US-Investmentmanager warnen vor wachsenden Problemen in dem 5,6 Milliarden US-Dollar Gewerbeimmobilien-Sektor nach den jüngsten Zusammenbrüchen regionaler Banken dort.
Steigende Zinsen, sinkende Preise und eine schwächere Nachfrage nach Büroflächen im Anschluss an die Pandemie haben die Branche bereits unter starkem Druck gesetzt. Hinzu kamen die Insolvenzen im ersten Quartal diesen Jahres der Silicon Valley Bank, Signature Bank und der First Republic Bank, die - laut der Financial Times - Sorgen um andere regionale Banken geweckt haben, die den Großteil der gewerblichen US-Immobilienkredite vergeben.
Anne Walsh, Investitionsleiterin bei Guggenheim Partners, erwartet dass sich der Schmerz auf bestimmte Regionen konzentrieren wird, darunter große Zentren wie San Francisco und New York. Auch zweitklassige Bürogebäude, die renovierungsbedürftig sind, stehen im Fokus. „Wir werden wahrscheinlich in eine Immobilienrezession eintreten, aber nicht auf dem gesamten Immobilienmarkt“, so Walsh. „Kreditgeber werden sehr wählerisch sein“.
Schlechte Kredite
Im April warnte Charlie Munger, stellvertretende Vorsitzende von Berkshire Hathaway, vor einem „herannahenden Sturm“ auf dem Gewerbeimmobilienmarkt. Munger sagte der Financial Times, die Banken seien „voll mit faulen Krediten“ und viele Immobilien seien nicht mehr hochwertig. „Wir haben eine Menge Bürogebäude mit Problemen, viele Einkaufszentren mit Problemen und eine Menge anderer Immobilien, die auch problematisch sind“.
Bauunternehmer in den USA verließen sich viele Jahre lang darauf, billige Kredite aufzunehmen und das Geld in einen Markt mit steigenden Vermögenspreisen zu investieren. Das Umfeld hat sich jedoch drastisch verändert. Laut Mathieu Chabran, Mitbegründer des 43 Milliarden US-Dollar alternativen Vermögensverwalters Tikehau Capital, gäbe es jetzt „einen perfekten Sturm, zusammengesetzt aus steigenden Zinssätzen die Vermögenswerte zu einem Preisrückgang zwingen, kombiniert mit einem strukturellen Rückgang der Belegungsraten und alternden Vermögenswerten.“
Der Financial Times zufolge soll in den kommenden Jahren auch ein Berg von Schulden zur Rückzahlung fällig werden. „In den nächsten Jahren droht für viele dieser Immobilien, die zu einem großen Teil von regionalen Banken finanziert werden, eine Fälligkeitsgrenze", so der Vorstandsvorsitzende einer großen US-Bank, den die US-Zeitung zitierte.
Deutschlands Gewerbeimmobilienmarkt
Der aktuelle Immobilienpreisindex des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VDP) zeigt, dass der Gewerbeimmobilien-Markt zwar schwankt, aber keine abrupte Preisfälle in Sicht sind. Während im ersten Quartal 2023 Wohnimmobilienpreise in Deutschland relativ moderat um 2,1 Prozent fielen im Vergleich zum Vorjahr (Q1 2023 zu Q1 2022), gab es jedoch einen deutlichen stärkeren Rückgang bei den Preisen für Gewerbeimmobilien (-8,3 Prozent).
Einzelhandelsimmobilienpreise fielen um 10,5 Prozent verglichen mit -7,5 Prozent für Büroimmobilien.„Der gesamte Immobilienmarkt befindet sich seit Mitte 2022 im Umbruch. Das zeigt sich besonders bei den Immobilienpreisen“, sagte VDP-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt. „Die vielen Belastungsfaktoren wie Inflation, Zinsanstieg und Unsicherheit führen in allen Objektklassen zu einer Preiskorrektur.“
Den größten Rückgang im Jahresvergleich zeigten weiterhin Einzelhandelsimmobilien. Im Quartalsvergleich belief sich deren Reduktion allerdings auf nur -1,7%. „Diese Entwicklung bei den Einzelhandelsimmobilienpreisen könnte ein erstes Anzeichen für eine Bodenbildung sein“, kommentierte Tolckmitt.
Wealthcap Head of Sales & Customer Management Kristina Mentzel sagte vor Kurzem auf einer Veranstaltung der Hypovereinsbank die Situation auf dem Immobilienmarkt sei komplex. „Immobilie ist im aktuellen Umfeld nicht gleich Immobilie. Wir sehen nach wie vor eine hohe Nachfrage bei Gewerbeimmobilien und Büroimmobilien in den top A-Städten, und wir sehen auch bei Wohnimmobilien in den Top-A Städten, dass es da eine Nachfrage gibt“, so Mentzel.
Zurück in den USA bereitet sich einer der größten öffentlichen Rentenfonds darauf vor, den Wert seines 52 Milliarden Dollar schweren Immobilienportfolios abzuschreiben. Der Financial Times zufolge hat der 306 Milliarden US-Dollar schwere California State Teachers' Retirement System Fonds in den letzten Jahren einen zunehmenden Teil seines Vermögens in Immobilien investiert, um sich von Aktien und Anleihen zu trennen und von den höheren Renditen zu profitieren, die Käufern von Privatvermögen geboten werden.
Der Chief Investment Officer des Fonds erklärte jedoch, dass er sich nun auf Verluste bei den Vermögenswerten in seinem Immobilienportfolio einstellt. Der Grund: Die Anzeichen mehren sich, dass die rasche Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank in den letzten 12 Monaten die Bewertungen in dem Gewerbeimmobilien-Sektor gedrückt haben.