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Wärmepumpen: Stein der Weisen oder überzeichneter Hype?

Lesezeit: 5 min
10.04.2023 10:00
Für Wirtschaftsminister Habeck sind Wärmepumpen die Heiztechnologie der Zukunft. Dabei gibt es durchaus Zweifel an ihrer Effizienz. Ist am Ende doch alles nur Hype? Wir beleuchten die Vor- und Nachteile von Wärmepumpen.
Wärmepumpen: Stein der Weisen oder überzeichneter Hype?
Ein Mitarbeiter der Bosch Thermotechnik GmbH öffnet in einer Klimakammer das Gehäuse einer Bosch-Wärmepumpe. In der Kältekammer werden Wärmepumpen von Bosch geprüft. (Foto: dpa)
Foto: Marijan Murat

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Für Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist die Energiewende im Gebäudebereich unmittelbar mit der Umstellung fossiler Heizsysteme auf Wärmepumpen verknüpft. Andererseits sorgte im März ein Wärmepumpen-Experten im „Spiegel“ für Aufruhr mit der Aussage, dass 98 Prozent der in Deutschland installierten Wärmepumpen ineffizient arbeiten. Gegensätzlicher könnten Positionen vermeintlich kaum sein. Beide Aussagen widersprechen sich, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, trotzdem nicht, wie eine differenzierte Betrachtung zeigt.

Wärmepumpen sollen, wenn es nach den Plänen von Habeck geht, mittelfristig das vorherrschende Heizungssystem in Deutschland werden. Eine Wärmepumpe arbeitet nach dem Prinzip eines umgekehrten Kühlschranks: Die Umgebungswärme wird genutzt, um das Haus zu heizen. Gewonnen wird diese Umgebungswärme, je nach Typ der Wärmepumpe, aus der Luft, dem Erdreich, dem Grund- oder Abwasser. Für den Betrieb der Wärmepumpe wird Strom benötigt. Und Strom lässt sich, zumindest theoretisch, aus regenerativen Energiequellen gewinnen.

Trotzdem gibt es viel Kritik an dem Ansatz, die „Wärmewende“ an den Austausch herkömmlicher Heizungssysteme durch Wärmepumpen zu erreichen. Die Kritik ist vielschichtig und betrifft vor allem die Aspekte Effizienz und Umwelt- sowie Lärmbelästigung. Zusätzlich wird regelmäßig angeführt, dass Wärmepumpen für Altbauten nicht geeignet sind und die Heiztechnologie zu teuer ist, um sich durchsetzen zu können. Die Antworten auf diese Kritik sind ebenso vielschichtig.

Auf Bundesebene wird derzeit über die Wärmepumpenoffensive angestrebt, in den kommenden Jahren jeweils 500.000 neue Wärmepumpen in Wohngebäuden zu installieren. „Die Wärmepumpenoffensive ist notwendig, damit Wärmepumpen die führende Rolle im Heizungsmarkt spielen und die Treibhausgasimmissionen des Gebäudebestandes endlich stark genug sinken“, so Jens Schuberth, Mitarbeiter im Fachgebiet V 1.4 „Energieeffizienz“ im Umweltbundesamt. Die Frage ist also: Können Wärmepumpen diese Aufgabe erfüllen?

Effizienz von Wärmepumpen

Die häufigste Kritik an Wärmepumpen betrifft die ineffiziente Arbeitsweise des Heizungssystems. Auch, wenn die Technologie der Wärmepumpe nicht gänzlich neu ist, so hat sie bis vor wenigen Jahren eine Außenseiterrolle gespielt: Laut Statistischem Bundesamt lag der Anteil der Wärmepumpen bei Neubauten im Jahr 2000 bei gerade einmal 0,64 Prozent. In 2020 lag er bereits bei 45,8 Prozent. Den meisten Heizungsfachbetrieben fehlte es bislang einfach an Erfahrungen im Einbau von Wärmepumpen. Daher weist Schuberth auch auf einen weiteren Aspekt der Wärmepumpenoffensive hin: „Die Offensive hilft, alle Akteure einzubinden und die nötigen Kapazitäten an Wissen, Fertigungs- und Installationskapazitäten zu schaffen.“

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, und darauf zielt die Kritik in Bezug auf die mangelnde Effizienz der installierten Wärmepumpen ab, dass es bislang bei vielen Heizungsfachbetrieben an Wissen und Erfahrung in der Planung, der Installation sowie der Wartung von Wärmepumpen mangelt. Problematisch ist dies insbesondere, weil bei diesem Heizungssystem eine sorgfältige Planung deutlich wichtiger ist als bei Öl- oder Gasheizungen. Da es sich bei Wärmepumpen um Niedertemperatur-Heizsysteme handelt, muss zunächst der exakte Wärmebedarf ermittelt und, wenn erforderlich und möglich, durch energetische Sanierungen optimiert werden. Zudem muss berücksichtigt werden, ob in einer Immobilie Flächenheizungen, also insbesondere Fußbodenheizungen, oder aber herkömmliche Heizkörper verwendet werden. Nur dann kann eine Wärmepumpe ausgewählt werden, die weder zu groß noch zu klein dimensioniert ist.

Grundsätzlich ist die Kritik nicht unbegründet, dass Wärmepumpen aktuell oftmals ineffizient arbeiten. Dies liegt aber nicht an der Technologie der Wärmepumpe an sich. Vielmehr liegt die ineffiziente Arbeitsweise daran, dass vielfach keine optimale Planung im Vorfeld der Installation der Wärmepumpe erfolgt ist. Mit anderen Worten: Es wurde die falsche Wärmepumpe für das spezifische Haus ausgewählt. Zudem ist der Anteil der Luftwärmepupen, also der Wärmepumpen, die die Wärme aus der Luft gewinnen, nach wie vor sehr hoch. „Beim Umstieg auf eine Wärmepumpe sollte die ganze Vielfalt der Wärmequellen genutzt werden, nicht nur Luft und Erdreich, sondern zum Beispiel photovoltaisch-thermische Kollektoren, Abluft, Eisspeicher oder Abwasser“, heißt es dazu aus dem Umweltbundesamt.

Umweltaspekte und Lärmimmission der Wärmepumpen

Auch unter dem Umweltgesichtspunkt kommt es wieder auf die Frage an, wie effizient eine Wärmepumpe arbeitet. Neben einer optimalen Auslegung der Wärmepumpenanlage für die konkrete Immobilie, kommt es auf die Energieverbrauchskennzahlen an. Hier sind vor allem die beiden Kennzahlen COP und JAZ relevant. Der Coefficient Of Performance (COP-Wert) gibt den Wirkungsgrad der Wärmepumpe an. Die COP-Werte unterscheiden sich zwischen den Technologien (Erdwärmepumpe oder Luftwärmepumpe) sowie zwischen den unterschiedlichen Herstellern und Modellen. Die Jahresarbeitszahl (JAZ) gibt Aufschluss darüber, wie viel Strom für die Bereitstellung von Heizwärme benötigt wird.

Für den Betrieb braucht eine Wärmpumpe immer Strom. Da Strom laut Statistischem Bundesamt aktuell noch immer zu über 50 Prozent aus fossilen Quellen erzeugt wird, sind Wärmepumpen nach heutigem Stand noch nicht komplett klimaneutral. Verringert werden kann der Anteil an Strom aus fossilen Quellen dadurch, dass eine Wärmepumpe mit einer Photovoltaikanlage auf dem eigenen Dach kombiniert wird. Außerdem können Verbraucher den Strom für ihre Wärmepumpe von Ökostrom-Anbietern beziehen und so einen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

Wie ein Kühlschrank benötigt eine Wärmepumpe für den Betrieb zudem ein Kühlmittel. Viele Wärmepumpen enthalten nach Angaben des Umweltbundesamtes auch heute noch größtenteils HFKW als Kältemittel, deren Immissionen klimaschädlich sind. „Mit einem natürlichen Kältemittel wie Propan ist die Umweltbilanz einer Wärmepumpe noch besser“, so Schuberth. Das Thema Umweltverträglichkeit der Wärmepumpentechnologie hängt daher sehr von der Auswahl des entsprechenden Modells ab. Das Fazit von Sonka Terfehr von der Umweltorganisation Greenpeace e.V. zum Thema Wärmepumpen lautet dementsprechend: „Grundsätzlich halten wir es für dringend notwendig, möglichst schnell flächendeckend auf Wärmepumpen umzustellen und keine neuen fossilen Heizungen (Öl und Gas) mehr in Gebäuden einzubauen.“

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Lärmimmission, die von Wärmepumpen ausgeht. Da Wärmepumpen in aller Regel im Außenbereich montiert werden, sind Geräuschentwicklungen auch für die Nachbarn wahrnehmbar. Beim Kauf einer Wärmepumpe sollte daher auf die Angaben zu dem Geräuschpegel in dB geachtet werden. Anlagen mit Werten unter 55 dB gelten als besonders geräuscharm. Minimiert werden kann der Geräuschpegel zusätzlich durch eine sachgerechte Installation sowie eine schalltechnisch günstige Aufstellung. Auch hier kommt es also wieder auf das Know-how des ausführenden Fachbetriebs bei der Montage an.

Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen

Wärmepumpen sind in der Anschaffung bedeutend teurer als Öl- oder Gasheizungen. Aktuell beginnen die Preise für eine Wärmepumpe bei 12.000 Euro. Je nach Größe und Wärmebedarf der Immobilie sowie abhängig von der Art der Wärmepumpe können die Anschaffungskosten aber auch 25.000 Euro oder sogar darüber betragen. Die Wirtschaftlichkeit der Wärmepumpe ergibt sich daher nur mit Blick auf den Lebenszyklus der Anlage. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Preise für Wärmepumpen mittelfristig sinken werden. Um die Wärmewende für alle Haushalte bezahlbar zu machen, lautet die Empfehlung des Umweltbundesamtes: „Die Bundesregierung sollte Menschen mit niedrigen Einkommen unterstützen, damit sie eine Wärmepumpe anschaffen können, zum Beispiel mit Fördermitteln oder zugeschnittenen Finanzierungsinstrumenten.“

Einsparungen sind bei den laufenden Kosten einer Wärmepumpe zu verzeichnen: Bei den aktuellen Gas- und Strompreisen ergibt sich für ein durchschnittliches Einfamilienhaus laut Vergleichsportal Verivox ein Preisvorteil von knapp 40 Prozent für Wärmepumpen im Vergleich zu Gasheizungen. Um hier zusätzliche Unabhängigkeit zu erzielen, sollte eine Wärmepumpe mit einer Photovoltaikanlage kombiniert werden. Deren Anschaffung rechnet sich ebenfalls nur mit Blick auf den Lebenszyklus der Anlage. Allerdings lassen sich die laufenden Stromkosten auf diese Weise deutlich senken. Zudem gibt es aktuell attraktive Förderungen, insbesondere die Befreiung von der Mehrwertsteuer für kleine und mittlere PV-Anlagen.

Zu den Folgen des Klimawandels, die bereits zu spüren sind, gehören zum Teil sehr hohe Temperaturen im Sommer. Wärmepumpen können, wenn sie mit Flächenheizungen betrieben werden, als Klimaanlage genutzt werden. In Kombination mit einer Photovoltaikanlage ist eine Wärmepumpe dann eine besonders energieeffiziente Möglichkeit, Temperaturen im Sommer zu senken. Aber auch hier zeigt sich: Wärmepumpen können nur ein Teil der Strategie gegen den Klimawandel sein.

Syndikusrechtsanwalt Michael Nack vom Vereins
Wohnen im Eigentum e. V. fordert daher: „Die Wärmepumpenoffensive ist im Hinblick auf die Energie- und Klimawende erforderlich. Sie muss aber von Aufklärungs- und Fördermaßnahmen begleitet werden, gerade für Wohnungseigentümergemeinschaften. Neben den Wärmepumpen sind weitere Maßnahmen nötig, zum Beispiel der Ausbau von PV-Anlagen. Dazu liegt zwar ein Strategiepapier vor, das aber abstrakt bleibt und die Wohnungseigentümer und WEGs nicht in der nötigen Weise berücksichtigt.“ Wärmepumpen haben also das Potential, nachhaltig zur Wärmewende beizutragen. Aber es müssen weitere Voraussetzungen erfüllt werden, damit Wärmepumpen den versprochenen Erfolg bringen können.

Nicole Ziese ist freie Journalistin, Juristin und Autorin in den Bereichen Immobilien, Medizin und Soziales sowie Karriere. Sie hat jahrelange Erfahrung im Verfassen von Beiträgen rund um die Immobilienwirtschaft aber auch Architektur, Sanieren sowie baurechtliche Themen. Sie lebt in Köln und Irland.

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