Finanzen

Großer US-Rentenfonds macht Milliardenverluste mit Gewerbeimmobilien

Die Immobilienbranche erlebt einen herben Abschwung. Das trifft nun einen der größten US-Pensionsfonds, der Abschreibungen in Milliardenhöhe vornehmen muss.
25.04.2023 16:52
Aktualisiert: 25.04.2023 16:52
Lesezeit: 3 min
Großer US-Rentenfonds macht Milliardenverluste mit Gewerbeimmobilien
Aktuelle Probleme in dem US-Gewerbeimmobilien-Markt sind tiefgreifend. (Foto: dpa) Foto: Benno Schwinghammer

Einer der größten öffentlichen Rentenfonds in den USA bereitet sich darauf vor, den Wert seines 52 Milliarden Dollar schweren Immobilienportfolios abzuschreiben. Dies ist das jüngste Anzeichen dafür, dass höhere US-Zinssätze und die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor den US-Immobiliensektor weiter ins Chaos gestürzt haben.

Im Hintergrund sind erhebliche Turbulenzen am fast 3 Billionen Dollar schweren Gewerbeimmobilien-Markt, der zu 70 Prozent von kleineren US-Banken dominiert wird. In diesem Segment herrscht aktuell eine bedrohliche Leerstandsquote von rund 20 Prozent. Fast noch wichtiger ist die Entwicklung bei den sogenannten „Leveraged Loans.“ Unter diesem Überbegriff werden Kredite an überschuldete Kreditnehmer zusammengefasst. Der Markt ist grob eine Billion Dollar schwer und bei einer Refinanzierung zu massiv höheren Zinsen droht dieses Kartenhaus in sich zusammenzufallen.

Die Sorgen um den Gewerbeimmobilien-Sektor haben sich nach der jüngsten Krise der Silicon Valley Bank und die Dominoeffekte für andere US-Banken noch verstärkt. Der US-Immobilienmarkt ein wichtiger Indikator für die zukünftige Richtung der Immobilienmärkte in anderen großen Volkswirtschaften, und wird daher genau beobachtet.

US-Rentenfonds erwartet hohe Immobilienportfolio-Verluste

Der Financial Times zufolge hat der 306 Milliarden Dollar schwere California State Teachers' Retirement System (Calstrs) Fonds in den letzten Jahren einen zunehmenden Teil seines Vermögens in Immobilien investiert, um sich von Aktien und Anleihen zu trennen und von den höheren Renditen zu profitieren, die Käufern von Privatvermögen geboten werden.

Der Chief Investment Officer des Fonds erklärte jedoch gegenüber der Financial Times, dass er sich nun auf Verluste bei den Vermögenswerten in seinem Immobilienportfolio einstellt. Der Grund: Die Anzeichen mehren sich, dass die rasche Straffung der Geldpolitik durch die US-Notenbank in den letzten 12 Monaten die Bewertungen in dem Gewerbeimmobilien-Sektor gedrückt haben.

„Büroimmobilien haben allein durch den Anstieg der Zinssätze wahrscheinlich etwa 20 Prozent an Wert verloren“, sagte Christopher Ailman, der leitende Anlageberater des Calstrs-Fonds. „Unsere Immobilienberater sind der Meinung, dass Immobilien ein oder zwei negative Jahre vor sich haben werden“.

Der Fonds ist mit seinen Sorgen nicht allein. Der Vorstandsvorsitzende von US-Finanzdienstleistungsunternehmen und Depotbank State Street, Ron O'Hanley, erklärte vor Kurzem gegenüber der Financial Times, dass die größte Sorge der Depotbank darin bestehe, „was mit gewerblichen Immobilien, insbesondere Büros, geschieht“.

Lage im Gewerbeimmobilienmarkt

Büroräume haben sich zu einem der größten Sorgenkinder des globalen Immobilienmarktes entwickelt. Die Financial Times wies darauf hin, dass Vermieter hart getroffen sind von steigenden Zinsen, der Umstellung auf hybrides Arbeiten und dem Druck, die Energieeffizienz von Gebäuden zu verbessern.

Laut einer Prognose des Beratungsunternehmens Capital Economics könnten die Preise für US-Büros von einem Höchststand bis zum Tiefpunkt um etwa 30 Prozent fallen, wobei sich die Preise in den am stärksten betroffenen Städten wie San Francisco halbieren könnten.

Ailman zufolge könnten Teile des Gewerbeimmobilienmarktes bei der Preisanpassung ins Stocken geraten. „Käufer wollen erst dann einsteigen, wenn die Preise sinken. Es handelt sich um einen illiquiden Markt, der noch eine Weile verschlossen bleiben wird.“

Tiefgreifender Einbruch

Das Wall Street Journal weist darauf hin, dass die jüngsten Probleme im US-Gewerbeimmobilienmarkt komplizierter sind als in früheren Abschwüngen.

Vermieter haben gleichzeitig mit einem zyklischen Marktabschwung und mit säkularen Trends in der Art und Weise, wie Menschen arbeiten, leben und einkaufen, zu kämpfen. Der plötzliche Anstieg der Zinssätze hat zu sinkenden Immobilienwerten geführt, während die Zunahme der Telearbeit und des elektronischen Handels die Nachfrage nach Büro- und Einzelhandelsflächen verringert hat.

Nach Ansicht von Investoren und Wirtschaftswissenschaftlern haben diese beiden Trends seit den 1970er Jahren nicht mehr in diesem Ausmaß zusammengewirkt. Aktuell ist es vor allem die Pandemie, die den Umbruch im Gewerbeimmobilien-Markt beschleunigt hat.

Blick nach vorne

Es ist noch nicht klar wie stark der Abschwung bei US-Gewerbeimmobilien ausfallen wird. Die Wall Street Journal zitierte mehrere Analysten, die sagten, der derzeitige Einbruch würde weniger schlimm ausfallen als die beiden vorigen Abschwünge in den frühen 1990er Jahren und nach der Finanzkrise 2008 - insbesondere, wenn die US-Wirtschaft eine tiefe Rezession vermeidet.

Aber die tieferen Probleme, mit denen sich Vermieter von Bürogebäuden und bestimmten Einzelhandelsimmobilien konfrontiert sehen, bedeuten, dass Gebäudewerte weniger wahrscheinlich zu neuen Höchstständen zurückkehren werden, wie es nach diesen früheren Zusammenbrüchen der Fall war.

Auch für die Banken, Pensionsfonds und Vermögensverwalter, die zu den größten Kreditgebern und Eigentümern von Gewerbeimmobilien gehören, ist die Nachricht nicht gut, da sie in den kommenden Jahren mit Verlusten rechnen müssen. Nach Angaben von Finanzdienstleistungskonzern KBW Research machen gewerbliche Hypotheken rund 38 Prozent des Kreditbestands einer durchschnittlichen US-Bank aus.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gefahr für Trumps Zollpolitik: Klagen eingereicht – entscheidender Prozess hat begonnen
01.08.2025

Trumps Zollpolitik steht vor dem juristischen Kollaps: Fünf US-Firmen und zwölf Bundesstaaten klagen gegen die Sondervollmacht, auf deren...

DWN
Technologie
Technologie Huawei schockt die Konkurrenz: 3000-Kilometer-Batterie stellt alles Bisherige in den Schatten
01.08.2025

Huawei greift nach der Technologieführung im Batteriezeitalter: Mit 3000 Kilometern Reichweite und fünf Minuten Ladezeit droht der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zollroulette: Die Weltwirtschaft tanzt nach seiner Pfeife
01.08.2025

Donald Trump zündet die nächste Eskalationsstufe im globalen Wirtschaftskrieg – mit Zöllen, Chaos und Drohgebärden. Experten sprechen...

DWN
Politik
Politik Boomer-Soli: Rentensystem soll stabiler werden – und reiche Rentner sollen zahlen
01.08.2025

Reiche Rentner sollen künftig stärker zur Kasse gebeten werden – so die Idee eines "Boomer-Soli". Ein Vorschlag, der das Rentensystem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Industriestimmung hellt sich erneut auf
01.08.2025

Die Industrie der Eurozone sendet erste Hoffnungszeichen – doch es bleibt ein fragiles Bild. Während kleinere Länder überraschen,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Urlaub trotz Selbstständigkeit: Wie Unternehmer richtig abschalten können – 7 konkrete Tipps
01.08.2025

Selbstständige genießen ihre Freiheit – doch sie hat ihren Preis. Gerade beim Thema Urlaub zeigt sich: Auszeiten zu nehmen fällt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wirtschaft dümpelt dahin – und Deutschland bremst alle aus
01.08.2025

Die Eurozone wächst kaum, Deutschland steckt in der Rezession, Italien schrumpft – nur Spanien überrascht. Europas Wirtschaft verliert...

DWN
Finanzen
Finanzen Mutares-Aktie stürzt ab: BaFin-Untersuchung besorgt Anleger
01.08.2025

Ein tiefer Kurssturz, kritische Fragen der Finanzaufsicht und Erinnerungen an frühere Skandale: Die Mutares-Aktie steht zum Ende der...