Wirtschaft

Preisdeckel wird missachtet: Russland kann Öl teurer verkaufen

Zwar muss Russland seine wichtigste Ölsorte Ural etwas billiger verkaufen als andere Sorten. Doch das Land nimmt weiterhin deutlich mehr ein, als der Preisdeckel des Westens eigentlich erlaubt.
Autor
18.04.2023 17:38
Aktualisiert: 18.04.2023 17:38
Lesezeit: 2 min
Preisdeckel wird missachtet: Russland kann Öl teurer verkaufen
Der Öl-Preisdeckel gegen Russland wird im großen Stil missachtet. (Foto: iStock.com//Dikuch) Foto: Dikuch

Nach Berechnungen von Händlern und Reuters haben Indien und China im April große Mengen russischen Öls gekauft. Für den größten Teil davon zahlten sie Preise oberhalb Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel, die von den sieben großen Industriestaaten (G7) und Australien gegen russisches Öl verhängt wurde. Dem Westen gelingt es weiterhin nicht, Russlands Einnahmen vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs zu beschränken, ohne dabei den Ölfluss zu unterbrechen.

Obwohl die Preisobergrenze im großen Stil missachtet wird, werden die G7-Staaten bei ihrem nächsten Treffen an der Preisdeckelung für russischen Öl unverändert festhalten, wie eine G7-Quelle am Montag gegenüber Reuters sagte. Polen und einige andere EU-Länder wollen die Obergrenze sogar weiter senken, um den Druck auf Russland zu erhöhen. Zudem sollen neue Leitlinien festgelegt werden, die ein Unterlaufen der Maßnahmen verhindern sollen.

Die jüngsten Daten von Refinitiv Eikon zeigen, dass die in der ersten Aprilhälfte auf dem Seeweg verschifften russischen Öllieferungen der Sorte Ural hauptsächlich für die Häfen Indiens und Chinas bestimmt waren. Nach Berechnungen von Reuters entfallen im laufenden Monat bisher mehr als 70 Prozent der Lieferungen dieser Sorte auf dem Seeweg auf Indien und etwa 20 Prozent auf China.

Infolge niedrigerer Frachtraten und geringerer Preisnachlässe für diese Sorte sind die Ural-Preise Anfang April wieder über die Obergrenze gestiegen, nachdem sie zuvor eine kurze Zeit lang darunter lagen. Denn Indien und China halten sich nicht an die Preisobergrenze. Und auch die vom Westen angedrohten Sanktionen haben die Händler nicht davon abgehalten, Indien und China beim Kauf von Öl oberhalb der Obergrenze zu unterstützen.

Die durchschnittlichen Abschläge für die Ural-Sorte gegenüber der Sorte Brent lagen laut Händlern in indischen Häfen bei 13 Dollar pro Barrel auf DES-Basis (geliefert ab Schiff) und in chinesischen Häfen bei 9 Dollar pro Barrel gegenüber ICE Brent, während die Verschiffungskosten bei Verladungen von den Ostssehäfen nach Indien und China 10,5 Dollar pro Barrel beziehugsweise 14 Dollar pro Barrel betrugen.

Russland kann Öl teurer als Preisdeckel verkaufen

Das bedeutet, dass der Preis für Ural auf Grundlage des FOB-Werts in den baltischen Häfen unter Berücksichtigung von zusätzlichen Transportkosten in Höhe von etwa 2 Barrel pro Barrel im April bisher etwas über 60 Dollar pro Barrel lag. Die Transportkosten sind in den letzten Wochen erheblich gesunken, da sich die Eisverhältnisse in den russischen Häfen entspannt haben und mehr Tanker zur Verfügung stehen.

Die Frachtraten für Ural-Ladungen, die in baltischen Häfen für die Lieferung nach Indien verladen werden, sind von 8 bis 8,1 Millionen Dollar vor zwei Wochen auf 7,5 bis 7,6 Millionen Dollar gesunken, so zwei Händler gegenüber Reuters. Die Kosten für eine Tankschifffahrt von den baltischen Häfen nach China beliefen sich auf 10 Millionen Dollar, gegenüber fast 11 Millionen Dollar vor einigen Wochen, fügten sie hinzu.

Während des Winters waren die Frachtkosten für Ural-Ladungen sowohl nach Indien als auch nach China auf über 12 Millionen Dollar gestiegen. Niedrigere Frachtkosten deuten darauf hin, dass sich die russischen Öllieferanten trotz der großen Entfernungen genügend Schiffe gesichert haben. Die riesige russlandfreundliche sogenannte Schattenflotte von Öltankern fehlt nun im Westen beim Transport von Öl.

In der Zwischenzeit haben die von der OPEC+-Gruppe der Ölproduzenten Anfang April angekündigten Produktionskürzungen die Preise für verschiedene Sorten weltweit in die Höhe getrieben. Die Ural-Preise in indischen Häfen wurden im März mit einem Abschlag von 14 bis 17 Dollar pro Barrel gegenüber der datierten Brent-Sorte auf DES-Basis gehandelt, während der Preisabschlag in chinesischen Häfen bei etwa 11 Dollar pro Barrel gegenüber ICE Brent lag.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Arbeitsmarkt: Top-Berufe, die es vor 20 Jahren noch nicht gab
31.03.2025

Eine Studie von LinkedIn zeigt, wie Künstliche Intelligenz (KI) neue Jobs und Fähigkeiten schafft, Karrieren und Arbeitswelt verändert:...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie: Kurs knickt nach Orcel-Aussage deutlich ein
31.03.2025

Die Commerzbank-Aktie muss nach einer starken Rallye einen Rückschlag hinnehmen. Unicredit-Chef Andrea Orcel hatte zuvor einen möglichen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU vor Herausforderungen: Handelskriege könnten die Wirtschaft belasten – der Ausweg heißt Binnenmarkt
31.03.2025

Die protektionistischen Maßnahmen der USA und mögliche Handelskonflikte belasten die EU-Wirtschaft. Experten wie Mario Draghi fordern...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betonblock: Lego verklagt Hersteller von Anti-Terror-Betonklötzen
31.03.2025

Lego verklagt das niederländische Unternehmen Betonblock. Die Anti-Terror-Blöcke des Herstellers erinnerten zu sehr an die...

DWN
Technologie
Technologie Neue EU-Vorschriften: Plug-in-Hybriden drohen deutlich höhere CO2-Emissionen
31.03.2025

Mit der Einführung neuer, verschärfter Emissionsmessungen für Plug-in-Hybride (PHEVs) wird die Umweltbilanz dieser Fahrzeuge erheblich...

DWN
Politik
Politik Marine Le Pen wegen Veruntreuung zu Fußfesseln verurteilt - FN-Chef Bardella: "Hinrichtung der französischen Demokratie"
31.03.2025

Marine Le Pen wurde in Paris wegen der mutmaßlichen Scheinbeschäftigung von Mitarbeitern im Europaparlament schuldig gesprochen - das...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerk mit Speicher: Für wen sich die Investition wirklich lohnt
31.03.2025

Balkonkraftwerk mit Speicher: eigenen Strom gewinnen, speichern und so Geld sparen. Doch so einfach ist es leider nicht, zumindest nicht...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Der Handelskrieg gefährdet die US-Ausnahmestellung
31.03.2025

Da Investitionen nach neuen Möglichkeiten abseits der zuletzt florierenden US-Finanzmärkte suchen, wird an der Wall Street diskutiert, ob...