage und lösten einen sogenannten „Short Squeeze“ beziehungsweise hohe Nachschussforderungen bei Marktteilnehmern aus, die im Futures-Terminhandel auf sinkende Preise gewettet hatten

Auch damals setzte die LME den Handel mit dem Industriemetall mehrere Tage lang aus.

Im Februar 2022 gewann der Broker ED&F Man in London ein Gerichtsverfahren gegen mehrere Rohstoffhändler, bei dem es ebenfalls um Betrügereien mit Nickel ging. Dem Broker wurden daraufhin 283 Millionen Dollar Schadensersatz zugesprochen.

Im Dezember 2021 wurde Klage gegen einen Geschäftsmann aus Singapur erhoben, welcher mit gefälschten Nickel-Lieferungen einen Schaden von mehr als einer Milliarden Dollar angerichtet haben soll.

Ein 2017 begonnener Rechtstreit zwischen der französischen Bank Natixis und Marex Financial führte 2019 zu einer Entschädigung für Natixis von 32 Millionen Dollar.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...